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Pulververbrennung in Abhängigkeit von der Kalibriermatrize

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doc steel
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Pulververbrennung in Abhängigkeit von der Kalibriermatrize

Beitrag von doc steel » Di 1. Aug 2017, 07:52

Soda, nun möchte ich euch an meinen neuesten Erkenntnissen zur Pulververbrennung teilhaben lassen.
Man möchte es nicht glauben aber die allgemeine Raunzerei über das Lovex D032 und seine mangelnde Verbrennung und damit einhergehende Verschmutzung der Kurzwaffe ist nicht alleine abhängig von der Lademenge, Setztiefe und dem Crimp.
Die ist auch abhängig von der verwendeten Kalibriermatrize.

Ich habe - wir wollen nun vorerst mal nur bei der 9mm bleiben - während meiner Wiederladetätigkeit Kalibriermatrizen von verschiedenen Herstellern verwendet. Die beiden, ich nenn es einmal "Extreme", waren dabei die Dillon einerseits und dir Redding andererseits.
Die Redding Kalibriermatrize nimmt mit ihren Maßen dabei als einzige wirklich Rücksicht auf die konischen Hülsenmaße der 9mm.
Die Kalibrierung erfolgt im oberen Bereich, dort wo das Geschoß sitzt relativ moderat, wirkt aber im unteren Bereich hin zum Hülsenboden gerade mal so, dass nicht überkalibriert wird. Dort ist der Hülsenbereich ja knapp 0,3mm größer als am Hülsenmund. Sie kalibriert also recht schonend, was sich speziell bei älteren Hülsen deren Material nicht mehr ganz so elastisch ist auswirken kann.

Die Dillon Kalibriermatrize hingegen kalibriert die Hülse bereits im Bereich des Hülsenmundes auf ein wesentlich engeres Maß.
Im Bereich des Hülsenbodens findet dann beinahe schon eine Überkalibrierung statt. Dadurch entsteht auch das sog. Cola Flaschen Design.

Das hat zum Effekt, dass die Redding Matrize einen deutlich schwächeren Geschoßsitz erzeugt als die Dillon.
Cola Flaschen Design entsteht hier keines, dafür lidert die Hülse sauberer an.
Lädt man nun nahe am Faktor bzw. schwache Scheibenladungen mit eher wenig D032, verbrennt das Pulver unregelmäßig da der Ausziehwiderstand geringer ist. Das D032 braucht aber eine relativ steile Druckkurve.
Dem kann man nun mit einem stärkeren Crimp entgegen wirken wenn man die Pulvermenge nicht verändern möchte.
Interessanterweise tut das die Redding Crimpmatrize, da sie innen etwas anders aufgebaut ist. Sie legt den Hülsenmund weniger progressiv, dafür über einen längeren Bereich an, als alle anderen die ich bisher verwendete. Man könnte also zu dem Schluß kommen, dass diese Thematik bei Redding bekannt ist.

Verwende ich nun bei gleicher Pulvermenge die Dillon Kalibriermatrize, so sind hier fast keine unverbrannten Pulverreste festzustellen.
Gleichzeitig fällt auf dass der Widerstand am Hebel der Presse bei Verwendung der Redding Crimpmatrize merklich geringer ausfällt, als wie wenn ich die Redding Kalibriermatrize verwende. Zusätzlich sind in dieser Konfiguration kaum Spuren vom Crimp an der Hülse festzustellen.
Logischerweise habe ich das in Einzelproduktion getestet, sonst wäre mir das mit dem geringeren Widerstand gar nicht aufgefallen.

Fazit: Für stärkere Ladungen ist es beinahe egal welche Kalibriermatrize man verwendet. Bei Herstellung von schwachen Ladungen ist man mit der Dillon Kalibriermatrize besser bedient, wenn man gleichmäßigere Pulververbrennung haben möchte. Schonender arbeitet in jedem Fall die Redding Matrize. Möchte man die Redding Kalibriermatrize jedoch für beides verwenden und nicht ständig wechseln, empfiehlt sich in jedem Fall auch die Redding Crimpmatrize zu verwenden.
Deutlich gleichmässigere Messwerte habe ich ebenfalls mit der Redding-Redding Kombination erzeugt.

