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Gedichte zum 1. Weltkrieg

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Re: Gedichte zum 1. Weltkrieg

Beitrag von Sassoon » Fr 24. Jan 2014, 12:16

MeanMachine hat geschrieben:Denke kein Lyrik-thema kommt ohne "In Flanders fields" aus... Geschrieben 1915 nach der zweiten Flandernschlacht in Ypern.


Hast völlig recht. Daher tragen die Briten (inkl. der Commonwealth-Bürger) ja auch jeden 11. November, am Poppy Day, zur Erinnerung an den Waffenstillstand eine Mohnblume (Poppy) an der Brust.
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Re: Gedichte zum 1. Weltkrieg

Beitrag von Sassoon » Fr 24. Jan 2014, 12:38

BigBen hat geschrieben:Ich finde es äußerst fragwürdig Gefallenen zu Gedenken indem man offensichtlich kriegsverherrlichende, das Sterben und Töten glorifizierende Lyrik wiedergibt.


Hier als Ausgleich, Siegfried Sassoon's Erklärung gegen den Krieg, woraufhin sie ihn in die Klappsmühle gesteckt haben:

Lt. Siegfried Sassoon.
3rd Batt: Royal Welsh Fusiliers.
July, 1917.

I am making this statement as an act of wilful defiance of military authority because I believe that the war is being deliberately prolonged by those who have the power to end it. I am a soldier, convinced that I am acting on behalf of soldiers. I believe that the war upon which I entered as a war of defence and liberation has now become a war of agression and conquest. I believe that the purposes for which I and my fellow soldiers entered upon this war should have been so clearly stated as to have made it impossible to change them and that had this been done the objects which actuated us would now be attainable by negotiation.

I have seen and endured the sufferings of the troops and I can no longer be a party to prolong these sufferings for ends which I believe to be evil and unjust. I am not protesting against the conduct of the war, but against the political errors and insincerities for which the fighting men are being sacrificed.

On behalf of those who are suffering now, I make this protest against the deception which is being practised upon them; also I believe it may help to destroy the callous complacency with which the majority of those at home regard the continuance of agonies which they do not share and which they have not enough imagination to realise.


Wenn ich Zeit hab, stell ich mal ein Übersetzung davon rein.

Dazu muss man ergänzend sagen, dass Lt S. Sassoon, nach erfolgreicher "Behandlung" in der Nervenklinik, aus eigenen freien Stücken wieder zurück an die Front ging, weil er es nicht ertragen konnte, dass seine Freunde und Kameraden, und die Männer, die unter seinem Kommando standen, sinnlos dahingeschlachtet werden, während er sicher im Heimatland sitzt. Man hätte ihm einen sicheren Posten in irgendeiner englischen Garnison angeboten, den er ablehnte. 'Mad Jack' war danach an der Front ebenso, wenn nicht noch mehr draufgängerisch, als vorher, und wurde sogar für das Victoria Cross vorgeschlagen. Vor seinem Widerstand und der Nervenklinik hatte er ja schon das Military Cross bekommen, mit folgender Begründung:

For conspicuous gallantry during a raid on the enemy's trenches. He remained for 1½ hours under rifle and bomb fire collecting and bringing in our wounded. Owing to his courage and determination all the killed and wounded were brought in.

Diese Auszeichnung warf er dann aber in den Fluss, weil er nicht von einem Generalstab ausgezeichnet werden wollte, der aus seiner Sicht keine Ahnung von den Leiden der Soldaten hatte, und der die Männer in irrsinnigen Sturmläufen ins deutsche MG-Feuer rennen ließ und Menschenleben sinnlos opferte.
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Re: Gedichte zum 1. Weltkrieg

Beitrag von Sassoon » Fr 24. Jan 2014, 13:18

Der österr. Dichter Georg Trakl war Pharmazeut, und als "Apotheker-Offizier" an der Ostfront eingesetzt. Gleich zu Kriegsbeginn, im Zuge der Schlacht von Lemberg gegen die Russen, war er im Ort Grodek in Galizien stationiert. Er war erschüttert, dass er die Leiden der Verwundeten nicht lindern konnte, weil es zuwenig Medikamente und Morphium gab. Anders als so manch anderer Dichter, der zu Beginn des Krieges noch voller Hurrah-Patriotismus war, hat Trakl gleich erkannt, was sich hier wirklich abspielte. Er starb noch im selben Jahr an der Front.

Georg Trakl, "Grodek" (Ost-Galizien, 1914)

Am Abend tönen die herbstlichen Wälder
Von tödlichen Waffen, die goldnen Ebenen
Und blauen Seen, darüber die Sonne
Düster hinrollt; umfängt die Nacht
Sterbende Krieger, die wilde Klage
Ihrer zerbrochenen Münder.
Doch stille sammelt im Weidengrund
Rotes Gewölk, darin ein zürnender Gott wohnt,
Das vergossne Blut sich, mondne Kühle;
Alle Straßen münden in schwarze Verwesung.
Unter goldnem Gezweig der Nacht und Sternen
Es schwankt der Schwester Schatten durch den schweigenden Hain,
Zu grüßen die Geister der Helden, die blutenden Häupter;
Und leise tönen im Rohr die dunkeln Flöten des Herbstes.
O stolzere Trauer! ihr ehernen Altäre,
Die heiße Flamme des Geistes nährt heute ein gewaltiger Schmerz,
Die ungebornen Enkel.


Besonders stark finde ich:
umfängt die Nacht Sterbende Krieger, die wilde Klage Ihrer zerbrochenen Münder.
und
Alle Straßen münden in schwarze Verwesung.

Da bleibt kein Zweifel mehr offen, was sich da wirklich abgespielt hat.

