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Ich hab mir auch erlaubt hier einfach mal den ganzen Text zu zitieren, damit er auch noch lesbar ist, sollte die Seite mal vom Netz gehen etc.:
8. Inselbrief - 11 de Setembro de 2006
Hallo Freunde,
Wieder habe ich nicht allzu freundliches zu berichten. Aber trotzdem möchte ich es euch nicht verschweigen. Auch werdet ihr in diesem Inselbrief vergebens nach Fotos suchen. Zu diesem Thema habe ich bislang kein einziges Foto parat. - Also......wir hatten ungebetenen Besuch auf der Insel. Und den mit den schlechtsten Absichten im Dunkel der Nacht. !! Diebe !! Als es passierte, weilte ich in Manaus. Ich bekam alles nur fernmüdlich am Telefon mit. Es geschah am frühen Abend. Ich war in meiner Bude in Manaus und Eliza rief an:
>>Henrique, Henrique, es sind Diebe auf dem Flutuante und wollen ins Haus einbrechen!! Sie schlagen gegen Fenster und Türen! Was soll ich machen?
>>Ich ruf' schnell Pastor Jack an, damit er dir zuhilfe eilt! Ich kann nichts machen, ich bin in Manaus! Ich rufe ihn an! Mach' alle Lichter an und sag' den Dieben, das Hilfe schon unterwegs ist, das sie verschwinden sollen!! Ich rufe sofort zurück! Bis gleich, ich rufe zurück!<<
Für diejenigen, die es nicht wissen: Pastor Jack ist unser amerikanischer Nachbar und Laienpriester, der wie seine Wildwest-Vorfahren selten unbewaffnet anzutreffen ist. Ich rief ihn an, aber er hatte sein Telefon abgestellt. Danach rief ich seinen Gehilfen „Edilson“, dessen Telefonnummer ich hatte, an. Den holte ich aus dem Schlaf, GottSeiDank! Edilson ist dann zum Pastor rüber und nach 25min waren beide mit dem Aussenborder vor Ort am Flutuante. Sie gaben schon aus einiger Entfernung einige Schüsse in die Luft ab.
Als sie eintrafen hatten die Diebe bereits das Weite gesucht, denn man kann ankommende Boote schon Minuten vorher hören und die Gewehrsalven mögen ihr übriges getan haben.
Es fehlte nichts. Keine Leuchtstofflampe, keine Kanu, nichts. Die Diebe hatten versucht, die Zylinderköpfe des Schiffsdiesel abzubauen. Weit waren sie damit nichtgekommen. Es waren nur die Schutzdeckel angeschraubt worden. Das kann man mit der Hand machen. Die grossen Schrauben der Zylinderköpfe blieben unberührt. Eigenes Werkzeug hatten sie scheinbar nicht dabei !?
Insgesamt hatten die Diebe 30min Zeit, in das Flutuante einzudringen. Das Haus ist keine Festung. Mit einem filmreifen Fusstritt, ist jedes Fenster und jede Tür aufzubrechen. Die Bewohner, eine Frau und drei Kinder, hätten betimmt keinen Widerstand geleistet und wären einfach zu dominieren gewesen.
Deswegen kam mir der Überfall halbherzig vor. Wenn die Diebe wirklich gewollt hätten, dann wären sich ins Haus eingedrungen. Ich denke mir, dass uns jemand nur verunsichern wollte. In letzter Zeit wurde ich wiederholt von verschiedenen Seiten angesprochen, ob ich die Insel nicht verkaufen wollte. Schnell waren erste Verdächtigungen ausgesprochen. Beweise gibt es für diese Theorien allerdings keine.
Paster Jack liess in der selben Nacht sein Kleinkalibergewehr zu unserer Verteidigung zurück. Ich wollte bis dahin nie eine Feuerwaffe im Haus haben. Doch jetzt habe ich meine Meinung geändert. Pazifizmus ist gut, solange das eigene Leben nicht in Gefahr ist.
Ich beschloss mir eine eigene Waffe zu besorgen. Ich unternahm die ersten Schritte, um legal eine Waffe im Haus zu haben. Ich wollte eine Schrotflinte kaufen. Fast jeder Caboclo hat eine Schrotflinte, doch wie sich später bestätigte, vollkommen ilegal.
Mir wurde der Waffenladen “Sâo Domigos“ in Manaus in der Nähe des Hafens empfohlen. In nur wenigen 10 Tagen sollte der Papierkram erledigt sein, sollte die Waffe bei der Polizei angemeldt werden. Dann sei ich Waffenträger und könne die Waffe legal mit mir führen. So versicherte man mir ein Verkäuer in diesem Geschäft.