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Re: Pulververbrennung in Abhängigkeit von der Kalibriermatrize

Beitrag von Alriin » Di 1. Aug 2017, 08:16

Unglaublich was sich der Benchrestler unter den IPSClern immer für eine hochkn antut. :twisted:

:clap:

chita
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Re: Pulververbrennung in Abhängigkeit von der Kalibriermatrize

Beitrag von chita » Di 1. Aug 2017, 08:32

Wieder mal hochinteressant, was du alles rausfindest! :clap: :dance:

sauersigi
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Re: Pulververbrennung in Abhängigkeit von der Kalibriermatrize

Beitrag von sauersigi » Di 1. Aug 2017, 10:41

Danke für die Wissenschaft!
Das zeigt aber einmal mehr dass kleine ev. berücksichtigte Dinge grosse Auswirkungen haben können.
Bei meinem D032 Dilemma waren es 0.2mm kürzere OAL, aber auch ein etwas kräftigeres Anlegen des Hülsenmundes.
Dass man aber alleine durch unterschiedliche Matritzen die saubere Verbrennung so stark beeinflussen kann, hätte ich nicht gedacht!
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Re: Pulververbrennung in Abhängigkeit von der Kalibriermatrize

Beitrag von acme0905 » Di 1. Aug 2017, 11:40

bin immer wieder beeindruckt ob der tüftler hier im forum.

i würd ned amoi auf die idee kommen die auswirkung unterschiedlicher matrizen zu hinterfragen.

zum glück hob i a dillon [emoji16]


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Re: Pulververbrennung in Abhängigkeit von der Kalibriermatrize

Beitrag von doc steel » Di 1. Aug 2017, 11:47

sauersigi hat geschrieben:Dass man aber alleine durch unterschiedliche Matritzen die saubere Verbrennung so stark beeinflussen kann, hätte ich nicht gedacht!

Im Prinzip ist es ja nur der unterschiedliche Geschoßsitz.
Was ich aber verbindlich weitergeben kann, ist dass gleich große und innen entgratete Zündlöcher die Gleichmäßigkeit merklich und somit entscheidend beeinflussen. Nämlich noch vor der Setztiefe!
Wenn jemand ausschließlich Präzision schießt sollte er sich das behandeln der Zündlöcher tunlichst antun bevor er mit anderen Parametern experimentiert. Die Pulvermenge ist davon ausgenommen, die hat unbedingte Priorität!

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Re: Pulververbrennung in Abhängigkeit von der Kalibriermatrize

Beitrag von McMonkey » Di 1. Aug 2017, 12:19

doc steel hat geschrieben:Im Prinzip ist es ja nur der unterschiedliche Geschoßsitz.


Der Umstand ist mir seit vielen Jahren bekannt, besser gesagt es war eine nicht untermauerte Vermutung. Es ergab sich aus der Probiererei zwischen zwei Matrizen. Bei der die von Lee den Vorzug bekam, da diese doch sehr eng kalibriert. An die Zweite kann ich mich nicht mehr erinnern. Aber, ich teste nur mit Kemira Pulver und auch nicht so intensiv. Erinnert habe ich mich, als das "Murren" beim Lovex kam. (bei Kollegen und hier im Forum).

Ich danke dir für die intensive Analyse, die Arbeit und den "Forscher-Geist".

Besonders wertvoll! :clap:
Was man nicht tut, geschieht auch nicht.

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Re: Pulververbrennung in Abhängigkeit von der Kalibriermatrize

Beitrag von doc steel » Di 1. Aug 2017, 13:05

acme0905 hat geschrieben:bin immer wieder beeindruckt ob der tüftler hier im forum.

i würd ned amoi auf die idee kommen die auswirkung unterschiedlicher matrizen zu hinterfragen.

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Tja, weil viele, darunter auch sehr erfolgreiche Schützen einfach auf Quantität runterstanzen ohne sich für die Wirkung zu interessieren.
Dass aber man erst mit dem Probieren und Tüfteln zur Erkenntnis kommt bleibt diesen Menschen verschlossen.
Alle jene die stets Neues probieren und sich mit Althergebrachten, auch wenn es gut funktioniert, nicht zufrieden geben haben ein höheres Maß an Grundwissen und den Vorteil, dass sie damit variieren können.

Der Schriftsteller Oscar Wilde (das Bildnis des Dorian Gray) hat einmal gesagt:
"Noch nie hat ein Realist die Welt verändert, es waren immer nur die Träumer".
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Re: Pulververbrennung in Abhängigkeit von der Kalibriermatrize

Beitrag von acme0905 » Di 1. Aug 2017, 13:11

@doc [emoji106]


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Re: Pulververbrennung in Abhängigkeit von der Kalibriermatrize

Beitrag von impact » Di 1. Aug 2017, 14:47

Zum Test: Setzen vielleicht die stärker eingezogenen Hülsen auch ein wenig das innenvolumen des anfänglichen Brennraums runter, und führen dadurch zu einem höheren Druck? Ich kann mir aber gut vorstellen, dass der stärkere Geschossitz die dominantere Rolle spielt.

