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"Staatstheorie" oder "Was soll und darf der Staat"

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trenck
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Re: "Staatstheorie" oder "Was soll und darf der Staat"

Beitrag von trenck » Fr 15. Mai 2015, 13:35

DerDaniel hat geschrieben:Nun zum Rauchen in Gaststätten, also Privaträumen der Besitzer/Betreiber. Hier schließt der Besitzer/Betreiber einen Vertrag mit dem Gast, der zu lasten des dritten in Form der Bedienung geht. Hier müsste eigentlich die Bedienung ein Vetorecht haben, dass sich aber nicht auf ihren Vertrag mit dem Betreiber auswirkt. Da letzteres eher nicht der Fall sein wird, wird eine Zustimmung der Bedienung automatisch zu einem ausbeutenden Vertrag der in Not geschlossen wurde.
Also alles in allem ist das Rauchverbot der Versuch das Vertragsrecht durchzusetzen.


So könnte man nur dann argumentieren, wenn ein bisheriges Nichtraucher- in ein Raucherlokal geändert worden wäre. Sonst war es dem Angestellten ja wohl von vorhinein klar, wie seine Arbeitsbedingungen aussehen werden.

Aber zurück zum Grundsätzlichen: wenn Du bei Dienstverträgen den Angestellten immer als "Ausgebeuten" ansiehst, ist genau das das Einfallstor für den Staat, sich grundsätzlich in sämtliche Privatverträge einzumischen. Denn bei praktisch jedem Vertrag kann ich irgendwie herbeiargumentieren, dass einer der beiden Vertragspartner "schwächer" ist als der andere und daher staatlich quasi vor sich selbst geschützt werden müsse.

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Re: "Staatstheorie" oder "Was soll und darf der Staat"

Beitrag von DerDaniel » Fr 15. Mai 2015, 13:44

trenck hat geschrieben:
DerDaniel hat geschrieben:Nun zum Rauchen in Gaststätten, also Privaträumen der Besitzer/Betreiber. Hier schließt der Besitzer/Betreiber einen Vertrag mit dem Gast, der zu lasten des dritten in Form der Bedienung geht. Hier müsste eigentlich die Bedienung ein Vetorecht haben, dass sich aber nicht auf ihren Vertrag mit dem Betreiber auswirkt. Da letzteres eher nicht der Fall sein wird, wird eine Zustimmung der Bedienung automatisch zu einem ausbeutenden Vertrag der in Not geschlossen wurde.
Also alles in allem ist das Rauchverbot der Versuch das Vertragsrecht durchzusetzen.


So könnte man nur dann argumentieren, wenn ein bisheriges Nichtraucher- in ein Raucherlokal geändert worden wäre. Sonst war es dem Angestellten ja wohl von vorhinein klar, wie seine Arbeitsbedingungen aussehen werden.

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Du hast den zweiten Teil nicht beachtet: "Genauso ist ein Vertrag mit einem Verhungernden, dass er für eine Mahlzeit mein ewiger Sklave ist, sicherlich nicht gerecht."
Wie gesagt ist der Teil durchaus diskussionswürdig. Es wird aber Bedienungen geben die den Beruf annehmen, obwohl ihnen bewusst ist, dass sie sich schaden, und dies eigentlich nicht wollen, es aber aus (absehbarer) finanzieller Not tun.

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Re: "Staatstheorie" oder "Was soll und darf der Staat"

Beitrag von trenck » Fr 15. Mai 2015, 14:08

DerDaniel hat geschrieben:Du hast den zweiten Teil nicht beachtet: "Genauso ist ein Vertrag mit einem Verhungernden, dass er für eine Mahlzeit mein ewiger Sklave ist, sicherlich nicht gerecht."
Wie gesagt ist der Teil durchaus diskussionswürdig. Es wird aber Bedienungen geben die den Beruf annehmen, obwohl ihnen bewusst ist, dass sie sich schaden, und dies eigentlich nicht wollen, es aber aus (absehbarer) finanzieller Not tun.


Dieser Vergleich ist aber nicht zutreffend, weil die Bedienung eben jederzeit kündigen kann.