Nach 3 Wochen wollte ich dort mit den in der Zwischenzeit beschafften Papieren (Meldebestätigung, Anzeige des Überfalls, beglaubigte Kopien der Personalien, Führungszeugnis) die Schrotflinte kaufen. Ich hatte bereits eine Anzahlung von 200 rs geleistet und darüber auch eine Quittung erhalten. Mit dieser Anzahlung, so versichert mir der Verkäufer, sollte die Registrierung der Waffe bezahlt sein.
Doch dann wurde mir erklärt, dass der angebliche Verkäufer garkein Verkäufer war, sondern ein Verwandter des Chefs und der Chef wäre auf Geschäftsreise gewesen. Dieser Verwandte hatte sich bei meinem ersten Besuch vor 3 Wochen die 200 rs Anzahlung eingesteckt und sei seitdem nicht mehr aufgetaucht! Schöne Scheisse, die da gelaufen ist. Und ausserdem, so setzte man noch einen drauf, wäre die Registrierung einer Waffe nicht so einfach wie er angegeben hätte.
Zusätzlich zu den bereits beschafften Papiern war ein psychologischer Eignungstest zu bestehen. Dieser Test nahm einen ganzen Nachmittag in Anspruch. Zunächst waren Fragebögen, mit insgesamt mehr als hundert Fragen auszufüllen. Danach musste ich mit einem weichen Bleistift bei vorgehaltener Stoppuhr Striche machen und diese danach auszählen (habe mehr als 500 geschafft). Dann galt es drei Bilder zu malen; einen Baum, ein Haus und einen Menschen. Danach stand das abschliessende persönliche Gespräch mit dem Psychologen an.
Dieser Nachmittag war recht anstrengend, denn ich wollte mich von meiner Besten Seite zeigen und, aufgepasst, mich nicht auf's Glatteis führen lassen. Als ich alles hintermir hatte, galt es nur noch die Rechung von 250rs zu zahlen und Tage später landete das Gutachten über meine Zurechnungsfähigkeit auf den Schreibtischen der föderalen Polizei (PF), ohne das der Untersuchte Einblick nehmen durfte.
Jetzt stand die theoretische Prüfung an. Sie kann Wochentagstags im Hauptquartier der PF in Manaus nach vorhergehender telefonischer Anmeldung abgelgt werden. Zur Vorbereitung hat die PF freundlicherweise eine sog. Waffenfibel herausgegeben. Der Laden, in dem ich meine Flinte gekauft wollte, stellte mir freundlichweise eine Fotokopie dieser Fibel zu Verfügung.
Seit langem hatte ich nicht mehr gepaukt. Die Fibel hoch, die Fibel runter, Flinten, Gewehre, halbautomatische Waffen, vollautomatische Waffen, Pistolen, Revolver, glatte Läufe, gezogene Läufe, Sicherheitbestimmungen, Waffenrecht, Kimme und Korn und Schuss. Am Vorabend der Prüfung hatte ich meine langen Beinkleider, eine schwarze Jeans, zum Ausmuffen an das offene Fenster gehangen (das war wirklich nötig), Strümpfe und Unterhose und eine frisches Hemd gesucht und mein einziges Paar Lederschuhe übergebürstet. Am anderen Morgen habe ich das alles angezogen. Das kommt selten vor und mit einem Spritzer Markenparfume war ich schliesslich PF-Hauptquartier-fein.
Der Pförtner der PF nahm meine Personlien auf, fotografierte bzw. digitalisierte mich (wie immer lächlend) und klebte mit das Foto auf mein frischgewaschenes Hemd. Ein Scherge führte mich durch lange Flure und Treppenhäuser in einen Raum, in dem mehrere Leute an ihren Schreibtischen sassen und sich angeregt unterhielten. Man unterhielt sich, wie anders, über Feuerwaffen. Der Scherge verschwand, ich sagte meinen Spruch auf und wurde freundlich gebeten, mich an einen freien Tisch zu setzten. Sogleich flatterte der Prüfungbogen mit 10 Fragen zum Ankreuzen auf meinen Tisch und los gings.
Es waren einfache Fragen und mit dem Portugiesisch hatte ich keine Schwierigkeiten. Schnell waren alle Kreuze gemacht und ich gab ab. Ein netter Föderaler, namens Diogenes, setzte sich mir gegenüber und korrigierte augenblicklich meine Antworten.