Was mich am brennensten interessieren würde, wären Innenvolumenunterschiede bei diversen Hülsen(herstellern) und deren Auswirkungen auf die V0 bei einer 9x19 mit schwerem Geschoss (145gr-147gr), wo nicht mehr viel Volumen für den Brennraum übrig bleibt, und sich Unterschiede in der Bodendicke wohl bemerkbar machen könnten.
Welcher Hülsenhersteller/Los liefert die regelmäßigsten Hülsen, in welcher Spanne bewegt sich das ganze und wo liegt der praktische Unterschied zwischen reinrassigen Hülsen und einem Hülsenmix, bzw den Hülsen mit dünnster und dickstem Boden/Wandstärke.
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Re: Pulververbrennung in Abhängigkeit von der Kalibriermatrize

Beitrag von doc steel » Di 1. Aug 2017, 18:38

ich bitt dich, bring mi auf keine blöden ideen....! reload-smile

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Re: Pulververbrennung in Abhängigkeit von der Kalibriermatrize

Beitrag von checkinthedark » Di 1. Aug 2017, 21:19

@doc steel
Danke für deine Forschungsarbeit und die Ergebnispräsentation :clap: :clap: :clap:

Teddy

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Re: Pulververbrennung in Abhängigkeit von der Kalibriermatrize

Beitrag von approach_lowg » Di 1. Aug 2017, 21:38

doc steel hat geschrieben:Tja, weil viele, darunter auch sehr erfolgreiche Schützen einfach auf Quantität runterstanzen ohne sich für die Wirkung zu interessieren.
Dass aber man erst mit dem Probieren und Tüfteln zur Erkenntnis kommt bleibt diesen Menschen verschlossen.
Alle jene die stets Neues probieren und sich mit Althergebrachten, auch wenn es gut funktioniert, nicht zufrieden geben haben ein höheres Maß an Grundwissen und den Vorteil, dass sie damit variieren können.

Der Schriftsteller Oscar Wilde (das Bildnis des Dorian Gray) hat einmal gesagt:
"Noch nie hat ein Realist die Welt verändert, es waren immer nur die Träumer".
Das ist eine meiner Maximen.


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Re: Pulververbrennung in Abhängigkeit von der Kalibriermatrize

Beitrag von doc steel » Mi 9. Aug 2017, 10:29

Ich könnte mir ja einen Hülsenbodenfräser erzeugen lassen, der den Hülsenboden plan zum Patronenboden und auf einheitliche Patronenbodendicke bringt. An Brennraum-Egalisator quasi! :tipphead:

Dann fehlt mir eigentlich nur der Kornschaber, ein Werkzeug welches das letzte fehlende Pulverkorn, welches als ganzes aber zu viel wäre, abschabt um dann auf Genauigkeiten mit einer Toleranz von unter 0,00001grain zu kommen! reload-smile :liar:

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Zuletzt geändert von doc steel am Mi 9. Aug 2017, 10:52, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Pulververbrennung in Abhängigkeit von der Kalibriermatrize

Beitrag von gunlove » Mi 9. Aug 2017, 10:51

doc steel hat geschrieben:Ich könnte mir ja einen Hülsenbodenfräser erzeugen lassen, der den Hülsenboden plan zum Patronenboden und auf einheitliche Patronenbodendicke bringt. An Brennraum-Egalisator quasi! :tipphead:
Dann fehlt mir eigentlich nur der Kornschaber, ein Werkzeug welches das letzte fehlende Pulverkorn, welches als ganzes aber zu viel wäre, abschabt um dann auf Genauigkeiten mit einer Toleranz von unter 0,00001grain zu kommen! reload-smile :liar:

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Werter Doktor Stahl,
nur ungern mische ich mich in die Arbeit eines Kollegen ein, deshalb möchte ich meinen Beitrag auch lediglich als Anregung verstanden wissen. Aber es wäre bei Verwendung eines Hülsenbodenfräsers und des Kornschabers dann doch auch sinnvoll an der Presse einen Drehmomentladehebel zu installieren um einen gleichmäßigen Hebelschwung zu gewährleisten. Quasi als Nebeneffekt würde man gleichzeitig auch bei entprechender Montagehöhe der Presse den Hüftschwung trainieren, was wiederum beim bevorstehenden Ball der wissenschaftlichen Wiederlader für einen schlanken Fuss sorgen würde.
:whistle:
Ihr nennt mich Menschenfeind, weil ich Gesellschaft meide, Ihr irret euch, ich liebe sie.
Doch um die Menschen nicht zu hassen, muss ich den Umgang unterlassen.
(Caspar David Friedrich 1774-1840)

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