Aber wie gesagt: grundsätzlich machst Du mit solchen Einschränkungen der Vertragsfreiheit ein riesiges Einfallstor für den Staat auf, sich in sämtliche Privatverträge einzumischen.

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Re: "Staatstheorie" oder "Was soll und darf der Staat"

Beitrag von DerDaniel » Fr 15. Mai 2015, 14:22

Und wo ist jetzt der unterschied, ob sie den Beruf jetzt nicht annimmt - oder eben kündigt - und paar Monate später vorm verhungern steht und dann den Job annimmt, oder eben gleich, weil sie es absehen kann, dass es so kommt?
NB: Würde sie für die gesundheitliche Beeinträchtigung passend vergütet, wäre es ein völlig anderes Thema.

Ich gebe dir vollkommen recht, man macht mit der Möglichkeit der Einmischung des Staates immer eine Tür auf, nur ob es ein Einfallstor ist kommt immer drauf an wie weit man es treibt.
Ich habe leider noch keine bessere Möglichkeit gefunden, als die Ausbeutung in Notlagen zu verbieten. Wenn du eine hättest wäre es super.

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Re: "Staatstheorie" oder "Was soll und darf der Staat"

Beitrag von sepp » Fr 15. Mai 2015, 15:49

DerDaniel hat geschrieben:@sepp: Flat Tax im Sinne von festem Betrag oder festem Prozentsatz?

Unbedingt Prozentsatz(z.B. 20) aber eben wirklich keine Ausnahmen(Schlupflöcher) - da wären
schonmal die Steuerberater hinfällig, Personalreduktion bei den Steuereintreibern etc.

Keine dauernden Anpassungen - weil eh fix .....

lg sepp :at1:

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Re: "Staatstheorie" oder "Was soll und darf der Staat"

Beitrag von trenck » Sa 16. Mai 2015, 09:18

DerDaniel hat geschrieben:Und wo ist jetzt der unterschied, ob sie den Beruf jetzt nicht annimmt - oder eben kündigt - und paar Monate später vorm verhungern steht und dann den Job annimmt, oder eben gleich, weil sie es absehen kann, dass es so kommt?
NB: Würde sie für die gesundheitliche Beeinträchtigung passend vergütet, wäre es ein völlig anderes Thema.


Zunächst: alle von Dir genannten Kritikpunkte an einer sklavenähnlichen Tätigkeit werden eigentlich durch den vom Staat erzwungenen Wehrdienst / Zivildienst erfüllt. Du musst diese Tätigkeit ausüben (wirst dabei auch noch auf Grund Deines Geschlechts diskriminiert) bei sonst folgenden massiven Konsequenzen, wirst dafür hungerleidermäßig bezahlt und musst im Ernstfall mit massiven gesundheitlichen Folgen rechnen (bis zum Tod). Der Staat ist hier also nicht unbedingt der beste "Wächter der Menschenrechte", als der er sich gerne aufspielt.

Dennoch, so leicht will ich es mir nicht machen, mit dem bloßen Hinweis auf "bitte der ist genauso böse". Zum Thema Vertragsrecht hat der libertäre Vordenker Murray Rothbard sinngemäß folgendes festgehalten: die Grundrechte, insbesondere das Eigentum des Menschen an sich selbst, ist dem Individuum angeboren und niemand darf es ihm nehmen. Ja man kann sogar soweit gehen, dass man auch nicht selbst, quasi "freiwillig", auf seine Grundrechte verzichten kann. Selbst wenn man einen schriftlichen Vertrag eingeht und sich "freiwillig" in die Sklaverei begibt, ist dieser Vertrag null und nichtig. Ein solcher "Sklave" kann jederzeit seinen "Besitzer" verlassen, ohne dass letzterer ihn daran hindern darf (das wäre rechtswidriger Zwang).

