Jagdmun messen mit dem Magnetospeed: Erfahrungsbericht
Verfasst: So 3. Apr 2016, 22:57
Plötzlich war mal wieder mitten im Jahr Weihnachten und ich habe mir ein lange auf dem Wunschzettel stehendes Accesoire gegönnt:
Einen Geschwindigkeitsmesser, Modell Magnetospeed Sporter, zweite Generation, einfache Variante.
Heute waren der Magnetospeed, drei meiner Lieblinge, neun Laborierungen und ich zum sonntäglichen Ausflug auf dem Schießstand.
Ziel war es, herauszufinden, wie der Magnetospeed funktioniert, und was die Laborierungen losgelöst von jeder Schätzung oder QL-Berechnung tatsächlich an V0 bringen.
Weil es eventuell den einen oder anderen von euch interessieren mag, wollte ich davon berichten.
Zunächst zum Magnetospeed:
Allgemeines:
Da ich heute keine Bilder verfertigt habe, werde ich das Teil kurz beschreiben (wer googelt, der findet selbstredend auch Bilder und Rezensionen).
Die meisten anderen Geschwindigkeitsmesser funktionieren im Prinzip als Lichtschranken, die die Durchlaufzeit des Geschosses zwischen zwei Lichtschranken messen und daraus die Geschwindkeit errechnen.
Im Gegensatz dazu verfügt der Magnetospeed über zwei magnetische Sensoren, die in einem bajonettartig Aussehenden Plastikteil untergebracht sind, welches unter bzw. vordem Lauf angebracht wird.
Heute morgen beim Panzergrenadierfrühstück blieb mir prompt beim Hantieren mit dem Teil der Kaffelöffel daran hängen...
Die Sensoren registrieren, wenn das Geschoß sie überquert, und analog zu den Lichtschrankengeräten kann aus der Laufzeit zwischen den beiden Sensoren die Geschwindigkeit hergeleitet werden.
Von dem eigentlichen Meßgerät geht ein ca. 1 m langes Kabel mit einem Klinkensteckler in die Berechnungs- und Anzeigeeinheit.
Dabei handelt es sich um eine kleine Box, die circa so groß ist wie drei aufeinandergestapelte Streichholzschachteln, und auf der sich ein kleines Monochrom-Display sowie ein (!) Bedienungsknopf befinden.
Als Energieversorgung befindet sich im Gerät eine 9V-Blockbatterie.
Verarbeitung:
Im Prinzip reicht dazu ein Satz: Das Teil kommt aus Amerika. Der Kunststoff ist von der Haptik und vom Aussehen her jetzt nicht unbedingt Heavy-Duty.
Man würde sich eigentlich sowas Glock-artiges als Material wünschen, es macht aber eher den Eindruck wie das Zeug, woraus Motorradhelme oder Karosserieteile gemacht werdden, nur ein wenig dicker.
Eine Befestigungsschraube einer Abdeckung war ab Werk so fest angezogen, daß sich rund um die Schraube sehr kleine Risse zeigen (was mir aber nicht so schlimm erschien, daß ich das Gerät umtauschen mochte).
Die Spannschraube, mit der man das Corduraband festzurrt, welches die Messeinheit an der Mündung befestigt, macht nicht den Eindruck, als würden meine Enkel das irgendwann noch nutzen können.
Nicht umsonst gibt es die als Ersatzteil bei Magnetospeed zu kaufen, folgere ich daraus.
Insgesamt ist der Eindruck so, daß man einerseits nicht unbedingt sein Leben daran hängen wollte, andererseits ist es aber auch nicht so, als hätte Claudia Roth das Ding im McGyver-Kurs der Volkshochschule aus Kaugummi, Jaghurtbechern und einer Taschenlampe mit Pattex zusammengenagelt.
Handhabung:
Der Hersteller vermarktet das Gerät mit dem Leitspruch "Strap on. Plug in. Shoot."
Kurz gesagt: Und genauso ist es auch! Festmachen, einstecken, schießen. Vorher natürlich einschalten... denkt man als Besserwisser... aber: Es schaltet sich von alleine ein wenn das Kabel gesteckt wird, yeaaah!
