Beitrag
von katsching » Fr 29. Jul 2011, 03:33
Hallo MauserM03,
netter Nickname... ich habe auch so eine Abschußrampe.
Zu deiner Frage: Macht jeder wohl ein wenig anders. Ich schreib mal, wie ich vorgehe.
Ich nehme folgende Quellen, um Min und Max einzukreisen (je nach Pulver und/oder Geschossen, die ich verwende):
- Das "blaue Buch"
- Hornady Reloading Handbook
- Speer Reloading Manual
- Vitakraft-Website
- "Reloadersnest"-Website (nur die geprüften Ladungen)
- Jaguar-Website
Verwende ich die Ladungsleitährrr: Nein. Klingt zwar alles plausibel, aber ich fahre mit meiner Methode (im Folgenden beschrieben) auch ganz gut.
- Zuerst Hülsen optimieren (wenn nicht schon, evtl. sogar ab Werk, geschehen), in meinem Fall: Vollkalibrieren, Zündglocke fräsen, dann auf CIP-Min-Länge drehen oder zippen, Hülsenhals innen und außen fasen, dann Zündkanal entgraten, dann Hülsen auswiegen und Lose bilden.
- Alle Hülsen einmal mit Spaßladung befeuern, danach halskalibrieren.
- Dann lade ich "vernünftig".
A) Ich mache Ladungs-Gruppen mit jeweils 5-7 Patronen (die L6 nach Maßgabe der Quelle). Gruppen (bei größeren Kalibern): Min-Ladung, Min + 0.5 Grain, Min + 1.0 Grain, Min + 1.5 Grain, usw., Max - 0.5 Grain, Max. Bei kleinerem Kaliber (.222) in 0.2- oder 0.3-Grain-Schritten statt 0.5 Grain.
B) Dann ab auf den Stand. Schießen aus dickem, langem Ohrensandsack mit kleinem Sandsack am Kolben. Maximale Vergrößerung, jede der Gruppen mit viel Muße schießen. Da ich Repetierer schieße, warte ich nie sonderlich lange innerhalb einer Gruppe. Die Scheibe hole ich auch nie innerhalb der Gruppe zurück, weil ich mir einbilde, daß ich dann schlechter schieße. Zwischen den Gruppen Kippen-Pause, damit das Gewehr ein wenig runterkühlt. Jede Gruppe auf eine separate Scheibe. Scheiben beschriften (Ladung und Kram), und entweder nach dem Schießen mitnehmen oder zusammen mit Zentimetermaß und Beschriftungszettel abfotografieren. Auswertung daheim.
C) Auswertung: Manchmal ist es sonnenklar, weil entweder zufällig direkt die optimale Gruppe dabei war. Manchmal muß man gucken und nachdenken, weil das Optimum irgendwo zwischen zwei Gruppen liegen könnte. Mehr als zwei vielversprechende Bereiche hatte ich noch nie. Im Zweifelsfall bastel ich dann für beide Bereich weiter.
D) Das Weiterbasteln geht dann wie folgt: In dem vielversprechenden Bereich, z.B. "Max - 0.5 Grain bis Max", baue ich dann mit denselben, wieder halskalibrierten, Hülsen in 0.1-Grain-Schritten wieder Gruppen zu je 5-7 Patronen. Wenn die Unter- oder Obergrenze des Ausgangsbereichs vielversprechend aussah, mache ich manchmal noch eine Ladung mit 0.1 unter bzw. über der Grenze der guten Gruppe.
E) Wiederhole Schritt B)
F) Eine der Ladungen sollte ziemlich gut sein. Falls nicht: Anderes Geschoß. Mancher wird jetzt an der Stelle anfangen, mit der L6 zu spielen, falls es scheissig aussah. Mache ich nicht. Habe ich mal probiert, nur um dann festzustellen, daß das betreffende S&B-Geschoß sowieso überhaupt garnicht aus der betreffenden Waffe schießt. Das habe ich in dem Fall dann auf das Geschoß geschoben.
G) Falls in F) eine gute Ladung gefunden wurde: Ceteris paribus die L6 variieren, also weiter raussetzen, solange man patronenlagermäßig noch "im grünen Bereich" ist. Ich mache meist Soll-L6, Soll-L6 + 0.1 mm, Soll-L6 + 0.2 mm, richtige Freaks werden allerdings das Lager / den Übergang messen und schon von Anfang an bis knapp an die Züge setzen. "Gefühlt" hatte ich mal eine Ladung, wo das weiter raussetzen noch einen Tick gebracht hat. Das mag aber subjektives Empfinden sein, weil ja auch die Tagesform und die sonstigen Umstände schwanken. Die in F) gefundene Ladung ist meist so gut, daß alles andere dann eher statistisches Rauschen ist. Jedenfalls bei mir, wo es um für mich jagdlich relevante Entfernungen geht. 5-Schuß-Gruppen meiner besten Ladungen liegen auf 100m bei Center-to-Center-Streukreisen von 0.8-1.5 cm, wenn wirklich alles paßt.
Hängt auch ein bissl vom Geschoß ab, ich schieße nur Jagd-Geschosse. Am präzisesten gehen bei mir Kupfer-Solids. Alles was als 5er-Gruppe auf 100m an einem guten Tag nicht unter 2-3 cm Außenkreis zu bringen ist würde ich persönlich nicht auf ein Tier schießen.
Bei Leuten, die auf erheblich größere Entfernungen schießen oder benchrestmäßig unterwegs sind, wird das Spielen mit der L6 sicherlich noch was bringen. Da fängt man dann auch irgendwann an, Hülsenhalswandstärken zu egalisieren und Rundlauf mit der Meßuhr zu messen und Kram. Die lachen dann über Streukreise wie meine.
Mit dem Pulver mache ich zwecks Präzision eigentlich keine Versuchsreihen. Das ist mir schlichtweg zu teuer. Ich hatte einmal probiert, für eines meiner Jagdgewehre N140 durch N540 zu subsituieren, weil ich mehr Geschwindigkeit wollte. Ergebnis nach dem kompletten Durchlauf von A) bis F) war ganz interessant: Zufällig war exakt die gleiche Laborierung (bis auf das Pulver halt) jeweils die optimale, wobei der Streukreis in meinem konkreten Fall mit dem N140 ein Stück kleiner war als mit dem N540. Die Restbestände N540 werden jetzt mit gutem Erfolg an den M95 und den Bajonettnagant verfüttert.
Soweit meine Erfahrung. Wie gesagt, jeder macht's anders. Wie gehst du vor?