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LVwG Urteil neue Hürden WBK

Was ist erlaubt, was ist verboten und wie kommt man eigentlich zu einer WBK?
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Re: LVwG Urteil neue Hürden WBK

Beitrag von bino71 » Sa 18. Aug 2018, 15:02

Jetzt übertreibst.
Erinnert Euch an gemeinsame Verwahrung Eheleute, wo es einer BH absolut wurscht war, daß es ein Urteil gibt.

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Maddin
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Re: urteil neue Hürden WBK

Beitrag von Maddin » Mo 20. Aug 2018, 17:28

burggraben hat geschrieben:
Ase LOKI hat geschrieben:Das Urteil wurde im Land Salzburg gefällt. In der Steiermark müßte das den BHs am Arsch vorbei gehen.... :mrgreen:


Theoretisch sollte ein Bundesgesetz natürlich eines bundesweit einheitlichen Vollzug haben. Das manche BH das so sehen wie von dir beschrieben hab ich auch schon mitbekommen, verstanden hab ich es aber nicht.


Theoretisch ja... Das Waffengesetz wird aber nachwievor in mittelbarer Bundesverwaltung und somit durch die einzelnen Länder und nicht von einer einheitlichen bundesweit agierenden "Waffenbehörde" vollzogen, womit es in der Natur der Sache liegt, dass bei neun Bundesländern die ein oder andere Abweichung beim Vollzug aufkommt.

Gäbe es eine einheitlich agierende Waffenbehörde (wie zB. das Bundesdenkmalschutzamt) dann wäre ohnehin nur Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht offen. Dann hätte man seinen österreichweit einheitlichen Vollzug.

Trotzdem verstehe ich nicht wo das jetzt ein höchstinstanzliches Urteil sein soll. Wenn die (ordentliche) Revision an den VwGH ausgeschlossen wurde, dann steht immer noch die außerordentliche Revision offen. Bei grundrechtlichen Fragen auch immer die Erkenntnisbeschwerde an den VfGH.


EDIT: Die Ausführungen des Gerichts zur "Selbstverteidigung" verstehe ich nicht. Offenbar kann man aber die Glaubhaftmachung tatsächlich auch durch das Erbringen von Beweisen verlangen !? Der Rechtsanspruch darauf wackelt schon ein wenig wenn ich mir das Erkenntnis und die Interpretation des Gerichts durchlese. Ob das im Sinne des Gesetzes ist, sollen andere beurteilen...

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Re: urteil neue Hürden WBK

Beitrag von burggraben » Mo 20. Aug 2018, 17:36

Maddin hat geschrieben:Theoretisch ja... Das Waffengesetz wird aber nachwievor in mittelbarer Bundesverwaltung und somit durch die einzelnen Länder und nicht von einer einheitlichen bundesweit agierenden "Waffenbehörde" vollzogen, womit es in der Natur der Sache liegt, dass bei neun Bundesländern die ein oder andere Abweichung beim Vollzug aufkommt.

Gäbe es eine einheitlich agierende Waffenbehörde (wie zB. das Bundesdenkmalschutzamt) dann wäre ohnehin nur Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht offen. Dann hätte man seinen österreichweit einheitlichen Vollzug.

Dass es praktisch zu einem unterschiedlichen Vollzug zwischen den Ländern kommt ist klar. Es soll ja gar nicht so selten vorkommen dass es einen unterschiedlichem Vollzug zwischen einzelnen Bezirken im gleichen Bundesland gibt.

Meine Frage war eher Frage ob es rechtlich irgendeinen Grund gibt wieso ein NÖ Behörde sich nur an Erkentnissen von NÖ-LVwG und dem VwGH orientieren soll? Anders gefragt wieso sollte sich eine NÖ Behörde nicht an einem Erkenntnis vom LVwG Wien orientieren können wenn es ein Bundesgesetz betrifft?