>>Alles richtig, selbst die Fangfragen zum Thema Sicherheit<<, sagte er.
>>Herzlichen Glüchwunsch! Wie lange sind sie schon in Brasilien?<<“
>>Mehr als 10 Jahre<<, kam die Antwort und ich bedanke mich und ging raus.
Das war ein vollkommen anderer Umgangston, den ich bei diesen Waffenheinis vernahm. Bei den vielen vorhergegangen Besuchen der Pf, als es noch um meine Daueraufenthaltsgenehmigung ging, hatte ich immer eine schwere, belastete Atmosphäre wahrgenommen.
Dann draussen an der Bushaltestelle, vor dem PF-gebäude, zog ich Schuhe und Strümpfe aus und schlüpfte in meine geliebten, Zehenlatschen. Hat man sich einmal an die luftigen Gummisohlen gewöhnt, fühlt man sich in geschlossen Schuhen nach kurzer Zeit arg bedrückt.
Die praktischen Schiessübung, die als letzte Hürde zu nehmen war, wollte ich in Shorts und Badelatschen antreten. Sie war an einem Donnerstag gegen 14:00 Uhr angesetzt. Die Prüfung wird von den Föderalen auf einem privaten Schiesstand abgenommen. Dieser Schiessstand liegt ausserhalb des Stadtgebiets von Manaus und wird von professionellen Waffenträgern sowie von Hobbyschützen benutzt. Hier ballern die verschieden Polizeien (Militär-, Zivil-, Federalpolizei) sowie die schweren Jungs der Sicherheitsdienste munter drauflos.
Ich hatte bislang nur einmal in meinen Leben aus einer Feuerwaffe Schüsse abgeben. Das war schon vor Jahren als ich noch mit meinen Freund und MeisterTatunca Nara durch die Wälder zog. Damals hatte ich es mit einer Schrotflinte und einem Kleinkalibergewehr zu tuen. Ich fühlte mich unsicher, denn ich sollte den sicheren Umgang mit einer Waffe beherrschen und dann auch noch schiessen und vor allem treffen. Aus 15 m Entfernung hatte ich in einer Minute 5 Schüsse aus einer Schrotflinte, Kaliber 12 (das schwerste Kaliber), einer sog. Pumpgun auf eine runde Zielscheibe abzugeben. Von dem max. 50 zu erreichen Punkten waren 30 zu erzielen.
Die Leute aus dem Waffenladen rieten mir, bei Senhor Tucuja, dem Schiessplatzbetreiber, vorzusprechen und mit der üblichen brasilanischen Leichtigkeit des Seins unmittelbar vor der Prüfung einen Schnellkurs im PumpGunSchiessen zu absolvieren. Dann würde alles klargehen, so meinten sie.
Da ich die Lokalität nicht kannte und noch genügend Zeit für den Schnellkurs haben wollte, war ich schon am frühen Vormittag aufgebrochen. Ich erwischte gleich den richtigen Bus und der Busfahrer wusste auch bescheit, wo er mich abzusetzten hatte.
Schon von weitem hörte man Schüsse. Viel zu früh, so gegen 11:00 Uhr kam ich auf dem Schiessplatz an. Gleich sprach ich bei Sn. Tucuja vor, einem jungen und sympathischen Japaner, der, so wie er auftrat, schwarze lange Hosen, schwarzes T-Shirt, Gummilatschen, den Pistolenhalfter ein bisschen zu tief auf den Hüften, ein Waffennarr sein musste. Freundlich mit dem obligatorischen asiatischen Lächeln schüttelte er mir die Hand. Gern würde er mir schnell das Wichtigste beibringen, meinte er, aber erst gegen Mittag, dann wenn die Polizei mit ihren Schiessübungen fertig sei. Bis dahin könnte ich mich frei auf dem Gelände bewegen und mir alles anschauen.
Sein Schiesstand sah etwas runtergekommen aus. Überall hingen Schilder herum, den Müll in Papierkörbe zu werfen und die leeren Patronenhülsen auf dem Gelände zu belassen. Sn. Tucuja verdient sein Geld damit, die leeren Patronenhülsen aufzusammeln und wieder zu laden und sie als Munition an seine Schützen zu verkaufen. Munition ist nicht billig und nachdem Auto zu urteilen, das er fuhr, schien er mit dem Schiessplatz nicht schlecht zu verdienen.