Wenn Du nun aber schreibst, eine Person wäre gezwungen, einen Job anzunehmen, weil sie sonst verhungert: nun, die Notwendigkeit, für seinen Lebensunterhalt zu sorgen, ist dem Menschen angeboren und nicht als Zwang einzustufen. Wenn ein Arbeitnehmer eine Beschäftigung annimmt und dafür nach Marktpreis entlohnt wird, ist das kein Zwang und keine Sklaverei. Der Begriff "Marktpreis" ist letztlich auch der Schlüssel zu der "passenden Vergütung", von der Du schreibst: es gibt keine andere faire Möglichkeit (und schon gar nicht ein vom Staat verordneter Mindestlohn), festzulegen, was eine "passende Vergütung" für die jeweilige Tätigkeit ist und was nicht.

Nebenbei: ein "Zwang", einen bestimmten Job anzunehmen, entsteht eher wiederum durch staatliche Eingriffe in die Wirtschaft: bei staatlich garantierten Monopolen hat ein Arbeitnehmer mit entsprechender Spezialisierung gar keine andere Chance, als beim jeweiligen Monopolisten zu arbeiten. Ebenso in Branchen mit Gebietsschutz, z.B. Apotheken. Oder durch bestimmte, staatlich garantierte "Standesregeln" (z.B. Werbeeinschränkungen für Rechtsanwälte).

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Re: "Staatstheorie" oder "Was soll und darf der Staat"

Beitrag von trenck » Sa 16. Mai 2015, 09:27

Hier übrigens ein - wenn auch anders gemeintes - ganz hervorragendes Beispiel dafür, wo die staatlichen Einflussmöglichkeiten radikal beschnitten gehören:

http://medianet.at/article/medienfoerde ... -3870.html

Das Geschäftsmodell des Systemjournalismus funktioniert nicht mehr, und was passiert? Anpassung dieses Geschäftsmodells an die neuen Markterfordnisse? Nein, beibehalten des sterbenden Geschäftsmodells mit dem Wunsch, noch mehr Kohle beim Staat (= beim Zwangsabgabenleistenden) anzugreifen.

Das ist ungefähr so, als hätte der Staat in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Postkutschen subventioniert, als sie gegenüber der Eisenbahn ins Hintertreffen geraten waren.

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Re: "Staatstheorie" oder "Was soll und darf der Staat"

Beitrag von DerDaniel » Sa 16. Mai 2015, 10:41

trenck hat geschrieben:Zunächst: alle von Dir genannten Kritikpunkte an einer sklavenähnlichen Tätigkeit werden eigentlich durch den vom Staat erzwungenen Wehrdienst / Zivildienst erfüllt. Du musst diese Tätigkeit ausüben (wirst dabei auch noch auf Grund Deines Geschlechts diskriminiert) bei sonst folgenden massiven Konsequenzen, wirst dafür hungerleidermäßig bezahlt und musst im Ernstfall mit massiven gesundheitlichen Folgen rechnen (bis zum Tod). Der Staat ist hier also nicht unbedingt der beste "Wächter der Menschenrechte", als der er sich gerne aufspielt.
Der Staat fordert hier nur die Gegenleistung für den gewährten Schutz ein. Hier geht es also nur um einen stillschweigenden Vertrag den du mit dem Staat eingegangen bist, als du dich entschieden hast innerhalb der Staatsgrenzen zu leben.
Dieser gewährte Schutz fordert u.u. von einigen zum dem Schutz abgestellten einen sehr hohen Preis. Um die gleichmäßige Verteilung eines Preises (Tod), der m.M.n. nicht mit Geld aufzuwiegen ist (daher kein Freikaufen vom Dienst), zu gewährleisten, ist die Pflicht aller fähigen Bewohner (m.M.n. Frauen genauso wie Männer) diesen Dienst zu leisten, das einzig Gerechte.
Ich stimme dir zwar zu, das der aktuelle Wehrdienst besch*** entlohnt wird, die Geschlechtertrennung diskriminierend ist etc., aber es ist wieder an der Diskussion über den Staat vorbei und geht mehr in Richtung der aktuellen Politik.


