Schweiz: Übersicht über das Waffenrecht
Verfasst: Mo 10. Mai 2010, 00:21
Hallo!
Selbige von mir recherchierte Übersicht postete ich bereits im Verband. Aber nachdem sicher einige User ausschließlich hier ins Forum kommen und nicht parallel fahren, die Darstellung auch hier.
Ich hab‘ mich aus Interesse ins Waffenrecht der Schweiz eingearbeitet und dachte, vielleicht ist’s auch für Andere interessant und ich stelle mal eine Zusammenfassung der wichtigsten Unterschiede ins Forum.
Erster Eindruck:
Eine Transparenz, von der man in Ö nur träumen kann.
Unter http://www.fedpol.admin.ch/fedpol/de/ho ... recht.html findet man alle Detailinformationen. Die Behörde hat die Bestimmungen des Gesetzes in „Normalsprache“ übersetzt und vereinfacht und bietet die Broschüre zum Download unter http://www.fedpol.admin.ch/etc/medialib ... raktiv.pdf
an.
Alle Antragsformulare stehen zum Download bereit. (In Ö wird der Antrag auf die WBK wie ein Staatsgeheimnis im Internet gehütet.)
Der Inhalt des maßgeblichen Gesetzes und der dazugehörigen Verordnung macht einige starke Unterschied des schweizer Waffenrechts zum österreichischen klar – im Positiven wie im Negativen.
Maßgeblich ist:
SR (Schweizer Recht) 514.54, Bundesgesetz vom 20. Juni 1997 über Waffen, Waffenzubehör und Munition (kurz: Waffengesetz/WG) und
SR 514.541, Verordnung vom 2. Juli 2008 über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffenverordnung/WV)
Ich dachte anfangs, ich teile es fürs Forum in die Vorzüge und Nachteile auf. Wäre aber zu komplex geworden. Ich stelle es daher doch thematisch geordnet dar. Es gibt einige massive Vorteile, aber auch ein paar schärfere Bestimmungen, als in Ö. Ich teile es auf mehrere postings auf, da es sicher den Umfang eines postings sprengt.
Das WG der Schweiz definiert wesentlich mehr Gegenstände als Waffe, als unseres. Waffen sind danach z.Bsp. (Art. 4 WG) auch:
- Soft Air Waffen mit weniger als 7,5 J Mündungsenergie, wenn die Gefahr der Verwechslung mit einer Feuerwaffe besteht.
- Imitations-, Schreckschuß- und Soft-Air-Waffen, wenn die Gefahr der Verwechslung mit einer Feuerwaffe besteht.
Das WG kennt sogar „Gefährliche Gegenstände“ (Art. 4 Abs. 6 WG), definiert als „Werkzeuge, Haus- und Sportgeräte, die sich zur Verletzung oder Bedrohung von Menschen eignen.“. Beispielhaft werden Hammer, Schere, Schraubenzieher oder Fahrradketten genannt.
Das Tragen und Mitführen dieser „gefährlichen Gegenstände“ ist verboten, soferne nicht glaubhaft gemacht werden kann, daß eine bestimmungsgemäße Verwendung bezweckt und gerechtfertigt ist. Wer also z.Bsp. auf der Straße mit Installateurszange angetroffen wird und nicht belegen kann, daß er zu XY zwecks Wasserhahnreparatur unterwegs ist, dem kann die Polizei das Werkzeug beschlagnahmen.
Schöne Pointe: Schweizer Armeetaschenmesser und im Handel erhältliche Schweizer Offizierstaschenmesser zählen nicht dazu und sind extra im Gesetz als ausgenommen benannt!
Riesengroßer Unterschied zwischen Ö und CH:
Die Schweiz kennt keine Waffenbesitzkarte. Es existiert stattdessen ein „Waffenerwerbsschein“ (Im Weiteren kurz WES). Dieser berechtigt bei bewilligungspflichtigen Waffen zum rechtmäßigen Erwerb. Er berechtigt nicht zum Besitz, denn dafür ist keine Berechtigung nötig. Es gilt (Art. 12): „Zum Besitz einer Waffe ist berechtigt, wer sie rechtmäßig erworben hat.“
Dieser Grundsatz hat große praktische Auswirkung. Wer in der Schweiz z.Bsp. eine .22lr Automatik-FFW zu einem Zeitpunkt erwarb, als dafür noch kein WES nötig war, also sie nicht bewilligungspflichtig war, darf sie weiterhin ohne jegliches waffenrechtliches Dokument besitzen. Er/sie hat sie ja rechtmäßig erworben. Weitere Auswirkung im Gegensatz zu Ö: Weil nur der Erwerb geregelt ist, ist Besitz zeitlich unbegrenzt legal. Also keine Befristung des Besitzes und keine erneute behördliche Überprüfung (Wie in Ö alle 5 Jahre.).