Es gibt eine äußerst übersichtliche (was ich hier als Euphemismus meine), laminierte Benutzungsanleitung in englischer Sprache.
Das Gerät verfügt über einige Einstellungen (Anzeige in FPS oder MPS, Empfindlichkeit Standard/niedrig/hoch, etc.), und ist angeblich in der Lage, Serienstatistiken zu erstellen.
Das Problem ist: Es gibt nur genau einen Knopf, mit dem das alles gesteuert wird, und ein einzeiliges Display mit ca. 8 Zeichen.
Entsprechend quälend ist die Handhabung der Einstellung. Nachdem es mir, trotz halbwegs fortgeschrittenen Englischkenntnissen, heute morgen beim Frühstück nicht einmal gelungen ist, von FPS auf MPS umzustellen, habe ich beschlossen, daß es mir reicht zu wissen, daß die mitgelieferte Batterie voll ist, und ich mich mit den Defaulteinstellungen auf "Strap on. Plug in. Shoot" verlassen werde.
Was soll ich sagen: Ich bin begeistert.
Man befestigt die Meßeinheit vermittels Corduraband und Spannschraube unter dem Lauf (Kornsockel stören dabei nicht), nimmt den Verschluß heraus, und prüft mit Blick durch das Rohr zur Sicherheit, daß das Gerät nicht in der Schußbahn liegt (...steht so auch in der Anleitung, kommt ja aus Amerika...), Verschluß wieder rein, Gewehr auf Sandsack, Kabel in Displayeinheit stecken, den Selbsttest von eingen Sekunden abwarten, Mun rein - BUMM - FPS!
Die gemessene Geschwindgkeit wird einige Sekunden angezeigt, und dann abgespeichert. Danach erscheint die nächste Schußnummer auf dem Display und BUMM und BUMM und so weiter.
Man kann die Schüsse hinterher in dem Gerät abrufen (bei der einfachen Version des Magnetospeed aber leider nicht irgendwie auf den Mobilfernsprecher laden etc.).
Macht aber nichts, ich hatte einen Block liegen und habe immer gleich aufgeschrieben.
Die Treffpunktlage und Streuung wird meines Erachtens, wenn überhaupt, dann nur geringfügig beeinflußt.
Ich habe nicht sonderlich sorgfältig geschossen. Die ersten drei Laborierungen habe ich absichtlich in den Kugelfang geschossen, damit nicht irgendwelche Depperten denken, der Typ mit dem Plastikbajonett könne nicht schießen.
Aber dann habe ich gedacht, daß ich es doch wissen will.Bei meiner präzisesten Laborierung (30-06, 143 Grain Jaguar Kupfer Solid aus Mauser03 mit 54cm-Solid-Lauf) ist der normale Center-to-Center-Streukreis mit Zeiss6-24x56 auf 100m ca. 5mm.
Mit dem Magnetospeed waren es bei 5 Schuß aus 2 Losen geschossen mit Swaro 2-12x50 ca. 8mm. Das kann man nicht wirklich dem Magnetospeed anlasten, weil ich wirklich ohne jede Sorfalt geschossen habe, weil ich das Auge immer sofort auf dem Display des Magnetospeed haben wollte.
Nun zu den Ergebnissen:
Das gehört strenggenommen zwar nicht zur Rezension des Gerätes, könnte aber trotzdem jemanden interessieren.
Ich habe aus 3 Gewehren insgesamt 9 Laborierungen geschossen; 8 davon mit jeweils drei Schuß, eine (von der ich zur Zeit zwei Lose habe) mit nur zwei Schuß.
Aus den gemessenen FPS habe ich das arithmetische Mittel gerechnet und in MPS umgerechnet. Standardabweichung gebe ich nicht an, weil die Grundgesamtheit zu klein ist.
Ich gebe unten nur Waffe und Geschoß an, für die genauen Laborierungsdaten bin ich zu faul. Wenn vorhanden noch die von QL errechneten Werte.
Gewehr 1: Anschütz 1532, .222 Remington, 57cm-Match-Lauf, Mündungsdurchmesser 16mm, Schmidt&Bender 3-12x50:
Laborierung 1: Sierra HPBT, 52 Grain, reine Ölschuß-Patronen aus gezogenen Restgeschossen, lieblos gefertigt, nur geschossen, um zu schauen, ob der Magnetospeed überhaupt tut.