Maddin hat geschrieben:Trotzdem verstehe ich nicht wo das jetzt ein höchstinstanzliches Urteil sein soll. Wenn die (ordentliche) Revision an den VwGH ausgeschlossen wurde, dann steht immer noch die außerordentliche Revision offen. Bei grundrechtlichen Fragen auch immer die Erkenntnisbeschwerde an den VfGH.

Geht mir auch so.

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Re: urteil neue Hürden WBK

Beitrag von Maddin » Mo 20. Aug 2018, 17:49

burggraben hat geschrieben:
Maddin hat geschrieben:Theoretisch ja... Das Waffengesetz wird aber nachwievor in mittelbarer Bundesverwaltung und somit durch die einzelnen Länder und nicht von einer einheitlichen bundesweit agierenden "Waffenbehörde" vollzogen, womit es in der Natur der Sache liegt, dass bei neun Bundesländern die ein oder andere Abweichung beim Vollzug aufkommt.

Gäbe es eine einheitlich agierende Waffenbehörde (wie zB. das Bundesdenkmalschutzamt) dann wäre ohnehin nur Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht offen. Dann hätte man seinen österreichweit einheitlichen Vollzug.

Dass es praktisch zu einem unterschiedlichen Vollzug zwischen den Ländern kommt ist klar. Es soll ja gar nicht so selten vorkommen dass es einen unterschiedlichem Vollzug zwischen einzelnen Bezirken im gleichen Bundesland gibt.

Meine Frage war eher Frage ob es rechtlich irgendeinen Grund gibt wieso ein NÖ Behörde sich nur an Erkentnissen von NÖ-LVwG und dem VwGH orientieren soll? Anders gefragt wieso sollte sich eine NÖ Behörde nicht an einem Erkenntnis vom LVwG Wien orientieren können wenn es ein Bundesgesetz betrifft?


Weil in der mittelbaren Bundesverwaltung der Landeshauptmann zwischengeschalten ist und unter ihm die einzelnen Bezirkshauptmänner. Deshalb auch der teilweise unterschiedliche Vollzug von BH zu BH.



Um deine letzte Frage zu beantworten muss man sich den behördlichen und gerichtlichen Aufbau vor Augen halten.

Seit 2014 sieht der vereinfacht dargestellt so aus.

BH---> Verwaltungsgericht--->Höchstgericht

Ein Bescheid der Behörde kann immer nur beim zuständichen Landesverwaltungsgericht bekämpft werden. Also im jeweiligen Bundesland wo die Behörde ihren Sitz hat. Wenn man Beschwerde gegen den Bescheid der BH Graz-Umgebung erhebt ist das LVwG Steiermark örtlich zuständig. Dieses kann den Bescheid aufheben und der BH auftragen einen neuen Bescheid zu erlassen, oder den Bescheid bestätigen (manchmal entscheiden sie auch meritorisch in der Sache selbst, zB. im Verwaltungsstrafrecht).

Erhebt man gegen das Erkenntis des LVwG Steiermark eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision, ist der VwGH zuständig. Dieser kann das Erkentnnis des LVwG Steiermark aufheben und dem Verwaltungsgericht eine neue Entscheidung auftragen. Am Ende muss die Entscheidung aber wieder durch die Verwaltungsbehörde durchgeführt werden.

Das ist der Grund wieso sich die Verwaltungbehörden immer an die Gerichte des eigenen Bundeslands richten. Das Verwaltungsgericht Wien hätte gar keine Befugnisse in der Stmk irgendwelche waffenrechtlichen Entscheidungen zu fällen und seine Rechtsansicht ist dort bedeutungslos. Außer es wird wegen einer Zuständigkeitsverschiebung zuständig gemacht.

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Re: LVwG Urteil neue Hürden WBK

Beitrag von Maddin » Mo 20. Aug 2018, 18:12

Ich habe jetzt nochmal die entscheidenden Stellen des Urteils herausgesucht.





