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von Emil » Mo 17. Aug 2020, 17:42
Für "Spätentschlossene" bzw. für diejenigen, die es erst jetzt mitbekommen haben:
Bis heute um 23:59 Uhr können noch Stellungnahmen abgegeben werden, wie heißt es doch: "besser spät als nie", deshalb hier noch ein letztes Mal der letzte Stand des "Konserventextes" für alle:
(eventuelle Fehler bitte selbst ausbessern, kann gerne auch umgearbeitet werden)
Sehr geehrte Damen und Herren!
Im Sinne Ihres Schreibens vom 20.07.2020 erstatten wir zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Kennzeichnung von Schusswaffen und wesentlichen Bestandteilen (Schusswaffenkennzeichnungsgesetz – SchKG) erlassen und das EU-Polizeikooperationsgesetz geändert wird, innerhalb offener Frist nachstehende
Stellungnahme,
die ausgeführt wird wie folgt:
Erklärtes Ziel der vom Rat und dem Europäischen Parlament beschlossenen Richtlinie (EU) 2017/853 zur Änderung der Richtlinie 91/477/EWG über die Kontrolle des Erwerbers und des Besitzes von Waffen, ABl. NR. L 137 vom 24.05.2017 ist es, die missbräuchliche Verwendung von Schusswaffen für kriminelle Zwecke zu bekämpfen. Die nunmehr vorgeschlagenen Bestimmungen gehen über diesen Zweck der Waffenrichtlinie teilweise weit hinaus, vernichten private Vermögenswerte und erhöhen (!) durch die nachträgliche Veränderung an wesentlichen Bestandteilen eventuell noch die Gefahr, welche von Schusswaffen ausgeht.
Die vorgeschlagenen Bestimmungen sind somit kein adäquates Mittel zur Erreichung des Zieles der Waffenrichtlinie, nämlich die Bekämpfung der missbräuchlichen Verwendung von Schusswaffen für kriminelle Zwecke.
Dies auch deshalb, da die missbräuchliche Verwendung von Schusswaffen bekanntermaßen nahezu ausschließlich mit nicht registrierten, illegalen Schusswaffen erfolgt, und wohl auch nicht von Optimisten ernsthaft erwartet werden kann, dass Besitzer von illegalen Waffen diese nun nachträglich entsprechend kennzeichnen lassen werden um sich somit zwangsläufig einer strafrechtlichen Verfolgung auszusetzen.
Die geplanten – über die Richtlinie hinausgehenden – Bestimmungen sind daher nicht geeignet eine bessere Rückverfolgbarkeit von illegalen Schusswaffen zu erreichen.
Aufgrund des Umstandes, dass alle legalen Schusswaffen und waffenrechtlich relevanten Schusswaffenteile ohnehin bereits ausnahmslos auf eine natürliche Person im Zentralen Waffenregister registriert sind, führen nachträgliche zusätzliche Kennzeichnungen an den Schusswaffen selbst auch nicht zu einer besseren Rückverfolgbarkeit von legal besseren Schusswaffen, da bereits jetzt jede legal besessene Schusswaffe in Österreich einer bestimmten Person zugeordnet werden kann.
Wohl nicht ohne Grund sieht die Verordnung der EU nur eine entsprechende Kennzeichnung für Schusswaffen vor, welche ab dem 14. September 2018 hergestellt wurden.
Alleine schon deshalb ist es nicht hinnehmbar, dass in Österreich diese Richtlinie strenger umgesetzt wird als von Brüssel vorgesehen, im Österreichischen Gesetz muss auch dieses von der EU vorgesehene Datum (Produktion ab dem 14. September 2018) verwendet werden.
Es darf hier auf die Stellungnahme von Christian Pfliger, 59/SN-38/ME XXVII. GP, verwiesen werden, in der richtig ausgeführt wird, dass sich auch im technischen Sinn die Frage stellt, ob bei Waffenteilen, die bei der Herstellung ein Härte oder Vergütungsverfahren durchlaufen haben, die Festigkeit von hoch beanspruchten Teilen bei nachträglich prägenden Kennzeichnungsverfahren durch die Kerbschlagwirkung eine erhöhte Bruchgefahr aufweisen und ob dadurch in weiterer Folge eine Gefährdung von Personen und Sachen stattfindet. Diese Frage stellt sich ebenso bei spanabhebenden Beschriftungen sowie bei elektrischen und chemischen Erosionsverfahren. Weiter ist bei Laserbeschriftungen, die eine haltbare Form aufweisen müssen, eine gewisse Materialabtragtiefe und somit ein erhöhter Wärmeeintrag erforderlich. Auch hier kann nicht ausgeschlossen werde, ob nicht nachteilige Festigkeitsänderungen auftreten können, da schließlich Stahl verdampft wird. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage der Haftung wenn es durch solche nachträglichen Eingriffe in die Materialstruktur zu Schäden an Sachen und Personen bzw. zu Unfällen kommt. Unabhängig von der möglichen strukturellen Beschädigung kommt es zu einer Beschädigung der Beschichtung (Brünierung etc.) durch die Korrosion entsteht, da hier die schützenden Schichten abgetragen, zumindest aber beschädigt werden (müssen).
Es kann nicht hinzunehmen sein, dass allen Ernstes eine mögliche Gefahr für Sachen oder Personen – ohne dass dies nach der EU Richtlinie erforderlich wäre – in Kauf genommen werden soll, wenn dadurch, wie bereits aufgezeigt, eine bessere Rückverfolgbarkeit von Schusswaffen nicht realistisch erreicht werden kann.
Hierbei darf noch einmal die Frage aufgezeigt werden: Wer haftet, wenn es durch diese nachträglichen Veränderungen an Schusswaffenteilen zu Sach- oder Personenschäden kommt?