Ergebnis: 3140 / 3242 / 3256 -> 979 m/s
Laborierung 2: Hornady VMax, 35 Grain, Myxomatose-Kaninchen-Hegeabschuß-Laborierung:
Ergebnis: 3825 / 3880 / 3898 -> 1179 m/s (Abweichung MinMax ca. 1,8 %), QL: 1090 m/s
Gewehr 2: Krico 700 Luxus, 5,6x57, 58cm-Lauf, Mündungsdurchmesser 13mm, Zeiss 2,5-10x52:
Laborierung 3: Jaguar Classic Kupfer-Solid, 47 Grain, Rehwild-Laborierung:
Ergebnis: 3918 / 3935 / 3983 -> 1203 m/s (Abweichung MinMax ca. 1,6 %), QL: 1180 m/s
Laborierung 4: RWS-KS Fabrikpatrone, 74 Grain, Rehwild-Laborierung:
Ergebnis: 3403 / 33675 / 3402 -> 1034 m/s (Abweichung MinMax ca. 1,0 %)
Gewehr 3: Mauser M03, 30-06, 54cm-Solid-Lauf, Mündungsdurchmesser 19mm, Swaro 2-12x50:
Laborierung 5: Jaguar Classic Kupfer-Solid, 143 Grain, Alles-Laborierung vorwiegend für weite Schüsse:
Ergebnis: 2912 / 2916 / 2915 -> 888 m/s (Abweichung MinMax ca. 0,1 %) QL: 912 m/s
Laborierung 6: ident mit voriger Laborierung, nur älteres Los mit weniger genau ausgewogenen und getrimmten Hülsen:
Ergebnis: 2920 / 2912 -> 889 m/s (Abweichung MinMax ca. 0,2 %), QL: 912 m/s
Laborierung 7: Nosler Ballistic Tip, 165 Grain, verhalten laboriert, für Rehwild gedacht, noch nie im produktiven Einsatz gewesen:
Ergebnis: 2468 / 2476 / 2463 -> 753 m/s (Abweichung MinMax ca. 0,5 %), QL: 786 m/s
Laborierung 8: Sierra ProHunter, 220 Grain, Alles-Laborierung, ursprünglich für Drückjagd gedacht, mittlerweile für alles verwendet. Lieblingslaborierung.
Ergebnis: 2295 / 2304 / 2308 -> 702 m/s (Abweichung MinMax ca. 0,5 %), QL: 721 m/s
Laborierung 9: Remington SP RN, 110 Grain, Fuchs-Laborierung, selbe TPL wie Laborierung 5 (interessanterweise!).
Ergebnis: 2827 / 2808 / 2816 -> 859 m/s (Abweichung MinMax ca. 0,6 %), QL: 918 m/s
Es gibt daraus einige interessante Schlußfolgerungen zu ziehen (und das Bedürfnis, größere Serien zu messen, was vorher schon klar war), um die Aussagen zu validieren:
Vorbemerkung: Ich fertige alle Laborierungen gleich genau (außer Ölschußpatronen): Hülsen auswiegen, auf 0.1mm genau trimmen, Zündloch entgraten, Zündglocke normieren, wenn möglich halskalibrieren).
- Nr. 9: Mit Hülsen, die auf 0.1 Grain ausgewogen, halskalibirert, und mit Lee-Trimm-Maß auf +- 0.quasi-nix genau getrimmt sind mit gedrehten Solidgeschossen mit auf 0,05 Grain verwogenem Pulver bekommt man unfaßbar gleichartige Laborierungen hin.
- Nr. 3: Die 5,6x57 ist schon speziell: 1,6% MinMax-Abweichung, obwohl die Hülsen penibelst verarbeitet waren und gedrehte Solids verwendet wurden. Ich vermute, es liegt an der überstarken Wandstärke, die sich bei unterschiedlich oft geschossenen Hülsen durch Härtung des Messings überproportional niederschlägt. 5,6x57 werde ich folglich demnächst annealen.