Doch selbst wenn man diese Auffassung nicht teilte und den Beschwerdeführer als verlässlich erachtete, könnte dem Rechtsmittel kein Erfolg beschieden sein:



Der Rechtsmittelwerber bringt einerseits vor, er würde sich seine beruflichen Aufstiegschancen verbessern. Er hat damit ganz offensichtlich den letzten Halbsatz des § 21 Abs 1 WaffG vor Augen, wonach verlässlichen Personen eine Waffenbesitzkarte auszustellen ist, wenn sie den Nachweis erbringen, dass der Besitz einer solchen Waffe für die Ausübung ihres Berufes erforderlich ist. Gerade diesen Nachweis hat der Beschwerdeführer nicht ansatzweise erbracht, zumal er ja selbst angab, dass er keine konkrete berufliche Veränderung vor Augen habe, sondern sich nur ganz allgemein Aufstiegschancen in seiner dienstgebenden Firma - sei es in Wien oder in Salzburg - sichern wolle. Damit ist ihm aber der Nachweis im Sinne des § 21 Abs 1 WaffG nicht gelungen.



Weiter stützt sich der Beschwerdeführer auf seine Absicht, einem nicht näher bezeichneten Schützenverein beitreten zu wollen. Auch darin ist keine Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Waffenbesitzkarte für die beantragten zwei Schusswaffen zu erblicken; insbesondere lässt doch § 14 WaffG die Benützung von Schusswaffen auf behördlich genehmigten Schießstätten auch ohne Innehabung einer Waffenbesitzkarte zu.




Schließlich argumentiert der Beschwerdeführer, er wolle die Waffe „als Schutz für seine vier Wände für Leib und Leben“.



Das Gesetz fordert dafür eine Glaubhaftmachung des Bedarfs im Sinne des § 22 Abs 1 leg cit. Diese ist dem Beschwerdeführer nicht gelungen:

Einerseits ist diese Argumentationslinie nur eine von drei und hat der Beschwerdeführer deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es ihm beim Erwerb einer Waffenbesitzkarte vor allem darum geht, seine „Vertrauenswürdigkeit“ bei seinem Dienstgeber zu erhöhen und sich seine Aufstiegschancen zu sichern, sodass die weiteren Argumente, also auch jenes der Selbstverteidigung, als „vorgeschoben“ erachtet werden müssen. Abgesehen davon ist es aber auch nicht glaubwürdig, wenn jemand wie der Beschwerdeführer, auch wenn er angibt, „sozusagen am Waldesrand“ zu leben, sich auf dem Boden der Tatsache, dass er in einem Objekt wohnt, von dem zwar das nächste Objekt 100 m entfernt ist, in dem aber drei weitere Mietparteien wohnen, zwei Firmen sowie ein VV-Studio angesiedelt sind, er noch niemals bedroht worden ist und es auch noch nie einen Einbruch gab, mit einer Waffe selbst verteidigen will. Auch wenn der Gesetzgeber für die Glaubhaftmachung im Sinne des § 22 Abs 1 WaffG keine besonderen Kriterien fordert, so hat der Beschwerdeführer mit den von ihm dargelegten Argumenten nicht einmal das Mindestmaß an Überzeugung des Gerichts erzielt, das den Rückschluss zuließe, dass der Beschwerdeführer tatsächlich die Absicht habe, sich in seiner Wohnung in AE selbst zu verteidigen.



Dies bedeutet zusammengefasst, dass selbst bei unterstellter Verlässlichkeit im Sinne des § 8 Abs 1 Z 1 WaffG die Waffenbesitzkarte mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 21 Abs 1 iVm § 22 Abs 1 WaffG nicht auszustellen wäre, weswegen dem Rechtsmittel der Erfolg versagt bleiben musste.






Tut mir leid, diese Urteilsfindung ist mir völlig schleierhaft.

Ich brauche als Sportschütze also keine WBK, weil mit Vereinswaffen bzw. Leihwaffen auf öffentlichen Schießständen geht es auch ? Aja...