Auch daran sollte man denken, wenn man wieder mal sein M95 oder sein altes Mosin mit auf den Schießplatz nimmt.
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Rupert Brooke, "The Soldier"

Beitrag von Sassoon » Sa 25. Jan 2014, 21:22

Eines der berühmtesten Gedichte zum WKI in der englischsprachigen Literatur ist wohl Rupert Brooke's "The Soldier". Brooke hat nie wirklich die Schrecken des Krieges, vor allem nicht jene des Grabenkrieges an der Westfront erlebt. Er starb auf einem Schiff der Royal Navy im Mittelmeer im April 1915 an einer Blutvergiftung. In dem Gedicht geht es darum, dass dort, wo der britische Soldat auf fremdem Boden fällt, ein Stückchen Erde immer "England" sein wird. Das heißt der Leib des Soldaten wird wieder zu Staub und verbindet sich mit dem Staub des fremden Schlachtfeldes auf dem er gefallen ist. Das Gedicht spiegelt die romantisierende patriotische Vorstellung wider, die zu Beginn des Krieges noch sehr viele junge Männer hatten.

If I should die, think only this of me:
That there's some corner of a foreign field
That is for ever England. There shall be
In that rich earth a richer dust concealed;
A dust whom England bore, shaped, made aware,
Gave, once, her flowers to love, her ways to roam,
A body of England's, breathing English air,
Washed by the rivers, blest by suns of home.

And think, this heart, all evil shed away,
A pulse in the eternal mind, no less
Gives somewhere back the thoughts by England given;
Her sights and sounds; dreams happy as her day;
And laughter, learnt of friends; and gentleness,
In hearts at peace, under an English heaven.


[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=BcDQZTJU_aA&list=PLh4U4Qf_zy0whqDwoZPYvkff3peiimF6d[/youtube]
Zuletzt geändert von Sassoon am Mo 27. Jan 2014, 13:54, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Gedichte zum 1. Weltkrieg

Beitrag von Sassoon » So 26. Jan 2014, 18:42

"Anthem for Doomed Youth" by Wilfred Owen (1893-1918)

What passing-bells for these who die as cattle?
Only the monstrous anger of the guns.
Only the stuttering rifles' rapid rattle
Can patter out their hasty orisons.
No mockeries now for them; no prayers nor bells,
Nor any voice of mourning save the choirs,—
The shrill, demented choirs of wailing shells;
And bugles calling for them from sad shires.

What candles may be held to speed them all?
Not in the hands of boys, but in their eyes
Shall shine the holy glimmers of good-byes.
The pallor of girls' brows shall be their pall;
Their flowers the tenderness of patient minds,
And each slow dusk a drawing-down of blinds.



[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=eK5kme0dCQY[/youtube]
Owen war mit Siegfried Sassoon in der selben Nervenheilanstalt und ging ebenso wieder zurück an die Front. Er fiel sieben Tage vor Kriegsende, als er einen Angriff seines Zuges führte.
Zuletzt geändert von Sassoon am Di 28. Jan 2014, 00:33, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Gedichte zum 1. Weltkrieg

Beitrag von Sassoon » Mo 27. Jan 2014, 10:36

Interessant ist, dass Owen in "Anthem for Doomed Youth" die Soldaten mit Vieh vergleicht, das zur Schlachtbank geführt wird. Und er fragt ganz lakonisch, welche Sterbeglocken ("passing-bells") dazu läuten:
What passing-bells for these who die as cattle? Er gibt auch gleich die Antwort in den folgenden Zeilen, nämlich der monströse Zorn der Geschütze und das MG-Feuer sind die Totenglocken.

Auch Siegfried Sassoon vergleicht in "The General" die beiden Soldaten Harry und Jack mit Vieh, mit Lasttieren:
As they slogged up to Arras with rifle and pack. Er beschreibt den Hass auf den Generalstab, der mit leichtsinnigen Angriffsplänen die Männer in den Tod schickt, wie Vieh, als wäre deren Leben nichts wert.
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Re: Gedichte zum 1. Weltkrieg

Beitrag von Sassoon » Mo 27. Jan 2014, 22:51

Ernst Jüngers Roman "In Stahlgewittern" ist ja recht bekannt.
http://www.amazon.de/Stahlgewittern-Ernst-J%C3%BCnger/dp/360895208X/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8&qid=1390859048&sr=1-1&keywords=ernst+j%C3%BCnger+stahlgewittern

Aber ich will euch hier ausdrücklich sein "Kriegstagebuch 1914-1918" empfehlen.
http://www.amazon.de/Kriegstagebuch-1914-1918-Helmuth-Kiesel/dp/3608938435/ref=sr_1_3?s=books&ie=UTF8&qid=1390859048&sr=1-3&keywords=ernst+j%C3%BCnger+stahlgewittern

Schonungslos ehrlich. Kein Platz für neumodische heuchlerische "political correctness". Ein Mann schreibt was er erlebt und gefühlt hat. Und Punkt.
Wer echt was über den Ersten Weltkrieg, über den Alltag in den Schützengräben, aus erster Hand erfahren möchte, sollte Ernst Jüngers Kriegstagebuch lesen. Ich bin grade dabei (Jahreswechsel 1914-15) und staune über die offene Frechheit dieser Tagebucheintragungen. Bin schon gespannt, ob sich der Tonfall mit der Zeit und den gemachten Erfahrungen ändert. Am Umschlag ist jedenfalls zu lesen "Wann hat dieser Scheißkrieg endlich ein Ende?"
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Re: Gedichte zum 1. Weltkrieg

Beitrag von Sassoon » Mo 27. Jan 2014, 23:55

"Bombentrichter und Gräben haben einen engen Horizont. Er reicht nicht weiter als einen Handgranatenwurf."
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