- Nr. 2: Diese Laborierung ist ziemlich präzise (Center-to-center ca. 7mm auf 100m beliebig reproduzierbar): Dennoch ist (zumindest bei der leider zu kleinen Sample-Größe von 3 Schuß) die Geschwindkeitsbweichung recht groß. Habe ich noch keine Erklärung für. Entweder hätte ich scheissige Exemplare ausgelost, oder die V0-Abweichung relativiert sich auf Entferung recht stark.
- Nr. 4: Die gemessene Geschwindigkeit der Fabrikpatrone geht sich bis auf 5 m/s mit den Werksangaben aus (die aus 60cm-Lauf gelten, meine hat 58 cm) - daraus schließe ich, daß der Magnetospeed tatsächlich recht genau mißt.
- Bezogen auf alle: Wo vorhanden habe ich bei "QL" die mit Quickload errechneten Werte eingegeben.
Aus der geringen Menge an Proben kann man nicht wirklich was genaues sagen, aber ich sehe zumindest Tendenzen.
Größte Abweichung nach oben ist bei Nr.2 mit Real:1169/QL:1090
Größte Abweichung nach unten ist bei Nr.9 mit Real:859/QL:918
Kleinste Abweichung ist bei Nr.3 mit Real:1203/QL:1180
"Gefühlt" rechnet es eher ein wenig zu hoch (ist ja auch gut so, von wegen Gasdruck und Sicherheit)
Daraus lerne ich: Das QL ist ein absoluter Wahnsinn - grob überflogen ist bei 6 Laborierungen, für die ich gerechnete QL-Werte habe, keine dabei, die mehr als +- 7% vom Real-Wert abweicht.
Und das QL weiß ja nicht mal...
- wie sich meine Hülsen genau verhalten (ich habe bei QL keine ausgeliterten Hülsenvolumina hinterlegt,weil ich eine faule Sau bin)
- wie sich meine Zündhütchen verhalten,
- wie hart oder weich die Hülsenhälse sind,
- wie eng oder weit meine Läufe sind,
- wie die Abbrandcharakteristik dieses oder jenes konkreten Pulverloses sind,
- undundund
Der Herr Brömel hat für mich jetzt einen gottähnlichen Status!
Zurück zum Magnetospeed:
Losgelöst von der etwas liderlichen Verarbeitung (aber ok, die Firma ist jung, und die Männer müssen auch Geld verdienen und ich jammere auf hohem Niveau) und der unfaßbar unergonomischen Menüführung (...das Modell für Poweruser ist da erheblich besser, aber auch erheblich teurer - mißt aber auch nicht genauer...) bleibt nur eins:
Lob!
Das Ding wird vermarktet mit "Strap on. Plug in. Shoot." - es macht EXAKT das, as simple as that, und es scheint auch recht genau zu messen.
Gegenüber den Lichtschrankenteilen gibt es fast nur Vorteile:
- Nix großartig aufbauen mit Stativen, Stromversorgung für Lichtschranke und Kram.
- Man braucht kein Tageslicht, weil manche Sensoren kein Kunstlich messen können (ggf. also Anbau von Tageslicht-Leuchtquellen).
- Man kann quasi wirklich V0 messen (ok, ok... V0,05), statt ca. V2, damit es einem die Lichtschranke nicht mit umbläst oder durch Pulverdampf Fehlmessungen entstehen.
- Das Gerät mißt in seiner, zugegeben etwas quetschigen und billig wirkenden Vpackung (es gibt gegen Geld aber auch einen schicken Koffer!) nicht mal eine Stange Zigaretten.
Nachteile gegenüber Lichtschranken- oder Radarmodellen:
- Man kann damit keine V100 Messung und dergleichen machen (außer man traut sich seeeeeehr viel zu und hat eine Panzerung für 1cm Schußabweichungen nach unten). Aber das realtiviert sich auch: Mit den gemessenen V0-Daten kann das QL einem sehr gut ausrechnen, wie die Schußtafel aussieht.
- Für Kurzwaffen (außer vielleicht Contenders, Revolver, oder feststehende Läufe wie Ruger MK512 etc) kann man das Gerät nicht verwenden.
Fazit: Ich bin extrem zufrieden!
Direkt die allererste Messung hat funktioniert. Keine einzige Fehlmessung.