Das ist für mich sogar die interessanteste Interpretation !

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Re: urteil neue Hürden WBK

Beitrag von Maddin » Mo 20. Aug 2018, 18:30

cas81 hat geschrieben:
Musashi hat geschrieben: ... für die Glaubhaftmachung im Sinne des § 22 Abs 1 WaffG keine besonderen Kriterien fordert, so hat der Beschwerdeführer mit den von ihm dargelegten Argumenten nicht einmal das Mindestmaß an Überzeugung des Gerichts erzielt, das den Rückschluss zuließe, dass der Beschwerdeführer tatsächlich die Absicht habe, sich in seiner Wohnung in AE selbst zu verteidigen.

Nur um grundsätzlich mal zu erfassen, worum es amS überhaupt wirklich geht:

22 WaffG spricht zunächst vom Glaubhaftmachen des Willens. Der Wille bezieht sich darauf, dass jemand die Waffe zur Verteidigung bereithalten möchte. Der (nicht eindeutige, s.u.) Wille muss ggf interpretiert werden und dann braucht's ggf eine Glaubhaftmachung iSe Beweisführung, um das bereits bestehende Misstrauen zu beseitigen.

Der Beschwerdeführer hat genau DIESEN Willen eben nicht glaubhaft geäussert, indem er zunächst einen ANDEREN Willen geäussert hat: er möchte dem Arbeitgeber "gefallen". Das stützt er auf den letzten Satz von 21 WaffG, allerdings mithilfe eines nicht konkretisierten Arbeitgebers, überspitzt: "naja, wenn ich mal Leibwächter werden sollte, vielleich hier, vielleicht dort, dann...". Danach kommt er mit Sportschießen an und kann den Verein nicht konkretisieren. Das Gericht ist dann zu dem Schluss gekommen, dass er seinen Willen bezüglich Heimverteidigung bloss vorgeschoben hat, quasi als "Heilung". Ergo: unter Berücksichtigung aller Umstände schwindelt der Typ womöglich und will nur auf Biegen und Brechen SCHNELL (5 Urgenzen) eine WBK. Freie Beweiswürdigung. Und das hat nichts mit Ermessen beim Erstantrag zu tun.

Das setzt dem ganzen Rest, der bereits massiv an seiner Verlässlichkeit rütteln lässt, nur das Sahnehäubchen auf, macht das Erkenntnis also Wasserdicht.

Die diesem Fall zugrundegelegte Herangehensweise ist amS nicht wirklich sonderbar und (auch) die (relative) Verlässlichkeit setzt sich aus mehreren Kriterien zusammen. In diesem Fall hat das Gericht quasi das Sahnehäubchen begründet, indem es ihm die Ernsthaftigkeit seiner Erklärung abspricht, ihm seinen Willen also nicht abkauft, den er aber AUFGRUND ALL DIESER UMSTÄNDE mittels Beweisen iSv von guten Begründungen glaubhaft machen hätte müssen. Dass sich ein generelles "Ermessen" in den 21 iVm 22 WaffG interpretieren lässt, kann ich aber beim besten Willen nicht erkennen. Vielmehr wollte das Gericht einem vermeintlichen Vollarsch auf keinen Fall eine WBK geben und hat hierfür auch etwaige Schlupflöcher gestopft, die Munition hierfür hat der Beschwerdeführer laufend selbst geliefert. Bzw wenn das irgendeine Behörde doch als Ermessen beim Erstantrag verstehen sollte, ohne dass berechtigte Zweifel an der Verlässlichkeit bestehen (wie es gegenständlich der Fall war) und ohne dass man sich auffällig verhält (auch das war der Fall), dann wär's rechtswidrig und der ganze Mist mit Höchstgerichten ginge los. Ich finde zwar auch, dass man sich diese Begründung besser gespart hätte, aber bitte.