Sein Schiessplatz bestand aus drei eingezäunten Bereichen in denen Erdwälle als Kugelfang aufgeworfen waren. In einem Bereich war eine Art Pakour aus Holzwänden mit Fenstern und Türen und aufgetürmeten Autoreifen aufgebaut, hinter denen Pappfiguren und kippbare Metallscheiben als Ziele standen. Hier probten gerade einige grosse und übergewichtige Polizisten in zu stramm sitzenden Tarnanzügen den Strassenkampf mit Pistolen und PumpGuns. Der Reihe nach liefen sie den Pakour ab, schossen hier durch ein Fenster, schauten dort durch ein Tür usw.. Schuss & Klick! und die Metallscheiben kippten weg.
Es lag viel Schwarzpulver in der Luft, und es rauchte nicht schlecht. Diese PumpGun machte Eindruck auf mich.
Angrenzend fand sich ein in die Länge gezogener Platz mit Schiesständen auf seiner kurzen, grosszügig überdachten Seite. Auf dem Platz hatte ein Mann etliche junge Zivilpolisten in einer ordentlichen Reihe gegen ihre 6m entfernten Zielscheiben antreten lassen. In der heissen Mittagssonne erteilte er Untericht im Umgang und Gebrauch der Pistole. Ich setzte mich in eine schattige Ecke und war ganz Auge und Ohr.
Obwohl er so aus sah wie ein in die Jahre gekommener Bodybuilder und komplett in Schwarz, einschliesslich Sonnenbrille und Schirmmütze gekleidet war und stark an Typen aus amerikanischen Kampffilmen erinnerte, redete er doch garnicht so. Als einem, der lange in Klassen, Vorlesungen und Seminaren abgesessen hatte und dem vieles vorgetragen worden war, war das Thema Pistole interessant und erfrischend presentiert. Auch mit einer scharfen Waffe in der Hand waren Witz und Humor noch nicht gestorben.
Es wurde geschossen. Es gab Ladehemmungen und Fehlzündungen (Tucuja hatte schlechtes Pulver angerührt?). Es wurde erklärt und gefragt. Ich hatte mir den Umgangston in einer uniformierten Truppe anders vorgestellt. Nebenbei sei bemerkt, dass ich mich vor dem Wehrdienst bei der Bundeswehr drücken konnte und deswegen alles zum Thema Waffe und Verteidigung für mich neu war.
Nach dem Schiessen kamen sie alle im Schatten des grossen Daches zusammen und nun bekam auch ich, ich erschrack ein wenig, eine Einweisung für den Einsatz der Pistole in der Strasse. Doch dann sah mich der schwarze Mann. Er sah den weit und breit einzigen Nichtmiltär, vermutlich noch Gringo, relaxed in kurzen Hosen und Badelatschen in einer Ecke sitzend und die Ohren gespitzend. Er stockte nicht mal in seinen Vortrag. Er warf mir nur kurz einen einschätzenden Blick zu und fertig. Ich durfte weiter zuhören.
In diesem Augenblick dachte ich mir wieder mal, dass es so eine Freizügigkeit nur in Brasilien geben kann. Deutsche Komissköppe hätten mich bestimmt der Spionage beschuldigt und an die Wand gestellt. Es ging noch etwa 20 min. weiter, dann war Mittagstunde und die Truppe rückte ab.
Und jetzt war es mit still in der Ecke sitzen vorbei! Tacuja kam mit seiner in ein öliges Tuch gewickelten PumpGun auf mich zu. Zuerst zeigte er mir, wie man die Flinte mit fünf Patronen läd und sichert. Dann wie man die Waffe entsichert und wiederholt feuert und danach ablegt. Mit leeren Patronenhülsen wiederholte ich das Ganze mehrere Male. Als letztes erklärte er mir, wie die Prüfung ablaufen würde. Dazu sprach er laut die Komandos, die später aus dem Mund des Prüfers zu hören sein sollten. Nach jeden Komando betätigte er eine Klingel.
1. Komando: Lade die Waffe mit 5 Patrone, sichere und lege ab...Klingel
2. Komando: Nehme Waffe auf und fertigmachen zum feuern...Klingel
3. Komando: Eine Minute Zeit um 5 Schüsse abzufeuern...Klingel...und Bum, Bum, Bum, Bum und Bum.
Das Ganze haben wir trocken, d.h. mit unscharfer Munition mehrere Male durchexerziert. Er erinnerte mich ausdrücklich daran, dass der Finger den Abzug erst berühren darf, wenn das Komando Feur erteilt wird. Legte man seinen Finger schon vorher an den Abzug, sei man durchgefallen.