Für die gesamte Messung von 26 Schuß aus 3 Gewehren habe ich inklusive Dranbauen, Messen, Aufschreiben, Waffenwechsel mit Gerätumbau, Abräumen, nicht mal 1:15 Stunden gebraucht.
Einen Geschwindigkeitsmesser, Modell Magnetospeed Sporter, zweite Generation, einfache Variante.
Heute waren der Magnetospeed, drei meiner Lieblinge, neun Laborierungen und ich zum sonntäglichen Ausflug auf dem Schießstand.
Ziel war es, herauszufinden, wie der Magnetospeed funktioniert, und was die Laborierungen losgelöst von jeder Schätzung oder QL-Berechnung tatsächlich an V0 bringen.
Weil es eventuell den einen oder anderen von euch interessieren mag, wollte ich davon berichten.
Zunächst zum Magnetospeed:
Allgemeines:
Da ich heute keine Bilder verfertigt habe, werde ich das Teil kurz beschreiben (wer googelt, der findet selbstredend auch Bilder und Rezensionen).
Die meisten anderen Geschwindigkeitsmesser funktionieren im Prinzip als Lichtschranken, die die Durchlaufzeit des Geschosses zwischen zwei Lichtschranken messen und daraus die Geschwindkeit errechnen.
Im Gegensatz dazu verfügt der Magnetospeed über zwei magnetische Sensoren, die in einem bajonettartig Aussehenden Plastikteil untergebracht sind, welches unter bzw. vordem Lauf angebracht wird.
Heute morgen beim Panzergrenadierfrühstück blieb mir prompt beim Hantieren mit dem Teil der Kaffelöffel daran hängen...
Die Sensoren registrieren, wenn das Geschoß sie überquert, und analog zu den Lichtschrankengeräten kann aus der Laufzeit zwischen den beiden Sensoren die Geschwindigkeit hergeleitet werden.
Von dem eigentlichen Meßgerät geht ein ca. 1 m langes Kabel mit einem Klinkensteckler in die Berechnungs- und Anzeigeeinheit.
Dabei handelt es sich um eine kleine Box, die circa so groß ist wie drei aufeinandergestapelte Streichholzschachteln, und auf der sich ein kleines Monochrom-Display sowie ein (!) Bedienungsknopf befinden.
Als Energieversorgung befindet sich im Gerät eine 9V-Blockbatterie.
Verarbeitung:
Im Prinzip reicht dazu ein Satz: Das Teil kommt aus Amerika. Der Kunststoff ist von der Haptik und vom Aussehen her jetzt nicht unbedingt Heavy-Duty.
Man würde sich eigentlich sowas Glock-artiges als Material wünschen, es macht aber eher den Eindruck wie das Zeug, woraus Motorradhelme oder Karosserieteile gemacht werdden, nur ein wenig dicker.
Eine Befestigungsschraube einer Abdeckung war ab Werk so fest angezogen, daß sich rund um die Schraube sehr kleine Risse zeigen (was mir aber nicht so schlimm erschien, daß ich das Gerät umtauschen mochte).
Die Spannschraube, mit der man das Corduraband festzurrt, welches die Messeinheit an der Mündung befestigt, macht nicht den Eindruck, als würden meine Enkel das irgendwann noch nutzen können.
Nicht umsonst gibt es die als Ersatzteil bei Magnetospeed zu kaufen, folgere ich daraus.
Insgesamt ist der Eindruck so, daß man einerseits nicht unbedingt sein Leben daran hängen wollte, andererseits ist es aber auch nicht so, als hätte Claudia Roth das Ding im McGyver-Kurs der Volkshochschule aus Kaugummi, Jaghurtbechern und einer Taschenlampe mit Pattex zusammengenagelt.
Handhabung:
Der Hersteller vermarktet das Gerät mit dem Leitspruch "Strap on. Plug in. Shoot."
Kurz gesagt: Und genauso ist es auch! Festmachen, einstecken, schießen. Vorher natürlich einschalten... denkt man als Besserwisser... aber: Es schaltet sich von alleine ein wenn das Kabel gesteckt wird, yeaaah!
Es gibt eine äußerst übersichtliche (was ich hier als Euphemismus meine), laminierte Benutzungsanleitung in englischer Sprache.