trenck hat geschrieben:Dennoch, so leicht will ich es mir nicht machen, mit dem bloßen Hinweis auf "bitte der ist genauso böse". Zum Thema Vertragsrecht hat der libertäre Vordenker Murray Rothbard sinngemäß folgendes festgehalten: die Grundrechte, insbesondere das Eigentum des Menschen an sich selbst, ist dem Individuum angeboren und niemand darf es ihm nehmen. Ja man kann sogar soweit gehen, dass man auch nicht selbst, quasi "freiwillig", auf seine Grundrechte verzichten kann. Selbst wenn man einen schriftlichen Vertrag eingeht und sich "freiwillig" in die Sklaverei begibt, ist dieser Vertrag null und nichtig. Ein solcher "Sklave" kann jederzeit seinen "Besitzer" verlassen, ohne dass letzterer ihn daran hindern darf (das wäre rechtswidriger Zwang).
Die Idee Rothbards (und auch einiger anderer Philosophen), dass man die eigenen Grundrechte nicht veräußern kann, klingt zwar immer ganz nett, macht aber im weiteren jegliches Vertragswesen zunichte.
In jedem Vertrag in dem ich eine Gegenleistung gewähre, muss diese auch einklagbar sein. Im weitesten Sinne hafte ich also mit meiner Arbeitskraft oder meiner Freiheit für die Einhaltung des Vertrages (ich hoffe jedem ist der Schritt klar, sonst führe ich ihn gerne noch mal aus). Könnte ich meine Grundrechte also nicht (zu einem gewissen Grat) aufgeben, wäre jedes Vertragswesen unmöglich, da Verträge ohne jegliche Konsequenz gebrochen werden könnten.


trenck hat geschrieben:Wenn Du nun aber schreibst, eine Person wäre gezwungen, einen Job anzunehmen, weil sie sonst verhungert: nun, die Notwendigkeit, für seinen Lebensunterhalt zu sorgen, ist dem Menschen angeboren und nicht als Zwang einzustufen. Wenn ein Arbeitnehmer eine Beschäftigung annimmt und dafür nach Marktpreis entlohnt wird, ist das kein Zwang und keine Sklaverei. Der Begriff "Marktpreis" ist letztlich auch der Schlüssel zu der "passenden Vergütung", von der Du schreibst: es gibt keine andere faire Möglichkeit (und schon gar nicht ein vom Staat verordneter Mindestlohn), festzulegen, was eine "passende Vergütung" für die jeweilige Tätigkeit ist und was nicht.
Schwieriges Thema und gute Argumente!


trenck hat geschrieben:Nebenbei: ein "Zwang", einen bestimmten Job anzunehmen, entsteht eher wiederum durch staatliche Eingriffe in die Wirtschaft: bei staatlich garantierten Monopolen hat ein Arbeitnehmer mit entsprechender Spezialisierung gar keine andere Chance, als beim jeweiligen Monopolisten zu arbeiten. Ebenso in Branchen mit Gebietsschutz, z.B. Apotheken. Oder durch bestimmte, staatlich garantierte "Standesregeln" (z.B. Werbeeinschränkungen für Rechtsanwälte).
Ja und Nein. Es gibt m.M.n. eine Monopolpflicht durch den Staat bei gewissen Gütern (u.a. Wasserversorgung), da jede Abtretung an die freie Wirtschaft die Änderung hin zum gewinnorientierten Wirtschaften wäre, was bei eben diesen Gütern völlig inakzeptabel wäre. Der Arbeitnehmer hätte sich natürlich nicht in die Richtung spezialisieren müssen. Eine marktähnliche Vergütung sollte aber auf jeden Fall praktiziert werden.
Aber Eingriffe wie Gebietsschutz oder Werbeverbot sind, wie du sagst, ein Zwang der m.M.n. nicht zu vertreten ist.



PS: Vielen dank an alle für die super Diskussion und die Disziplin bisher!!! :clap:

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Re: "Staatstheorie" oder "Was soll und darf der Staat"

Beitrag von trenck » Sa 16. Mai 2015, 20:54

DerDaniel hat geschrieben:Der Staat fordert hier nur die Gegenleistung für den gewährten Schutz ein. Hier geht es also nur um einen stillschweigenden Vertrag den du mit dem Staat eingegangen bist, als du dich entschieden hast innerhalb der Staatsgrenzen zu leben.
Dieser gewährte Schutz fordert u.u. von einigen zum dem Schutz abgestellten einen sehr hohen Preis. Um die gleichmäßige Verteilung eines Preises (Tod), der m.M.n. nicht mit Geld aufzuwiegen ist (daher kein Freikaufen vom Dienst), zu gewährleisten, ist die Pflicht aller fähigen Bewohner (m.M.n. Frauen genauso wie Männer) diesen Dienst zu leisten, das einzig Gerechte.


