Jahnj hat geschrieben:die Aussage dass Hitler den privaten Waffenbesitz (ausserhalb von SS oder diversen Dunstkreisorganisationen) erleichtert hat ist schlichtweg falsch. Hier ein entsprechender Artikel der deiner Darstellung widerspricht: [...] Nur mal so auszugsweise eine SA-Anweisung aus der Zeit:
Danke, ich kannte den Artikel schon vor
den Posts von
Anfang Mai. Halbrook wird absolut jedes Mal hervorgekramt, wenn Nazis zu AWNs zurechtfantasiert werden müssen... so ähnlich wie jedes einzelne Mal, wenn die Judenpolitik von Pius XII schöngelogen werden soll, irgendjemand mit Pinchas Lapide kommt. Ermüdend, aber bitte. Der Artikel enthält ein paar Fehler, vor allem aber enthält er unzählige non sequiturs. Halbrooks Problem ist, dass er von vornherein axiomatisch davon ausgeht, dass Waffen in Privatbesitz eine Gefahr für Despoten sein müssen, und davon ausgehend quote mining betreibt. Für jede Stelle, die ihn stützt, muss er zehn andere ignorieren, die ihm widersprechen, aber das fällt ihm vermutlich ehrlich nicht auf.
Schauen wir einmal, was wir an harten Fakten gesichert wissen: Bevölkerungsgruppen, die gemessen an der Kopfzahl überproportional viele Waffen inne hatten, waren mehrheitlich auf Naziseite: Aristokraten, Großbürgerliche, Milizionäre diverser Veteranenverbände, Landbevölkerung, Männer; die überwiegende Mehrheit der Inhaber von Jagd- oder Weltkriegsgewehren. Eher gegen Nazis waren vor allem Gruppen mit eher wenigen Waffen: kleine jüdische Handwerker, jüdische und andere Proletarier und Subproletarier, Bibelforscher und andere religiös motivierte Pazifisten, Intellektuelle, Städter, Frauen.
Ist der Eindruck gerechfertigt, dass Nazis überhaupt keinen Grund hatten bzw. sahen, sich vor privaten Waffen zu fürchten? Seriöse Historiker, die einen Überblick über parteiinterne Stimmungsberichte und Propagangeplanung haben, sagen geschlossen ja. Ein interessantes Buch zu dem Thema ist zum Beispiel
Hitlers Volksstaat von Götz Ali: das Regime war sich seines Rückhalts in der Bevölkerung nie endgültig sicher und hat sich von der ersten bis zur letzten Minute vor Widerspruch gefürchtet. Wovor genau hatten sie Angst? Steigende Mieten könnten städtische Werktätige unzufrieden machen und Streiks auslösen. Hausfrauen könnten gegen steigende Lebensmittelpreise protestieren und deutschlandweit die Stimmung versauen. Hamburger könnten von den ständigen Bombenangriffen genug haben und im Hafen Dienst nach Vorschrift machen. Die Pelze und Juwelen enteigneter Juden, mit denen die Ausgebombten ruhiggestellt werden, könnten Neid und Klassenkampfstimmung auslösen. Was haben die Nazis dagegen getan? Mieterschutz verbessert, Nahversorgung subventioniert, Wohnungen und Einrichtungen statt Pelz und Klunker verteilt, die Bevölkerung nach besten Kräften mit seichten Filmchen und Unterhaltungsmusik betäubt.
Wovor haben sie keine Angst? Private Waffen. Was haben sie nicht getan? Waffengesetze verschärft, Jäger an die Kandare genommen und die nach wie vor bewaffneten Veteranenbündler gepiesakt. Im Gegenteil, das Waffengesetz
wurde sowohl theoretisch als auch praktisch gelockert, die Jagd als eine Art neuer Volkssport propagiert.
es sollte eigentlich logisch sein dass ein faires Waffengesetz sicher nicht im Interesse der NSDAP-Schergen war.
Wieso nicht? Aus welchem konkreten Grund? Beweis durch Behauptung, wie bei Halbrook?
Die Waffenbesitzer waren mehrheitlich auf ihrer Seite. Die Klassen, deren Angehörige zum Waffenbesitz tendieren, in allen politischen Kulturen, in den das Wort Sinn überhaupt Sinn hat, bisher
immer eher auf der Seite der autoritären Regierung als auf der Seite der Underdogs. Die waffenaffinen Schichten im griechischen, chilenischen, oder türkischen Faschismus waren mehrheitlich Befürworter der jeweiligen Regime. Die waffenaffinen Schichten in den heutigen USA sind mehrheitlich Befürworter von Straflagern vom Typ Guantanomo, von
enhanced interrogation, von
free speech zones, vom Ende des Habeas Corpus für Menschen, die man unter irgendeinem Vorwand zum Terrorverdächtigen erklären kann, von großflächiger Telefon- und Internetüberwachung. Die waffenaffinen Schichten im heutigen Deutschland sind mehrheitlich Befürworter von großangelegter Internetzensur, von schwarzen Listen unliebiger Webseiten ohne richterliche Kontrolle, von scharfen Einschnitten in Versammlungsrechte, von Einsätzen der Bundeswehr gegen deutsche Zivilisten auf deutschem Boden.
Das alles ist natürlich
kein Argument gegen Waffen an sich. Niemand will Schuhbänder verbieten, weil Träger von Schnürschuhen streng statistisch gesehen eher die historisch Bösen als die historischen Opfer sind. Es ist aber nicht schlau, Waffenbesitzer in die Rolle designierter Widerstandskämpfer hineinzufantasieren, die sie bei nüchterner Betrachtung nicht spielen und nie gespielt haben. Es ist Wasser auf AWN-Mühlen, weil es das Vorurteil bestätigt, dass Waffen Psychokrücken für Loser sind.
Ich denke man kann hier davon ausgehen dass die Sache wesentlich komplizierter war als viele meinen und ein simples abstempeln als "nazidummfug" wird dem nicht gerecht.
Damit wirst du wohl Recht haben, aber erinnere dich bitte daran, dass nicht ich mit der Übervereinfachung angefangen habe. Das Nazis-waren-AWNs, das mich so geärgert hat, wird der Wirklichkeit eben auch nicht gerecht.