Wenn man also eine WBK beantragt und einfach sagt, dass man sich notfalls daheim zur Wehr setzen können will (und kein vermeintlicher Vollarsch war und ist), dann führt zumindest die gegenständliche Begründung des Sahnehäubchen ins Leere und genau darum geht's in dem Thread ja. Von einer generellen Verschärfung o.dgl. kann zu diesem Zeitpunkt und nur aufgrund dieses Sahnehäubchens nicht gesprochen werden.

Mir macht das Erkenntnis derzeit keine Kopfschmerzen, da das Gesetz amS nicht neu interpretiert wird. Hoffentlich bleibt es so.

Der moralische Aspekt dahinter, dass einem innerhalb vernünftiger Grenzen vorgeschrieben wird, warum man etwas zu wollen hat, ist mMn eh schon fragwürdig genug. Aber andere Baustelle.


Nur eine blöde Frage.

Wenn er angegeben hätte, dass er seine Waffe daheim für die SV bereit halten möchte wäre der Bescheid/Erkenntnis in dieser Hinsicht positiv ausgefallen (Wenn man die Verlässlichkeit ausklammert) ?

Jemand wird also bestraft weil er mehr Argumente vorbringt, als es die "lasche" Glaubhaftmachung vom Gesetzgeber verlangt ? Das ist mir wenig einleuchtend. Die Selbstverteidigung ist der "leichteste" Weg um in Österreich an eine WBK zu kommen. Welche Gründe sollte man anführen, wenn nicht diesen ? Und wie kommt das Gericht zur Ansicht, dass die anderen Gründe vorgeschoben sind ? Bessere Berufsaussichten, Sportschießen etc. schließt die Selbstverteidigung zuhause nicht aus. Das sind nach § 22 völlig getrennt zu beurteilende Bedürfnisse. Das eine schließt das andere nicht aus. Darum verstehe ich nicht wo der Wille "vorgeschoben"sein soll...

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Re: LVwG Urteil neue Hürden WBK

Beitrag von cas81 » Mo 20. Aug 2018, 18:41

Die Verlässlichkeit ist eben nicht auszuklammern und wohl der Knackpunkt, die Ursache für die fadenscheinigen Begründungen. Dass der Wille die Waffe zur SV zu nutzen vorgeschoben wurde, sage ausserdem nicht ich, das sagt das Gericht. Ich hab meine Sicht inklusive Begründung aber eh schon ausführlich dargelegt, auch in den Folgepostings und möchte das bitte nicht nochmal von vorne durchkauen. Sei es wie es sei. Ich glaube, jeder kann sich denken, was wirklich Sache ist und auch, dass dem Schutzzweck des WaffG Genüge getan wurde.
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Re: LVwG Urteil neue Hürden WBK

Beitrag von Maddin » Mo 20. Aug 2018, 19:03

cas81 hat geschrieben:Die Verlässlichkeit ist eben nicht auszuklammern und wohl der Knackpunkt, die Ursache für die fadenscheinigen Begründungen. Dass der Wille die Waffe zur SV zu nutzen vorgeschoben wurde, sage ausserdem nicht ich, das sagt das Gericht. Ich hab meine Sicht inklusive Begründung aber eh schon ausführlich dargelegt, auch in den Folgepostings und möchte das bitte nicht nochmal von vorne durchkauen. Sei es wie es sei. Ich glaube, jeder kann sich denken, was wirklich Sache ist und auch, dass dem Schutzzweck des WaffG Genüge getan wurde.


Kann dich verstehen. Wollte das natürlich nicht alles nochmal durchkauen, sondern eben eh nur auf die "überschießende" Antragstellung eingehen. MMn wird er hier (zumindest im Erkenntnis) für eine "Mehrleistung" bestraft. Er hat mehrere Gründe angegeben. Alle Gründe wurden ihm versagt. Die Berufsaussicht und das Sportschießen mangels Rechtsanspruch darauf ("Sportschießen kann man auch ohne WBK auf behördlich genehmigten Schießstätten") und die Selbstverteidigung weil er angeblich in "nicht gefährdetem" Umfeld wohnt.

