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Verwaltungsverfahrensgesetz bei Waffenangelegenheiten

Was ist erlaubt, was ist verboten und wie kommt man eigentlich zu einer WBK?
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burggraben
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Verwaltungsverfahrensgesetz bei Waffenangelegenheiten

Beitrag von burggraben » Di 10. Apr 2018, 11:23

Ohne konkreten Anlassfall habe ich mir jetzt mal das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz durchgelesen um über das Prozedere besser informiert zu sein, falls ich das mal brauchen sollte. Auf dieses Gesetz wird hier ja immer wieder mal hingewiesen und es scheint allen Anträgen an die Behörde bei Waffenangelegenheiten (und auch anderen Dingen die man von Behörden so braucht) zu Grunde zu liegen. Es gibt hier natürlich unzählige Details, aber der wesentlichste Berührungspunkt den man als Bürger mit diesem Gesetz zu haben scheint ist gleichzeitig auch eines der wesentlichsten Rechte die einem aus diesem Gesetz erwachsen: Die Akteneinsicht und das daran anknüpfende Parteiengehör. Dieses Parteiengehör steht am Ende des Ermittlungsverfahrens von Behörden, welches zur Tatsachenfeststellung dient. Es scheint dabei nicht um rechtliche Dinge zu gehen sondern darum dass man die Gelegenheit bekommt zu den ermittelten Tatsachen Stellung zu nehmen und zu einem Gutachten der Behörde zB mit einen privaten Gegengutachten zu antworten. Dieses Parteiengehör ist verpflichtend zu gewähren (§ 45 Abs 3 AVG).

Der Ablauf sollte also grob so ausschauen: Antrag -> Ermittlungsverfahren (a.k.a. Beweisaufnahme) -> Verständigung vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens -> Akteneinsicht -> Parteiengehör -> Bescheid

Mich würde jetzt interessieren wie das in der Praxis bei den verschiedenen Arten von Anträgen ausschaut und auch ob das bundesweit eher einheitlich oder von Behörde zu Behörde eher unterschiedlich gehandhabt wird.

Mich interessieren 6 der üblichsten Vorgänge:

  • WBK
  • WP
  • Zubehör
  • Erweiterung
  • Ausnahmebewilligung für Kat A
  • Entzug der waffenrechtlichen Dokumente
WBK
Die WBK wird in der Regel ja recht zügig ausgestellt und es kommt auch nicht zu einem Parteiengehör. Wieso? Kommt es in diesem Fall gar nicht zu einem Ermittlungsverfahren? Ist das Parteiengehör nur verpflichtend bei erwartetem negativen Ausgang? Bei diesem Fall hier mit Problemen bei der WBK wirds dann zB doch wieder ein Parteiengehör gegeben haben müssen.

WP
Hier würden mich die Erfahrungen der Leute im Forum interessieren. Bei den üblichen WP Anträgen mit negativem Ausgang wird es zum Parteiengehör kommen. Die Einladung zum Parteiengehör bzw. das Ergebnis der Beweisaufnahme scheint manchmal schon die Ablehnungsgründe zu beinhalten, zb hier, bei anderen Fällen ist es eine neutrale Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme und man muss sich die Infos per Akteneinsicht holen.
Kommt es auch bei positiven Fällen zum Parteiengehör? Theoretisch steht das ja immer am Ende jedes Ermittlungsverfahrens, egals ob die gesammelten Beweise den Antrag unterstützen oder nicht. Gibts beim positiven Standardfall Polizist überhaupt noch ein Ermittlungsverfahren und Parteiengehör?

Zubehör
Bei dieser Art von Antrag habe ich noch nie von negativen Bescheiden oder Parteiengehören gehört. Bedeuted das es gibt hier gar kein Ermittlungsverfahren wenn Zubehöreintrag auf WBK vorhanden?

Erweiterung
Das scheint eher sehr unterschiedlich gehandhabt zu werden. Auch hier würden mich die Erfahrungen der Forumsteilnehmer interessieren.

Ausnahmebewilligung für Kat A
Laut einem Bericht hier scheint es Standard zu sein dass es auch bei positivem Ausgang zu einem Parteiengehör kommt. Bei negativen vermutlich sowieso. Es wird also immer ein Ermittlungsverfahren anstehen.

Entzug der waffenrechtlichen Dokumente
Hier wird es wohl immer zum Parteiengehör kommen.

JPS1
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Re: Verwaltungsverfahrensgesetz bei Waffenangelegenheiten

Beitrag von JPS1 » Di 10. Apr 2018, 22:30

Noch ein paar Grundzüge die vielleicht das ein oder andere klären/berichtigen:

Akteneinsicht ist an kein bestimmtes Verfahrensstadium gebunden.

Parteiengehör betrifft, wie du richtig vermutest, nur Tatsachen/Beweisergebnisse, nicht Würdigung derselben/rechtliche Beurteilungen/Beabsichtigte Entscheidung, gibts auch zahlreiche VwGH Sprücherl dazu. Gerade das ist aber der wesentlich interessantere Teil, den man erst im (teil-)abweisenden Bescheid erfährt (-en muss).

Die Mitteilung der beabsichtigten abweisenden Entscheidung ist hauptsächlich dafür da, dass du ergänzen/einschränken/zurückziehen kannst und sich die Behörde die voll zu begründende Abweisung evtl. spart.
Keine Entscheidung ist mitunter besser als eine Abweisende (ohne Entscheidung kannst du genau das gleiche nochmal beantragen, wenn du magst)

Es gibt auch noch:
§45(1) AVG - offenkundige (amtsbekannte) Tatsachen bedürfen keines Beweises. Eine Widerlegung ist aber möglich.
§56 AVG - von vornherein klarer Sachverhalt braucht kein Ermittlungsverfahren
§58(2) AVG - voll stattgebender Bescheid bedarf keiner Begründung

VwGH sinngemäß:
irrelevante (=bei korrektem Verfahren kein anderes Ergebnis herbeiführende) Verfahrensmängel führen zu keiner Rechtswidrigkeit des Bescheids.