Das Gerät verfügt über einige Einstellungen (Anzeige in FPS oder MPS, Empfindlichkeit Standard/niedrig/hoch, etc.), und ist angeblich in der Lage, Serienstatistiken zu erstellen.
Das Problem ist: Es gibt nur genau einen Knopf, mit dem das alles gesteuert wird, und ein einzeiliges Display mit ca. 8 Zeichen.
Entsprechend quälend ist die Handhabung der Einstellung. Nachdem es mir, trotz halbwegs fortgeschrittenen Englischkenntnissen, heute morgen beim Frühstück nicht einmal gelungen ist, von FPS auf MPS umzustellen, habe ich beschlossen, daß es mir reicht zu wissen, daß die mitgelieferte Batterie voll ist, und ich mich mit den Defaulteinstellungen auf "Strap on. Plug in. Shoot" verlassen werde.
Was soll ich sagen: Ich bin begeistert.
Man befestigt die Meßeinheit vermittels Corduraband und Spannschraube unter dem Lauf (Kornsockel stören dabei nicht), nimmt den Verschluß heraus, und prüft mit Blick durch das Rohr zur Sicherheit, daß das Gerät nicht in der Schußbahn liegt (...steht so auch in der Anleitung, kommt ja aus Amerika...), Verschluß wieder rein, Gewehr auf Sandsack, Kabel in Displayeinheit stecken, den Selbsttest von eingen Sekunden abwarten, Mun rein - BUMM - FPS!
Die gemessene Geschwindgkeit wird einige Sekunden angezeigt, und dann abgespeichert. Danach erscheint die nächste Schußnummer auf dem Display und BUMM und BUMM und so weiter.
Man kann die Schüsse hinterher in dem Gerät abrufen (bei der einfachen Version des Magnetospeed aber leider nicht irgendwie auf den Mobilfernsprecher laden etc.).
Macht aber nichts, ich hatte einen Block liegen und habe immer gleich aufgeschrieben.
Die Treffpunktlage und Streuung wird meines Erachtens, wenn überhaupt, dann nur geringfügig beeinflußt.
Ich habe nicht sonderlich sorgfältig geschossen. Die ersten drei Laborierungen habe ich absichtlich in den Kugelfang geschossen, damit nicht irgendwelche Depperten denken, der Typ mit dem Plastikbajonett könne nicht schießen.
Aber dann habe ich gedacht, daß ich es doch wissen will.Bei meiner präzisesten Laborierung (30-06, 143 Grain Jaguar Kupfer Solid aus Mauser03 mit 54cm-Solid-Lauf) ist der normale Center-to-Center-Streukreis mit Zeiss6-24x56 auf 100m ca. 5mm.
Mit dem Magnetospeed waren es bei 5 Schuß aus 2 Losen geschossen mit Swaro 2-12x50 ca. 8mm. Das kann man nicht wirklich dem Magnetospeed anlasten, weil ich wirklich ohne jede Sorfalt geschossen habe, weil ich das Auge immer sofort auf dem Display des Magnetospeed haben wollte.
Nun zu den Ergebnissen:
Das gehört strenggenommen zwar nicht zur Rezension des Gerätes, könnte aber trotzdem jemanden interessieren.
Ich habe aus 3 Gewehren insgesamt 9 Laborierungen geschossen; 8 davon mit jeweils drei Schuß, eine (von der ich zur Zeit zwei Lose habe) mit nur zwei Schuß.
Aus den gemessenen FPS habe ich das arithmetische Mittel gerechnet und in MPS umgerechnet. Standardabweichung gebe ich nicht an, weil die Grundgesamtheit zu klein ist.
Ich gebe unten nur Waffe und Geschoß an, für die genauen Laborierungsdaten bin ich zu faul. Wenn vorhanden noch die von QL errechneten Werte.
Gewehr 1: Anschütz 1532, .222 Remington, 57cm-Match-Lauf, Mündungsdurchmesser 16mm, Schmidt&Bender 3-12x50:
Laborierung 1: Sierra HPBT, 52 Grain, reine Ölschuß-Patronen aus gezogenen Restgeschossen, lieblos gefertigt, nur geschossen, um zu schauen, ob der Magnetospeed überhaupt tut.