Vielleicht wollte das Gericht tatsächlich ein wasserfestes Erkenntnis haben, aber es schießt dabei wie ich finde deutlich über das eigentliche Ziel hinaus...


Es wäre sehr spannend zu wissen ob er dagegen Revision eingelegt hat.

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Re: LVwG Urteil neue Hürden WBK

Beitrag von cas81 » Mo 20. Aug 2018, 19:24

Rein von der Subsumtion her überschießend, eh. Zumindest aus unserer Sicht, wir kennen ja nur die "Zusammenfassung". Sobald man aber den Schutzzweck beachtet und sich das Ergebnis natürlich auch daran orientiert, dann wird's plötzlich komplizierter. Schutzzweck des WaffG ist: keine bewaffneten Idioten. Dann müsste man in diesem Fall aber von einer echten Lücke ausgehen, da wird's dann interessant und ggf gefährlich:

https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe? ... 0121017X03

Allerdings haben sie ihm ja die Glaubwürdigkeit abgesprochen, damit den Willen bezüglich SV und Sport. Also no panic.

Ich glaub trotzdem nicht, dass der Fall vor einem Höchstgericht hält, SOFERN die "Zusammenfassung" alles Relevante enthält.
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Re: LVwG Urteil neue Hürden WBK

Beitrag von meshuggah » So 2. Sep 2018, 21:15

Es ist völlig irrelevant in welchem Land das entschieden wurde, Urteile gelten für einen bestimmten Adressaten und für einen bestimmten Sachverhalt. Wenn nicht noch einmal derselbe Antragsteller mit demselben Anliegen daherkommt findet dieses Urteil keine "Verwendung" mehr. Sprich, für einen anderen Antragsteller ändert sich nichts weil er eine andere Person ist.

Gesetze auslegen/Regelungslücken schließen (was hier beides nicht der Fall ist) kann ein LVwG in diesem Fall nämlich nicht.

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Re: LVwG Urteil neue Hürden WBK

Beitrag von burggraben » Mo 3. Sep 2018, 09:49

meshuggah hat geschrieben:Es ist völlig irrelevant in welchem Land das entschieden wurde, Urteile gelten für einen bestimmten Adressaten und für einen bestimmten Sachverhalt. Wenn nicht noch einmal derselbe Antragsteller mit demselben Anliegen daherkommt findet dieses Urteil keine "Verwendung" mehr. Sprich, für einen anderen Antragsteller ändert sich nichts weil er eine andere Person ist.

Gesetze auslegen/Regelungslücken schließen (was hier beides nicht der Fall ist) kann ein LVwG in diesem Fall nämlich nicht.

Nur theoretisch nicht oder praktisch auch nicht? Es soll ja einige BHs geben die sich unter anderem auch an LVwG Entscheidungen orientieren.
Was ist mit dem VwGH, kann der Gesetze auslegen/Regelungslücken schließen? In welchem Gesetz ist geregelt dass nur der VwGH und nicht dder LVwG das kann? Wenn ein LVwG über eine Regelungslücke entscheiden muss und dann niemand das Erkenntnis beeinsprucht, dann steht das Erkenntnis erstmal - wieso sollte sich eine Behörde nicht daran orientieren? Was ich bis jetzt hier gelesen habe ist das eher gelebte Praxis als genau geregelt.

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Re: LVwG Urteil neue Hürden WBK

Beitrag von Maddin » Mo 3. Sep 2018, 10:23

burggraben hat geschrieben:
meshuggah hat geschrieben:Es ist völlig irrelevant in welchem Land das entschieden wurde, Urteile gelten für einen bestimmten Adressaten und für einen bestimmten Sachverhalt. Wenn nicht noch einmal derselbe Antragsteller mit demselben Anliegen daherkommt findet dieses Urteil keine "Verwendung" mehr. Sprich, für einen anderen Antragsteller ändert sich nichts weil er eine andere Person ist.