Naja, das mit den "stillschweigenden Verträgen" ist so eine Sache. Außerdem gibt es so gut wie keinen vernünftig bewohnbaren Platz der Erde ohne Staat. D.h. die Situation eines Staatsskeptikers ist ungefähr so wie der eines Sizilianers, der die Insel nicht verlassen kann, und wo in jedem Dorf ein anderer Mafia-Capo herrscht, der Schutzgeld erpresst.

Und was den Wehrdienst betrifft: die einzige mit der Freiheit vereinbare Lösung ist die einer Freiwilligenmiliz. Geht bei uns auch, schließlich wird auch niemand zur Freiwilligen Feuerwehr zwangsverpflichtet.

DerDaniel hat geschrieben:In jedem Vertrag in dem ich eine Gegenleistung gewähre, muss diese auch einklagbar sein. Im weitesten Sinne hafte ich also mit meiner Arbeitskraft oder meiner Freiheit für die Einhaltung des Vertrages (ich hoffe jedem ist der Schritt klar, sonst führe ich ihn gerne noch mal aus). Könnte ich meine Grundrechte also nicht (zu einem gewissen Grat) aufgeben, wäre jedes Vertragswesen unmöglich, da Verträge ohne jegliche Konsequenz gebrochen werden könnten.


Also ich denke nicht, dass man seine Grundrechte auch nur zum Teil aufgibt, wenn man eine unselbstständige Tätigkeit annimmt, die nach Marktgegebenheiten bezahlt wird und mit - sagen wir mal - einmonatiger Kündigungsfrist beendet werden kann.

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Re: "Staatstheorie" oder "Was soll und darf der Staat"

Beitrag von Armin » Fr 22. Mai 2015, 09:58

Gute Diskussion - Chapeau! Finde auch sehr gut, daß BigBen sie zuläßt (ist ja schließlich ein emiment politisches Thema). In der Sache gehe ich mit Trencks Kommentaren konform - was BigBen sicher ungeheuer überraschen wird... ;)

Falls jemand sich in die Frage "vieviel Staat?" etwas weiter vertiefen möchte, sei ihm dieses Buch empfohlen: http://www.amazon.de/Anarchie-Staat-Uto ... 3789280984, das eine sehr gründliche und fundierte Analyse bietet.

Der Autor ist ein "libertärer Minarchist" - also ein Befürworter eines Minimalstaates, der sich auf die Gewährleistung von Sicherheit nach außen und im Inneren und auf die Rechtsprechung beschränkt. Keine staatlichen Schulen, keine hoheitlich geführten Krankheitsverwaltungskolchosen und keinerlei Sozialkitsch, welcher Art auch immer. Die Frage, inwieweit es möglich sein sollte, einen einmal etablierten, territorialen Machtmonopolisten (den Staat), daran zu hindern, seine Aktivitäten immer weiter auszudehnen, kann imho allerdings auch er nicht schlüssig beantworten.

Konservative Denkfabriken, wie das US Cato-Institut, beziffern den zum Erhalt einens funktionellen Staatswesen notwendigen Anteil am BIP auf etwa 15% (wie z. B. Daniel Mitchell das bei einem Besuch im Wiener Hayek-Institut vor zwei Jahren ausgeführt hat). Alles was darüber hinausgeht, hemmt demnach die Wohlstandsentwicklung, weil es zu falschen Anreizen beiträgt...
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Re: "Staatstheorie" oder "Was soll und darf der Staat"