Ergebnis: 3140 / 3242 / 3256 -> 979 m/s
Laborierung 2: Hornady VMax, 35 Grain, Myxomatose-Kaninchen-Hegeabschuß-Laborierung:
Ergebnis: 3825 / 3880 / 3898 -> 1179 m/s (Abweichung MinMax ca. 1,8 %), QL: 1090 m/s
Gewehr 2: Krico 700 Luxus, 5,6x57, 58cm-Lauf, Mündungsdurchmesser 13mm, Zeiss 2,5-10x52:
Laborierung 3: Jaguar Classic Kupfer-Solid, 47 Grain, Rehwild-Laborierung:
Ergebnis: 3918 / 3935 / 3983 -> 1203 m/s (Abweichung MinMax ca. 1,6 %), QL: 1180 m/s
Laborierung 4: RWS-KS Fabrikpatrone, 74 Grain, Rehwild-Laborierung:
Ergebnis: 3403 / 33675 / 3402 -> 1034 m/s (Abweichung MinMax ca. 1,0 %)
Gewehr 3: Mauser M03, 30-06, 54cm-Solid-Lauf, Mündungsdurchmesser 19mm, Swaro 2-12x50:
Laborierung 5: Jaguar Classic Kupfer-Solid, 143 Grain, Alles-Laborierung vorwiegend für weite Schüsse:
Ergebnis: 2912 / 2916 / 2915 -> 888 m/s (Abweichung MinMax ca. 0,1 %) QL: 912 m/s
Laborierung 6: ident mit voriger Laborierung, nur älteres Los mit weniger genau ausgewogenen und getrimmten Hülsen:
Ergebnis: 2920 / 2912 -> 889 m/s (Abweichung MinMax ca. 0,2 %), QL: 912 m/s
Laborierung 7: Nosler Ballistic Tip, 165 Grain, verhalten laboriert, für Rehwild gedacht, noch nie im produktiven Einsatz gewesen:
Ergebnis: 2468 / 2476 / 2463 -> 753 m/s (Abweichung MinMax ca. 0,5 %), QL: 786 m/s
Laborierung 8: Sierra ProHunter, 220 Grain, Alles-Laborierung, ursprünglich für Drückjagd gedacht, mittlerweile für alles verwendet. Lieblingslaborierung.
Ergebnis: 2295 / 2304 / 2308 -> 702 m/s (Abweichung MinMax ca. 0,5 %), QL: 721 m/s
Laborierung 9: Remington SP RN, 110 Grain, Fuchs-Laborierung, selbe TPL wie Laborierung 5 (interessanterweise!).
Ergebnis: 2827 / 2808 / 2816 -> 859 m/s (Abweichung MinMax ca. 0,6 %), QL: 918 m/s
Es gibt daraus einige interessante Schlußfolgerungen zu ziehen (und das Bedürfnis, größere Serien zu messen, was vorher schon klar war), um die Aussagen zu validieren:
Vorbemerkung: Ich fertige alle Laborierungen gleich genau (außer Ölschußpatronen): Hülsen auswiegen, auf 0.1mm genau trimmen, Zündloch entgraten, Zündglocke normieren, wenn möglich halskalibrieren).
- Nr. 9: Mit Hülsen, die auf 0.1 Grain ausgewogen, halskalibirert, und mit Lee-Trimm-Maß auf +- 0.quasi-nix genau getrimmt sind mit gedrehten Solidgeschossen mit auf 0,05 Grain verwogenem Pulver bekommt man unfaßbar gleichartige Laborierungen hin.
- Nr. 3: Die 5,6x57 ist schon speziell: 1,6% MinMax-Abweichung, obwohl die Hülsen penibelst verarbeitet waren und gedrehte Solids verwendet wurden. Ich vermute, es liegt an der überstarken Wandstärke, die sich bei unterschiedlich oft geschossenen Hülsen durch Härtung des Messings überproportional niederschlägt. 5,6x57 werde ich folglich demnächst annealen.
- Nr. 2: Diese Laborierung ist ziemlich präzise (Center-to-center ca. 7mm auf 100m beliebig reproduzierbar): Dennoch ist (zumindest bei der leider zu kleinen Sample-Größe von 3 Schuß) die Geschwindkeitsbweichung recht groß. Habe ich noch keine Erklärung für. Entweder hätte ich scheissige Exemplare ausgelost, oder die V0-Abweichung relativiert sich auf Entferung recht stark.