Dann bauten wir eine runde Pappscheibe in 15 m Entfernung auf, denn jetzt sollte scharf geschossen werden. Ich setzte eine Schutzbrille und den Schalldämpfer auf. Tacuja gab die Komandos, klingelte und ich ballerte fünfmal hintereinander drauflos. Der Ruckschlag haute mir kräftig in die Schulter und ich vergass das Atmen. So eine PumpGun Kaliber 12 ist eine gewaltige Sache. Ich hatte die Zielscheibe getroffen und hätte die Prüfung bestanden. Ich Hatte 31 Ringe erzielt, nur einen mehr als zum Bestehen notwendig. Das beruhigte mich nur wenig.
Um die Geschichte zuende zu bringen: Nach und nach trudelten die Prüflinge ein, als letzte zwei Offizielle von der PF, mit der ihnen gebührlichen 20 minütigen Verspätung. Einen kannte ich bereits; es war dieser Diogenes. Insgesamt waren 14 Prüflinge zusammengekommen. Die Pistolenschützen waren in der Überzahl, gefolgt von den Gewehrschützen. Schrotflintenkanidaten gab es nur zwei.
Alles lief genaus so ab, wie es Tacuja und ich durchgespielt hatten. Komandos und Klingel. Nur bleibt anzumerken, dass ich so nervous war, dass ich bereits nach dem vierten abgegebenen Schuss, die Waffe sicherte und ablegte. Senhor Diogenes machte mich darauf aufmerksam, dass noch ein Schuss fehlte. Also nahm ich die Waffe wieder auf entsicherte sie und lud sie, oh Gott!, nochmals durch, worauf die letzte im Lauf befindliche Patrone ausgeworfen wurde und zu meinen Füssen auf den Boden fiel. Daraufhin meinte er auf seine Armbanduhr blickend, dass ich noch 20 Sekunden Zeit hätte, um den letzten der fünf Schüsse abzugeben. Also schnell die Patrone aufheben, laden und ballern! Dann bat er mich noch, und so grosszügig können wieder nur Brasilianer sein, den Finger vom Abzug zunehmen, solange ich nicht das Ziel anvisierte. Genau in der 60zigsten Sekunde der zu Verfügung stehenden Minute krachte der letzte Schuss und traf sogar ins Ziel! Von den maximal 50 zu erzielenden Ringen, erreichte ich 34 und lag damit 4 über dem Minimum. Ich hatte bestanden! Im Gegensatz zu mir liessen aber einige Pistolenschützen den Kopf hängen; sie hatten die nötigen Ringe nicht erzielt.
Mittlerweile war es 4:00 Uhr Nachmittags und die Nervosität vergessen. Mein Magen knurrte vor Hunger. Einer der durchgefallen Pistolenschützen, eine älterer Herr, nahm mich mit seinem Auto zurück in die Stadt und liess mich am Amazonas-Shopping-Center raus. Dort drinnen gönnte ich mir zur Feuer des Tages seit langem mal wieder einen BigMac mit Pommes und Cola im einzigen McDonalds von Amazonien. War das ein Schmaus!
Die Schrotflinte bekam ich in der folgenden Woche; Marke CBC, Kaliber 16. Ich kaufte gleich eine paar fertige Patronen und Material um leeren Katuschen nachzuladen. Die 200rs Anzahlung wurden vom Kaufpreis abgezogen und der Chef des Waffenladens entschuldigte sich noch für die Umstände, die sein Bruder als falscher Verkäufer versuchte hatte. In jeder Familie gäbe es eine schwarzes Schaf, meinte er.
Das Resume des ungebetenen nächtlichen Besuchs:
Jetzt schlafe ich mit gespitzten Ohren und einem Schrotflinte an meiner Seite, aber bei immer noch geöffneten Fenstern und Türen. Wahrscheinlich werde ich auch wieder einen Hund anschaffen. Die treuen Begleiter sind die besten Bewacher. Sie wissen immer als Erste, wann sich Fremde nähern. Von Gänsen als Alarmgeber habe ich Abstand genommen, da ich die Erfahrungen, die die verückte deutsche Arztwitwe Gitta mit ihren machten musste, nicht wiederholen möchte. Ihre Gänse wurden von den Kaimanen aufgefressen.
Das war's für diesemal. Macht's gut! mfg Heinz
lg Shotgun