Beitrag von DerDaniel » Fr 22. Mai 2015, 11:15

trenck hat geschrieben:Naja, das mit den "stillschweigenden Verträgen" ist so eine Sache. Außerdem gibt es so gut wie keinen vernünftig bewohnbaren Platz der Erde ohne Staat. D.h. die Situation eines Staatsskeptikers ist ungefähr so wie der eines Sizilianers, der die Insel nicht verlassen kann, und wo in jedem Dorf ein anderer Mafia-Capo herrscht, der Schutzgeld erpresst.
Du hast vollkommen recht, was die Situation eines Staatsskeptikers angeht, das ändert aber nichts daran, dass er sich an dem Ort an dem er sich niederlässt an die geltenden Regeln halten muss. Andernfalls wären Gesetze sinnlos, weil jeder sagen kann, dass ihm dieses und jenes nicht gefällt, er also davon nicht betroffen ist.

trenck hat geschrieben:Und was den Wehrdienst betrifft: die einzige mit der Freiheit vereinbare Lösung ist die einer Freiwilligenmiliz. Geht bei uns auch, schließlich wird auch niemand zur Freiwilligen Feuerwehr zwangsverpflichtet.
Finden sich genügend Freiwillige ist deine Lösung natürlich noch besser.
Aber Vorsicht, euer wie das deutsche Gesetz beinhalten eine Pflichtfeuerwehr, zu der jeder geeignete Bewohner herangezogen werden kann, falls es nicht genügend Freiwillige gibt die die Sicherheit gewähren. Das ist IMHO die von vielen hier genannte Aufgabe des Staates Sicherheit zu bieten, nur in einer anderen Hinsicht.

trenck hat geschrieben:Also ich denke nicht, dass man seine Grundrechte auch nur zum Teil aufgibt, wenn man eine unselbstständige Tätigkeit annimmt, die nach Marktgegebenheiten bezahlt wird und mit - sagen wir mal - einmonatiger Kündigungsfrist beendet werden kann.
D.h. man kann nicht bestraft werden (Strafe ist in letzter Konsequenz ein Entzug der Grundrechte, falls sie nicht anders zu begleichen ist), wenn man sich immer neue Jobs sucht, die ersten paar Tage hackelt bis der Gehaltsscheck da ist und dann den Rest des Monats nicht mehr erscheint?
Oder ganz allgemein: Bei einem vertraglich vereinbarten Dienstleistungs- oder Gütertransfer ist die Einhaltung ungewiss, weil der Schuldner nicht bestraft werden kann, da direkt oder indirekt in dem Vertrag keine Strafe enthalten sein kann, weil man seine Grundrechte nicht aufgeben kann?



Armin hat geschrieben:(ist ja schließlich ein emiment politisches Thema).
[...]
Die Frage, inwieweit es möglich sein sollte, einen einmal etablierten, territorialen Machtmonopolisten (den Staat), daran zu hindern, seine Aktivitäten immer weiter auszudehnen, kann imho allerdings auch er nicht schlüssig beantworten.
Staats- und Gesellschaftstheorie haben meiner Meinung nach nicht viel mit Politik zu tun. Das ist m.M.n. auch der Fehler der Bevölkerung heute, dass sie denken der Staat und die Politik wären das gleiche oder hätten miteinander zu tun.
Der Staat ist die Grundlage für eine friedliche Gesellschaft. Er überwacht die Einhaltung dieses Friedens und der Sicherheit in alle Richtungen.
Die Politik ist/sollte quasi ein davon unabhängiges Gebilde sein, in dem die Menschen ihre Moralvorstellungen zum Ausdruck bringen und versuchen können wirtschaftliche Organisation zu erlangen.
Beispiel: Staat überwacht Einhaltung von Verträgen, Politik ersinnt (freiwillige) Rahmenverträge die der Moral der beteiligten Entsprechen. Oder: Politik ersinnt (freiwillige) Industrienormen (z.B. DIN/ISO/EN) damit die Wirtschaft besser arbeiten kann.

Der Staat hat also gar keinen Anreiz sein Machteinfluss auszubreiten, da er quasi keinen hat. Er ist nur der Richter der angerufen wird, wenn sich zwei nicht einig sind.
Die Politik hingegen wird natürlich immer probieren sich maximal auszubreiten, da Moral und Organisation inhärent ist, dass sie universell sein wollen.

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