Vor ein paar Monaten hab ich den Entschluss gefasst, mir eine moderne Polymerpistole zu kaufen. Das einerseits, weil meine erste Waffe eine Glock 19 Gen 4 war, die mir zwar immer recht gefallen hat. Der Abzug war für mich nicht das Wahre, ich hatte sie mir halt trotzdem eingebildet. Aus damaliger Platznot habe ich sie dann aber wieder abgegeben. Nachdem die Platznot mittlerweile recht ordentlich gelöst worden ist und ich auch noch einen kleinen Anlass hatte, musste also wieder eine her. Nur was kaufen? Die klassische Glock von 17 aufwärts, als guter Österreicher. Warum nicht? Es sollte also zunächst eine Glock werden. Sohin geh ich mit dem Herrn Remington in Hirtenberg am Stand und darf auch seine Glock probieren, zwar eine .40er, aber eine Glock. Der Abzug von Remingtons hat mit Glock zwar nichts mehr zu tun, so ganz warm werd ich mit ihm trotzdem nicht. Und das Visierbild, das gefällt mir nicht. Das hat mir bei Glock noch nie gefallen. Ich überlege eine zu kaufen, das Visier zu tauschen und den Abzug gegen einen Fulcrum zu ersetzen. Dann ist das Ding aber keine Glock mehr, höre ich schon die Forenstimmen rufen. Genauso wie „lern schießen!“

Ich verschiebe daher das Projekt auf ein paar Tausend Schuss später.
Gesagt getan. Ich kauf Munition, geh schießen und das häufig und lang. Die Gruppen werden enger, ich gewöhn mich an meine Shadow, die ich schon fast ein Jahr hab und will eigentlich keine weitere Pistole. Dann sehe ich die M&P 9 V-TAC. Und ich muss sie haben.
Vor dem Bestellen lese ich in den bekannten US-amerikanischen Foren, dass S&W gegen Mitte/Ende 2012 einiges geändert haben soll. Der Abzug wäre überarbeitet worden, es wären Änderungen am Lauf vorgenommen worden. Zuvor soll es mit der Präzision mit Geschossgewichten im hier gebräuchlichen Feld bis 124gr, also die beliebte S&B-Schütte, zu großen Streuungen gekommen sein; die 147gr sollen hingegen super funktioniert haben. Da ich mir nicht antun wollte, mehr für eine ungebräuchliche Munition zu bezahlen und meine Shadow mit den 124gr auch am besten funktioniert, war für mich klar, dass nur eine aus 2013 in Frage kommt.
Gesagt, getan. Ich bestelle. Wenige Tage später ist sie da. Meine vierte S&W und die dritte, die ich noch habe (1911er, M29, wobei letztere alsbald ihr eigenes Review bekommt) Und um mit dem sich anhaltender Beliebtheit erfreuenden Hickok45 zu sprechen: „What a beauty!“.
Es handelt sich dabei im Wesentlichen um eine gewöhnliche M&P. Oder doch nicht. Die Unterschiede sind nicht allesamt so augenscheinlich wie die FDE-Ausführung und das V-TAC, das an der Oberseite des Schlittens thront. Man liest im Internet auch hin und wieder, dass der Abzug wesentlich besser wäre, als jener der Standard M&P. Das hat mir auch mein Händler erzählt. Ob da was dran ist? Keine Ahnung. Mit einem Standard-Glockabzug ist er jedenfalls nur in Hinblick auf den deutlichen Reset vergleichbar. Jedoch ist da kaum ein Kratzen, ein gleichmäßiger Widerstand und ein definierter Druckpunkt. Für mich ist es der beste Abzug an einer Dienstpistole, den ich bislang ausprobieren konnte. Der Abzug bricht bei geschätzt etwas weniger als 3 Kilo.

Waffe gespannt, kein Magazin eingeschoben, Kammer leer. Der untere Teil des Züngels funktioniert wie auch das Innenzüngel bei Glock. Man verzeihe das Taschentuch im Hintergrund, die Waffe habe ich nach dem ersten Schießen für die Fotos nur grob abgewischt.