- Nr. 4: Die gemessene Geschwindigkeit der Fabrikpatrone geht sich bis auf 5 m/s mit den Werksangaben aus (die aus 60cm-Lauf gelten, meine hat 58 cm) - daraus schließe ich, daß der Magnetospeed tatsächlich recht genau mißt.
- Bezogen auf alle: Wo vorhanden habe ich bei "QL" die mit Quickload errechneten Werte eingegeben.
Aus der geringen Menge an Proben kann man nicht wirklich was genaues sagen, aber ich sehe zumindest Tendenzen.
Größte Abweichung nach oben ist bei Nr.2 mit Real:1169/QL:1090
Größte Abweichung nach unten ist bei Nr.9 mit Real:859/QL:918
Kleinste Abweichung ist bei Nr.3 mit Real:1203/QL:1180
"Gefühlt" rechnet es eher ein wenig zu hoch (ist ja auch gut so, von wegen Gasdruck und Sicherheit)
Daraus lerne ich: Das QL ist ein absoluter Wahnsinn - grob überflogen ist bei 6 Laborierungen, für die ich gerechnete QL-Werte habe, keine dabei, die mehr als +- 7% vom Real-Wert abweicht.
Und das QL weiß ja nicht mal...
- wie sich meine Hülsen genau verhalten (ich habe bei QL keine ausgeliterten Hülsenvolumina hinterlegt,weil ich eine faule Sau bin)
- wie sich meine Zündhütchen verhalten,
- wie hart oder weich die Hülsenhälse sind,
- wie eng oder weit meine Läufe sind,
- wie die Abbrandcharakteristik dieses oder jenes konkreten Pulverloses sind,
- undundund
Der Herr Brömel hat für mich jetzt einen gottähnlichen Status!
Zurück zum Magnetospeed:
Losgelöst von der etwas liderlichen Verarbeitung (aber ok, die Firma ist jung, und die Männer müssen auch Geld verdienen und ich jammere auf hohem Niveau) und der unfaßbar unergonomischen Menüführung (...das Modell für Poweruser ist da erheblich besser, aber auch erheblich teurer - mißt aber auch nicht genauer...) bleibt nur eins:
Lob!
Das Ding wird vermarktet mit "Strap on. Plug in. Shoot." - es macht EXAKT das, as simple as that, und es scheint auch recht genau zu messen.
Gegenüber den Lichtschrankenteilen gibt es fast nur Vorteile:
- Nix großartig aufbauen mit Stativen, Stromversorgung für Lichtschranke und Kram.
- Man braucht kein Tageslicht, weil manche Sensoren kein Kunstlich messen können (ggf. also Anbau von Tageslicht-Leuchtquellen).
- Man kann quasi wirklich V0 messen (ok, ok... V0,05), statt ca. V2, damit es einem die Lichtschranke nicht mit umbläst oder durch Pulverdampf Fehlmessungen entstehen.
- Das Gerät mißt in seiner, zugegeben etwas quetschigen und billig wirkenden Vpackung (es gibt gegen Geld aber auch einen schicken Koffer!) nicht mal eine Stange Zigaretten.
Nachteile gegenüber Lichtschranken- oder Radarmodellen:
- Man kann damit keine V100 Messung und dergleichen machen (außer man traut sich seeeeeehr viel zu und hat eine Panzerung für 1cm Schußabweichungen nach unten). Aber das realtiviert sich auch: Mit den gemessenen V0-Daten kann das QL einem sehr gut ausrechnen, wie die Schußtafel aussieht.
- Für Kurzwaffen (außer vielleicht Contenders, Revolver, oder feststehende Läufe wie Ruger MK512 etc) kann man das Gerät nicht verwenden.
Fazit: Ich bin extrem zufrieden!
Direkt die allererste Messung hat funktioniert. Keine einzige Fehlmessung.
Für die gesamte Messung von 26 Schuß aus 3 Gewehren habe ich inklusive Dranbauen, Messen, Aufschreiben, Waffenwechsel mit Gerätumbau, Abräumen, nicht mal 1:15 Stunden gebraucht.