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von raptor » Mi 17. Okt 2018, 18:31
Sodala, so schaut's aus, heute Lunch mit dem Psychometriker:
Beim schriftlichen Teil von "Tests" zu sprechen sei falsch, das sind "Fragebogen". Weil sie der Proband verfälschen kann, was z. B. bei einem IQ- oder Mathetest nicht möglich sei. Niemand würde z. B. bei "Ich fahre oft aus der Haut." bei einer Waffenpsychologischen Verlässlichkeitsprüfung "sehr oft" ankreuzen. Was zum nächsten Problem führt, nämlich dass die Fragebogen Ehrlichkeit bestrafen würden. Die Lügenskalen, die das einbremsen sollen, seien eh nett, aber das haben sogar wir Laien sofort durchschaut. Andererseits sollte, wer nicht erkennt was hier an Antworten erwartet wird, vielleicht keine Waffe haben. (Naja, wenn man ehrlich ist, ist man wirklich der Blöde...)
Deshalb sollten die Fragebogen immer in Kombination mit einem Gespräch eingesetzt werden. Was m. W. bei Gruppentestungen und beim KfV nicht geschieht. Konform zur Durchführungsverordnung, da ja bereits das "Bestehen" zweier Fragebogen (bei denen es eigentlich kein "Bestehen" und keine richtigen Antworten gibt) ausreicht...
Problematisch sei, dass der Staat (also überwiegend völlige Laien) hier den Experten methodisch Vorgaben macht. Eher ein Wahnsinn, dass der MMPI immer noch zur Auswahl stehe (da sind sich die eigentlich alle einig), die seit 2012 möglichen "Big Five" entsprächen dem dzt. "Goldstandard".
Klar sei die Prüfung unzuverlässig (Amokfahrer von Graz), aber das sei eben das, was man habe. Das sei halt eine Abwägung zwischen der Öffentlichen Sicherheit und dem Nachteil Einzelner, womöglich ungerechtfertigt keine Kat. B Waffe zu bekommen. Der Psychometriker ist demgemäß nicht für eine Abschaffung der Prüfung und sieht auch zur Kombination Fragebogen + Gespräch keine Alternative.
Interessant bzgl. Forderung nach regelmäßiger Wiederholung: dies sei nicht a priori sinnlos. Allerdings verfestige sich die Persönlichkeit im Alter, sodass man eigentlich jüngere Probanden öfter prüfen müsste als ältere. 60-jährige regelmäßig zur Prüfung zu schicken sei dann aber wirklich sinnlos, weil sich bei denen nichts ändere. Das ist im Umkehrschluss für mich interessant, weil man nach dem vorliegenden Entwurf theoretisch bereits ab 22 1/2 Jahre nach dreimaligem Durchfallen für immer gesperrt sein kann. Also noch in einem Alter, in dem sich viel ändert.
Auf Basis dieses informativen und sehr objektiven Gesprächs sehe ich keinen Ansatzpunkt, die Prüfung wissenschaftskritisch/methodisch loszuwerden. Allenfalls können wir Verbesserungen verlangen: Wegfall der lebenslangen Sperre, stattdessen begrenzt. Völlig Freigabe der Methode für den Prüfer.
Will man gegen den Test an sich argumentieren, so sehe ich folgendes:
+ Kein einziger der angeblichen "Testtouristen" ist seit 1996 irgendwie aufgefallen. Ich habe das mit dem Tourismus immer für ein Märchen gehalten. 99% werden nach den ersten verpulverten 236.- Euro den Hut draufhauen und sich eine Kat. C kaufen oder Pfitschigogerln gehen.
+ Reine Waffenbesitzer und Sportschützen werden hier besonders ins Visier genommen: Jäger, Soldaten und Polizisten machen keine Prüfung, der ihre Verlässlichkeit im Umgang mit Waffen überprüft (Musterung und Kaderanwärtertestungen schauen auf andere Sachen...).
+ Die Prüfung ist angesichts der geringen Schusswaffengewalt in Österreich übertrieben.