Zustand der Waffe wie oben. Abzug am Druckpunkt.
Um der Ergonomie zum Durchbruch zu verhelfen, hat S&W die M&P mit unterschiedlichen Backstraps ausgestattet, die in drei Größen (S,M,L) mitgeliefert werden. Der Lieferumfang ist mit 2 Magazinen für je 17 Schuss im Übrigen recht bescheiden, gerade in Anbetracht, dass jedes weitere ca 90 Euro kostet.
Standardmäßig ist bei der Auslieferung der mittlere Griffrücken montiert. Der Tausch funktioniert denkbar einfach:

Im rückwärtigen Ende des Griffstückes befindet sich das Demontage-Tool, das sich nach einer Vierteldrehung in jede Richtung aus dem Griffstück ziehen lässt. Anfangs braucht es dazu auch einiges an Kraft, also keine Angst, es bricht nicht. Sobald dieses entfernt ist, lassen sich auch die Backstraps austauschen.

Waffe mit demontiertem Medium-Backstrap.
Und wenn wir gleich beim Fieldstrip sind:

Waffe zerlegt in ihre Hauptbestandteile.
Interessanterweise hält sich das hartnäckige Gerücht, S&W müsse für jede verkaufte M&P eine Zahlung an Glock leisten. Ich weiß nicht woher das kommt, wobei die nächsten Fotos bieten Aufklärung.


In zwei Aspekten ist die Waffe dann „mechanisch“ doch anders als die Glock. Zum einen gibt es einen Takedown-Lever wie bei den Sig Sauer P22X. Zum anderen ist es möglich durch Herabkippen des im nächsten Bild sichtbaren kleinen gelben Hebels, die Waffe ohne Betätigung des Abzuges zu zerlegen. Dazu bietet sich das Demontage-Tool an.

Und dann ist da noch das Visier. V-TAC lässt es von Trijicon fertigen. Das spricht für sich. Es besteht aus zwei Ebenen, jeweils im 3-Dot-Design. In der oberen Reihe befinden sich Lichtfänger, die nicht nachleuchten. In der unteren hingegen Tritium, das von selbst leuchtet. Zuerst hatte ich mir gedacht, ich würde mit dem Visier nicht zurechtkommen. Gut 200 Schuss später, geht das ganze schon sehr ansehnlich. Unter den ersten 100 bis 150 hatte ich drei Störungen, jeweils Failures to feed,aber keinen einzigen Doublefeed oder eine Stovepipe. Jeder Zuführungsfehler ließ sich durch ein leichtes Drücken auf die Backplate des Verschlusses beheben.
Hier eine Impression, wobei ich die Bildqualität, wie im übrigen Review, zu entschuldigen bitte.

Interessanterweise fällt die Bauhöhe des Visiers damit zwar insgesamt höher aus. Jedoch keinesfalls so hoch, wie dies bei Visieren der Fall wäre, die für eine Verwendung der Waffe mit einem Schalldämpfer vorgesehen sind (zB FN FNP 45 Tactical). Ich schätze, dass es ca 2,5-3mm mehr sind als es bei einer Standard M&P der Fall wäre.
Ob am Ende des Tages alles Manna vom Himmel ist, wird sich weisen. Ich denke vor allem an die Kratzfestigkeit der Beschichtung des Verschlusses. Bislang ist er ja noch nahezu jungfräulich. Wenn er dann mit regelmäßiger Wiederkehr mit einem Holster Bekanntschaft gemacht hat, werde ich erneut berichten.
Noch das obligatorische Schussbild mit S&B 124 gr Schütte nach gut 200 Schuss:

Geschossen wurde freihändig auf 10 Meter. Und nein, ich habe nicht die Schlechten abgeklebt, sondern einfach keine Scheiben mehr gehabt. Interessant ist, dass man sich zunächst an das Visier gewöhnen muss, da ich anfangs laufend Tiefschüsse produziert habe. Wenn das aber einmal geschehen ist, funktioniert es sehr gut und ist gerade für Schützen mit schlechten Augen eine Wohltat. Die vielbeklagten Präzisionsmängel von Waffen früherer Produktion dürften heute nicht mehr Platz greifen.
Wer es nicht glauben mag, ist herzlich eingeladen nächsten Samstag gegen 14.00 Uhr nach Hirtenberg zu kommen und die Waffe auf eigene Kosten auszuprobieren. Kontakt gerne via PM.
Eigentlich wollte ich euch noch ein Foto mit meinem neuen Streamlight TLR 1 HL auf der Waffe machen. Blöderweise dachte ich, ich hätte es im Haus und nicht in der Wohnung, was sich jedoch als irrige Annahme herausgestellt hat. Ich reiche es daher nach. Vielleicht besteht ja sogar Interesse an einem Review des Lichts für sich allein? Lasst es mich bitte wissen.
Mit zwei abschließenden Eindrücken darf ich mich vorerst ins (verdiente) Wochenende verabschieden. Macht’s gut,
liebe Grüße
Philipp

