Sehr gutes Interview zur bevorstehenden Abschaffung des (digitalen) Briefgeheimnisses durch die EUdSSR:
https://www.derstandard.at/story/200013 ... ebeln-will
Chatkontrolle: Wie die EU die Messenger-Verschlüsselung aushebeln will
Frage: Gibt es zumindest schon eine Idee davon, wie das technisch laufen könnte?
Antwort: Allerdings, und das ist Apple zu "verdanken". Hat der iPhone-Hersteller doch Mitte des vergangenen Jahres ein ebensolches System vorgestellt – und zwar ebenfalls unter den Vorzeichen des Kampfs gegen sexuellen Missbrauch von Kindern. Sehr vereinfacht sieht dieses so aus: Es wird eine Datenbank mit digitalen Fingerabdrücken einschlägiger Materialien erstellt, die laufend auf dem Smartphone aktuell gehalten wird. Diese wird dann zum Abgleich mit den in den betreffenden Apps verschickten Bildern genutzt.
Frage: Was passiert jetzt, wenn es einen "Treffer" gibt?
Antwort: Im System von Apple wäre es so gewesen, dass nach einer gewissen Zahl an Übereinstimmungen zunächst eine Meldung an Apple erfolgt – mit den betreffenden Bildern. Diese sollten dann noch einmal geprüft werden und erst nachdem sich herausstellt, dass es sich tatsächlich um solche Materialien handelt, wäre dann eine Meldung an die Behörden erfolgt.
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Frage: Das klingt doch alles wohlüberlegt. Welches Problem haben die Kritiker damit?
Antwort: Es gibt eine Fülle von unterschiedlichen Kritikpunkten. Im Kern steht aber ein Vorwurf: Solch ein System wäre das Einfallstor für eine Massenüberwachung sämtlicher Kommunikation. Oder wie es vor wenigen Tagen dutzende Bürgerrechtsorganisationen, darunter die angesehene Initiative European Digital Rights (EDRi), in einem offenen Brief an die EU-Kommission formulierten: Es werde ein "gefährlicher Präzedenzfall für die massenhafte Ausspähung privater Kommunikation" geschaffen.
Frage: Wie das?
Antwort: Nun, ist so ein System einmal da, könnte es natürlich auch mit anderen Daten gefüttert werden. Theoretisch wäre es durchaus möglich, ganz andere digitale Fingerabdrücke in die Datenbank einzuspeisen. Also nach beliebigen Bildern suchen zu lassen, je nachdem, welche Gruppe man damit anvisiert. Insofern wäre das ein sehr, sehr mächtiges Tool, um Überwachung aller Art vornehmen zu können.
Frage: Ja gut, aber die Beschränkung auf dieses eine Thema sollte ja problemlos gesetzlich festgeschrieben werden können.
Antwort: Da ist zwar richtig, aber nur weil etwas festgeschrieben ist, heißt das nicht, dass es nicht wieder geändert werden kann. Wer etwa die politisch aufgeheizte Stimmung nach Terroranschlägen kennt, der weiß, dass hier recht flott solche Forderungen kommen würden.
Frage: Aber auch da hätte ich jetzt nicht das große Problem damit ...
Antwort: Selbst wenn wir außer Acht lassen, dass das noch immer eine Massenüberwachung der Kommunikation eines großen Teils der Bevölkerung darstellen würde – und somit prinzipiell hochproblematisch ist –, verweisen Kritiker noch auf einen anderen Punkt: Nämlich dass es auf der Welt noch andere Länder gibt. Mit ganz anderen Gesetzgebungen. In dem Moment, in dem man so ein System aufbaue, würden rasch Begehrlichkeiten von autoritären Regimen kommen, die damit gegen die Opposition vorgehen wollen. Und auch in vermeintlich stabilen Demokratien kann es schnell zu einem Regierungswechsel kommen.
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Frage: Ich kann mir trotzdem nicht vorstellen, dass solch eine Blockade lückenlos funktioniert. Wenn ich mal ein bisschen herumnerden darf: Einige dieser Messenger sind Open Source, also im Quellcode verfügbar. Was hindert nun jemanden daran, einfach eine überwachungsfreie Version dieser Programme anzubieten, die ich mir dann manuell installieren kann?
Antwort: Ein gar formidabler Punkt. Genau das zeigt nämlich eine Realität auf, die sich bei solchen Konzepten immer wieder zeigt. Sie sind nie lückenlos und treffen primär jene, die sich nicht genügend mit dem Thema beschäftigen. Jetzt ist aber natürlich das Problem: Wer Fotos eines sexuellen Missbrauchs von Kindern teilt, der hat ein gesteigertes Interesse daran, sich nach ebensolchen Alternativen umzusehen – und so die "Chatkontrolle" ins Leere laufen zu lassen.
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Frage: Zurück zur Intention, irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass nicht auch ganz andere Interessen dahinterstehen ...
Antwort: Mit Spekulationen gilt es immer vorsichtig zu sein, um hier nicht ins Verschwörungstheoretische abzugleiten. Gleichzeitig ist es kein Geheimnis, dass effektive Verschlüsselung Geheimdiensten und Strafverfolgungsbehörden seit Jahren ein Dorn im Auge ist. Die Sicherheitsverschärfungen, die viele Unternehmen infolge der Snowden-Enthüllungen vorgenommen haben, haben die Arbeit dieser Behörden erheblich erschwert – vor allem was die Massenüberwachung anbelangt. Sie werden also über die aktuellen Entwicklungen zumindest nicht ganz unglücklich sein. Das nicht zuletzt mit der Hoffnung darauf, diese Hintertür irgendwann auch für die eigenen Zwecke nutzen zu können.
Frage: Kritik ist ja schön und gut, aber was ist die Alternative? Immerhin will ja niemand, dass solche Inhalte verbreitet werden ...
Antwort: Bürgerrechtsorganisationen sagen dazu: gezielte Fahndung und Überwachungsmaßnahmen unter richterlicher Aufsicht. Also quasi "gute alte Polizeiarbeit" statt Massenüberwachung mit all ihren hochproblematischen Nebeneffekten.
Frage: Abschließende Worte?
Antwort: Wie auch immer der Entwurf der EU-Kommission schlussendlich aussehen wird, sie darf sich schon einmal auf gehörigen Widerstand einstellen. Wenn selbst Publikums-Darling Apple mit einem ähnlichen System gescheitert ist, werden die Pläne der EU sicher nicht besser aufgenommen. Einen ersten Vorgeschmack gab es schon vor einigen Monaten, als sich 20 EU-Abgeordnete quer durch die Fraktionen zu Wort meldeten und davor warnten, dass mit der Chatkontrolle "chinesische Verhältnisse" drohen – in Anspielung auf die umfassende Überwachung des Internets durch die dortigen Machthaber.
Anm: Gender-Blödsinn entfernt
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"Der einzige Ausweg aus der Krise führt über Kapitalismus, Ersparnisse und harte Arbeit."
Javier Milei