Gesetze auslegen/Regelungslücken schließen (was hier beides nicht der Fall ist) kann ein LVwG in diesem Fall nämlich nicht.

Nur theoretisch nicht oder praktisch auch nicht? Es soll ja einige BHs geben die sich unter anderem auch an LVwG Entscheidungen orientieren.
Was ist mit dem VwGH, kann der Gesetze auslegen/Regelungslücken schließen? In welchem Gesetz ist geregelt dass nur der VwGH und nicht dder LVwG das kann? Wenn ein LVwG über eine Regelungslücke entscheiden muss und dann niemand das Erkenntnis beeinsprucht, dann steht das Erkenntnis erstmal - wieso sollte sich eine Behörde nicht daran orientieren? Was ich bis jetzt hier gelesen habe ist das eher gelebte Praxis als genau geregelt.


Ganz grundsätzlich gesagt gibt es kein Richterrecht nach den Vorstellungen unseres Rechtssystems.

§12 ABGB: Die in einzelnen Fällen ergangenen Verfügungen und die von Richterstühlen in besonderen Rechtsstreitigkeiten gefällten Urtheile haben nie die Kraft eines Gesetzes, sie können auf andere Fälle oder auf andere Personen nicht ausgedehnet werden.


Die Rechtspraxis sieht aber anders aus und ist mittlerweile auch allgemein anerkannt. Und da geht es bei weitem nicht mehr "nur" um Rechtslücken, sondern teilweise auch um Verdrehungen eines ganzen Wortlauts oder Interpretationen für die sich kein Anhaltspunkt im Gesetz findet etc. VfGH, VwGH und OGH sind unsere drei Höchstgerichte und machen davon häufig gebrauch. Hintergedanke ist das Schließen von Rechtslücken. Warum glaubt ihr gibt es unzählige Lehrmeinungen und Kritik aus der Lehre an der Rechtsprechung ( und umgekehrt) ?

Stehen tut das nirgendwo explizit. Im B-VG findet man aber stellenweise Anhaltspunkte dafür.

zB.:

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.



Gesetze interpretieren, auslegen usw. kann ein Verwaltungsgericht schon. Nennt sich halt richterliche Unabhängigkeit. Es ist halt die Frage ob das Urteil in der oberen Instanz hält. Viele höchstgerichtliche Rechtsprechungslinien des OGH, VfGH und VwGH sind überhaupt erst durch die Rechtsansichten der untergeordneten Gerichte entstanden.

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Re: LVwG Urteil neue Hürden WBK

Beitrag von Maddin » Mo 3. Sep 2018, 10:37

meshuggah hat geschrieben:Es ist völlig irrelevant in welchem Land das entschieden wurde, Urteile gelten für einen bestimmten Adressaten und für einen bestimmten Sachverhalt. Wenn nicht noch einmal derselbe Antragsteller mit demselben Anliegen daherkommt findet dieses Urteil keine "Verwendung" mehr. Sprich, für einen anderen Antragsteller ändert sich nichts weil er eine andere Person ist.

Gesetze auslegen/Regelungslücken schließen (was hier beides nicht der Fall ist) kann ein LVwG in diesem Fall nämlich nicht.



Theoretisch richtig. Praktisch naja...

Ich meine man muss sich nur mal anschauen wieviele gerichtliche Entscheidungen in ihrer Entscheidung selbst auf die Rechtssprechung anderer Gerichte und Fälle verweisen und diese Rechtansicht ihrer eigenen Entscheidung dann auch zugrunde legen. Wenn das vor den Höchstgerichten hält hast du schnell mal eine österreichweite Wirkung.