Und bloß "aus Prinzip" eingebrachte Rechtsmittel sind nicht zulässig - zB kein Rechtsschutzinteresse bei voller Stattgabe. (VwGH)

WBK Beispiele:
Unterbleibt das Gehör und es wird dem WBK Antrag voll stattgegeben wird (& kann) kein Rechtsmittel erhoben werden. Und der Beamte spart sich den "Kundenkontakt", win-win!
Beim Amtsarzt Beispiel war das Ermittlungsverfahren noch nicht beendet, wie ich das verstanden habe, - zum Gutachten wird er dann dann Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten haben (=Gehör).

Zubehör:
von der Grundwaffe wissen sie schon, von der WBK auch, gesonderte Rechtfertigung ist nicht nötig... da bedarf es wohl keiner großartigen Beweisaufnahmen außerhalb des Antrags und der Akten.

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burggraben
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Re: Verwaltungsverfahrensgesetz bei Waffenangelegenheiten

Beitrag von burggraben » Di 10. Apr 2018, 23:18

Danke, tolle Informationen, das klärt schonmal einiges auf, zB wieso es bei den Standard-positiv-Fällen nicht zum Parteiengehör kommt. Was aber nicht bedeuted dass ein Parteiengehör automatisch mit einem negativen Ausgang verbunden ist, insbesondere nicht bei komplexeren Fällen mit langwieriger Beweisaufnahme. Zumindest scheint das nicht der Fall gewesen zu sein bei den verlinkten KatA Ausnahmegenehmigungen.

Die Mitteilung der beabsichtigten abweisenden Entscheidung welche du erwähnt hast ist aber nicht gesetzlich normiert oder? Klingt von deiner Beschreibung her nach gelebter Behördenpraxis um sich die Arbeit zu Ersparen den komplexeren Bescheid zu erstellen. Der Punkt dass auch für den Antragsteller keine Entscheidung besser sein kann als ein negativer Bescheid ist interessant. Bei unveränderter Gesetzeslage leuchtet es mir ein das man nicht das Gleiche einreichen kann (ohne dass die Behörde sagen muss dass sie die Sache schon entschieden hat). Bei veränderter Gesetzeslage oder verändertem Sachverhalt wird das dann aber nicht mehr gelten?

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Re: Verwaltungsverfahrensgesetz bei Waffenangelegenheiten

Beitrag von JPS1 » Mi 11. Apr 2018, 09:43

Bitte, gern. Genau so ist es. Kann wirklich auch nur heißen, dass es der SB aus dem Sachverhalt allein noch nicht sagen kann (oder vielleicht der Jurist und nicht er in der Sache entscheiden wird).
Weiß nicht, ob die Kat.A aus 2006 generell ein gutes Beispiel sind... ist doch viel Wasser die Donau runtergeflossen seitdem!

Die Mitteilung ist nur "Behördenbrauch" so weit ich weiß. Beamte und Richter wollen (wie eigentlich jeder) nicht mehr Arbeit machen, als für eine einfache & sichere (=in der Instanz haltende) Erledigung unbedingt notwendig ist.
Beim Waffenrecht ist der Grundsatz aber leider nicht immer haltbar, es ist doch oft Politik im Spiel.

Und auch im letzten Satz hast du ein gutes Gespür. Der Begriff dafür ist "res iudicata" oder "die entschiedene Sache". Bei Änderung der Rechtslage oder des Sachverhalts würde das nicht im Weg stehen. § 68 (1) AVG ist der § dafür (sagt allein nicht viel).

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Re: Verwaltungsverfahrensgesetz bei Waffenangelegenheiten

Beitrag von burggraben » Mi 11. Apr 2018, 21:09

Ich habe im Baurecht mal folgendes von einem Anwalt gehört: Bei negativen Bescheid kann man eine Beschwerde einbringen und dann den ursprünglichen Antrag gleich wieder zurückziehen. Dann wäre in der Sache noch nicht entschieden und man könnte das gleiche nochmal einreichen.
Müsste dann eigentlich im Waffenrecht auch gelten?

Edit: Nicht die Beschwerde wird zurückgezogen sondern die Beschwerde eingereicht und der Erstantrag zurückgezogen.

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Re: Verwaltungsverfahrensgesetz bei Waffenangelegenheiten

Beitrag von Robiwan » Do 12. Apr 2018, 10:29

burggraben hat geschrieben:Ich habe im Baurecht mal folgendes von einem Anwalt gehört: Bei negativen Bescheid kann man eine Beschwerde einbringen und dann den ursprünglichen Antrag gleich wieder zurückziehen. Dann wäre in der Sache noch nicht entschieden und man könnte das gleiche nochmal einreichen.
Müsste dann eigentlich im Waffenrecht auch gelten?

Edit: Nicht die Beschwerde wird zurückgezogen sondern die Beschwerde eingereicht und der Erstantrag zurückgezogen.


Läuft beim Lohnsteuerausgleich ähnlich. Hatte vergessen Ausbildungskosten anzugeben. Dazu musste ich aber erst den (positiven) Erstbescheid abwarten, beeinspruchen und dann den Antrag neu einreichen.
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