Bei der Abwägung von Gesetzen zu Lasten des Bürgers sollte auch eine Rolle spielen, ob es überhaupt je einen Fall in Österreich gegeben hat, bei der eine im Zentralen Waffenregister eingetragene und legal besessene Schusswaffe schwierig zu ihrem Besitzer zurückzuverfolgen war, demnach ob überhaupt ernsthaft erwartet werden kann, dass die geplanten – über die EU Richtlinie hinausgehenden Bestimmungen – je irgendeinen kriminalpolizeilichen Nutzen aufweisen werden können.
In diesem Zusammenhang ist weiter zu bedenken, dass die Kennzeichnung von Schusswaffen im Sinne des § 1 Schusswaffenkennzeichnungsgesetz den Wert einer historischen Originalwaffe vernichtet und die Waffe damit wertlos wird. Derartige neu gekennzeichnete Waffen stellen keine Originalwaffen mehr dar und besitzen auf dem internationalen Markt keinen Wert gegenüber unveränderten Originalwaffen. Ein derartiger Eingriff in die privaten Vermögenswerte ist verfassungsmäßig unzulässig, da er dem Ziel der Waffenrichtlinie, nämlich der Bekämpfung der missbräuchlichen Verwendung von Schusswaffen, wie bereits vorhin dargelegt in keinster Weise dient. Dabei stellt sich auch hier die Frage nach dem finanziellen Schadenersatz, da unzählige Schadenersatzklagen von Besitzern wertvoller Sammlerwaffen natürlich zu erwarten sind.
Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass es auch neue Schusswaffen, also ab Produktionsdatum 14. September 2018, gibt, die von historischer Bedeutung sind. Hierbei seien vor allem einerseits die Vorserienmodelle, Nullserien, Prototypen, ect. von neu auf den Markt kommenden Schusswaffen erwähnt, sowie andererseits stark limitierte Gedenkserien (sogenannte commemorative) Waffen.
Die EU Richtlinie lässt unter anderem in Artikel 2, 3., a), (2) einzelstaatliche Ausnahmeregelungen auch für solche "neuen" Schusswaffen von historischer Bedeutung ausdrücklich zu:
Die Kennzeichnungsanforderungen für Feuerwaffen oder wesentliche Bestandteile von besonderer historischer Bedeutung werden gemäß dem einzelstaatlichen Recht geregelt.
Es wird daher vorgeschlagen in das Schusswaffenkennzeichnungsgesetz explizit aufzunehmen, dass nur Schusswaffen ab Produktionsdatum 14. September 2018 von diesem Gesetz betroffen sind und für Schusswaffen ab Produktionsdatum 14. September 2018 realistisch durchführbare Ausnahmebestimmungen vorzusehen, wenn diese von historischer Bedeutung sind.
Vorgeschlagen wird daher, den Gesetzestext richtlinienkonform wie folgt zu formulieren:
1.)
Kennzeichnung von Schusswaffen und wesentlichen Bestandteilen
§ 1. (1) Wer Schusswaffen im Sinne des § 2 Abs. 1 des Waffengesetzes 1996 (WaffG), BGBl. I Nr. 12/1997, oder wesentliche Bestandteile von Schusswaffen im Sinne des § 2 Abs. 2 des Waffengesetzes 1996 (WaffG), BGBl. I Nr. 12/1997, in Verkehr bringt, die ab dem 14. September 2018 hergestellt wurden, hat diese mit einer lesbaren, dauerhaften und eindeutigen Kennzeichnung zu versehen.
2.)
In § 1 Abs. 2 fehlt die Klarstellung "im Sinne des § 2 Abs. 2 des Waffengesetzes 1996 (WaffG), BGBl. I Nr. 12/1997" bzw. "sofern sie bei der Schussabgabe gasdruckbelastet und verwendungsfähig sind", ohne diese Klarstellung käme es zu einem Widerspruch mit dem geltenden Waffengesetz 1996.
3.)
Ausnahmebestimmungen
§ 4. (1) Dieses Bundesgesetz gilt nicht für:
1. Schusswaffen oder wesentliche Bestandteile von Schusswaffen, die bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union unter Einhaltung der dort einschlägigen Vorschriften gekennzeichnet wurden,
2. das Überlassen von Schusswaffen oder wesentlichen Bestandteilen von Schusswaffen an Gebietskörperschaften,
3. Ab dem 14. September 2018 hergestellte Schusswaffen oder wesentliche Bestandteile von Schusswaffen von besonderer historischer Bedeutung,
4. Schusswaffen im Sinne des § 45 WaffG sowie
5. Schusswaffen, bei denen die Geschosse durch verdichtete Luft (Druckluftwaffen) oder unter Verwendung von Kohlensäure entstandenen Gasdruck (CO2-Waffen) angetrieben werden, sofern das Kaliber 6 mm oder mehr beträgt.
(2) Ab dem 14. September 2018 erzeugte Schusswaffen oder wesentliche Bestandteile von Schusswaffen sind nur dann von besonderer historischer Bedeutung, wenn diese besondere historische Bedeutung durch ein Gutachten eines gerichtlich beeideten und zertifizierten Sachverständigen für Schusswaffen belegt wird.
Nur wenn das Gesetz, wie in der Richtlinie vorgesehen, ausnahmslos ab dem 14. September 2018 hergestellte Waffen umfasst und auch realistisch durchführbare Ausnahmebestimmungen von ab dem 14. September 2018 hergestellte Schusswaffen oder wesentliche Bestandteile von Schusswaffen von besonderer historischer Bedeutung beinhaltet, kann eine Vernichtung von privaten Vermögenswerten sowie eine Gefährdung von Personen und Sachen hintangehalten werden.
Mit freundlichen Grüßen,