Denkt an Deutschland und das Jagdgesetz mit den Halbautomaten. Da hat auch nur eine Korrektur des Gesetzgebers geholfen um eine Rechtsprechung zu beseitigen, weil sich die Behörden aufgrund eines Urteils nicht mehr getraut haben den Jägern Erlaubnisse für HA auszustellen.

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Re: LVwG Urteil neue Hürden WBK

Beitrag von meshuggah » Mo 3. Sep 2018, 13:05

Maddin hat geschrieben:
meshuggah hat geschrieben:Es ist völlig irrelevant in welchem Land das entschieden wurde, Urteile gelten für einen bestimmten Adressaten und für einen bestimmten Sachverhalt. Wenn nicht noch einmal derselbe Antragsteller mit demselben Anliegen daherkommt findet dieses Urteil keine "Verwendung" mehr. Sprich, für einen anderen Antragsteller ändert sich nichts weil er eine andere Person ist.

Gesetze auslegen/Regelungslücken schließen (was hier beides nicht der Fall ist) kann ein LVwG in diesem Fall nämlich nicht.



Theoretisch richtig. Praktisch naja...

Ich meine man muss sich nur mal anschauen wieviele gerichtliche Entscheidungen in ihrer Entscheidung selbst auf die Rechtssprechung anderer Gerichte und Fälle verweisen und diese Rechtansicht ihrer eigenen Entscheidung dann auch zugrunde legen. Wenn das vor den Höchstgerichten hält hast du schnell mal eine österreichweite Wirkung.

Denkt an Deutschland und das Jagdgesetz mit den Halbautomaten. Da hat auch nur eine Korrektur des Gesetzgebers geholfen um eine Rechtsprechung zu beseitigen, weil sich die Behörden aufgrund eines Urteils nicht mehr getraut haben den Jägern Erlaubnisse für HA auszustellen.


Eh...
Die Richter und die Beamten wollen halt auch ihren Arbeitsaufwand minimieren. Damit sich so eine Praxis dann durchsetzt brauchts aber immer zwei. Einen der ein Urteil übernimmt, und einen der nicht dagegen beruft.

Hat aber auch Vorteile, siehe Schallis. Von denen gibts im Bezirk schon echt einige. Bei Pumpguns ists ähnlich, da hat auch amal irgendein Beamter gsagt, ja eine Pumpgungenehmigung kann man rausgeben, wenns in eine Sammlung passt. Anderer Waffenbehörden entscheiden jetzt ähnlich. :dance:

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Re: LVwG Urteil neue Hürden WBK

Beitrag von burggraben » Mo 3. Sep 2018, 13:45

Maddin hat geschrieben:Ganz grundsätzlich gesagt gibt es kein Richterrecht nach den Vorstellungen unseres Rechtssystems.

Die Rechtspraxis sieht aber anders aus und ist mittlerweile auch allgemein anerkannt. Und da geht es bei weitem nicht mehr "nur" um Rechtslücken, sondern teilweise auch um Verdrehungen eines ganzen Wortlauts oder Interpretationen für die sich kein Anhaltspunkt im Gesetz findet etc. VfGH, VwGH und OGH sind unsere drei Höchstgerichte und machen davon häufig gebrauch.

Danke maddin, das beantwortet meine Fragen vollständig. Ich hatte da was im Hinterkopf dass es diese Schaffung von neuem Recht durch Richter bei uns nicht gibt, so wie man es von den Amerikanern zB kennt. Also ist es wirklich nur reine gelebte Praxis dass sich die Behörden an Erkenntnissen orientieren. Damit ist auch klar dass man nirgendwo im Gesetz nachlesen kann ob jetzt nur VwGH oder auch LVwG Entscheidungen zur Orientierung dienen sollen, weil es eben nur eingebürgerte Praxis ist das man sich an den Höchstgerichten orientiert. Müßte im Umkehrschluss dann aber auch bedeuten dass rechtlich nicht im Wege steht wenn eine Behörde sich an einem LVwG Erkenntnis orientieren will.

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