Da der WES nur Erwerb einer Waffe dient, ist er nur 6 Monate gültig, wobei allerdings eine einmalige Verlängerung um weitere 3 Monate bei einer Gebühr von 10 Franken möglich ist. Innerhalb dieses halben (bzw. dreiviertel) Jahres muß also die Waffe angekauft werden. Grundsätzlich wird der WES für eine Waffe ausgestellt. Wer eine weitere Waffe kaufen will, muß einen weiteren WES lösen. Es existiert allerdings keine zahlenmäßige Beschränkung. Man kann sich also z.Bsp. jedes Jahr neuerlich einen WES lösen und eine weitere Waffe der Sammlung dazufügen.
Der WES kann auch für bis zu 3 Waffen auf einmal ausgestellt werden, dann müssen diese aber zeitgleich und beim selben Händler gekauft werden.
Die Gebühr für den Zentralstrafregisterauszug beträgt 20 Franken. Die Gebühr für den WES beträgt 50 Franken (halbautomatische Kurzlangen/Waffen aller Art, Wechselsysteme und Läufe) mit Ausnahme des s.g. "kleinen WES"(z.Bsp. für einen Schlagstock).
Psychologisches Gutachten benötigt man zum Erwerb des WES ebensowenig, wie einen Waffenführerschein. Als Dokumente für die Beantragung des WES sind lediglich der Paß oder die ID-(Identitäts-)Karte und ein Strafregisterauszug nötig.
Allerdings ist der Erwerb von UHR/Lever-Action Büchsen und Schlagstöcken auch bewilligungspflichtig – man benötigt also den WES dafür. Bei uns verbotene Pump-Action Schrotflinten sind mit WES in der Schweiz erwerbbar.
Bei Beantragung des WES ist bereits „Sport-, Jagd- oder Sammelzwecke“ zum Ankreuzen vorgegeben. Nur wer angibt, nicht aus den genannten Gründen eine Waffe erwerben zu wollen, muß einen Erwerbsgrund angeben.
FF
Selbige von mir recherchierte Übersicht postete ich bereits im Verband. Aber nachdem sicher einige User ausschließlich hier ins Forum kommen und nicht parallel fahren, die Darstellung auch hier.
Ich hab‘ mich aus Interesse ins Waffenrecht der Schweiz eingearbeitet und dachte, vielleicht ist’s auch für Andere interessant und ich stelle mal eine Zusammenfassung der wichtigsten Unterschiede ins Forum.
Erster Eindruck:
Eine Transparenz, von der man in Ö nur träumen kann.
Unter http://www.fedpol.admin.ch/fedpol/de/ho ... recht.html findet man alle Detailinformationen. Die Behörde hat die Bestimmungen des Gesetzes in „Normalsprache“ übersetzt und vereinfacht und bietet die Broschüre zum Download unter http://www.fedpol.admin.ch/etc/medialib ... raktiv.pdf
an.
Alle Antragsformulare stehen zum Download bereit. (In Ö wird der Antrag auf die WBK wie ein Staatsgeheimnis im Internet gehütet.)
Der Inhalt des maßgeblichen Gesetzes und der dazugehörigen Verordnung macht einige starke Unterschied des schweizer Waffenrechts zum österreichischen klar – im Positiven wie im Negativen.
Maßgeblich ist:
SR (Schweizer Recht) 514.54, Bundesgesetz vom 20. Juni 1997 über Waffen, Waffenzubehör und Munition (kurz: Waffengesetz/WG) und
SR 514.541, Verordnung vom 2. Juli 2008 über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffenverordnung/WV)
Ich dachte anfangs, ich teile es fürs Forum in die Vorzüge und Nachteile auf. Wäre aber zu komplex geworden. Ich stelle es daher doch thematisch geordnet dar. Es gibt einige massive Vorteile, aber auch ein paar schärfere Bestimmungen, als in Ö. Ich teile es auf mehrere postings auf, da es sicher den Umfang eines postings sprengt.
Das WG der Schweiz definiert wesentlich mehr Gegenstände als Waffe, als unseres. Waffen sind danach z.Bsp. (Art. 4 WG) auch:
- Soft Air Waffen mit weniger als 7,5 J Mündungsenergie, wenn die Gefahr der Verwechslung mit einer Feuerwaffe besteht.
- Imitations-, Schreckschuß- und Soft-Air-Waffen, wenn die Gefahr der Verwechslung mit einer Feuerwaffe besteht.
Das WG kennt sogar „Gefährliche Gegenstände“ (Art. 4 Abs. 6 WG), definiert als „Werkzeuge, Haus- und Sportgeräte, die sich zur Verletzung oder Bedrohung von Menschen eignen.“. Beispielhaft werden Hammer, Schere, Schraubenzieher oder Fahrradketten genannt.
Das Tragen und Mitführen dieser „gefährlichen Gegenstände“ ist verboten, soferne nicht glaubhaft gemacht werden kann, daß eine bestimmungsgemäße Verwendung bezweckt und gerechtfertigt ist. Wer also z.Bsp. auf der Straße mit Installateurszange angetroffen wird und nicht belegen kann, daß er zu XY zwecks Wasserhahnreparatur unterwegs ist, dem kann die Polizei das Werkzeug beschlagnahmen.
Schöne Pointe: Schweizer Armeetaschenmesser und im Handel erhältliche Schweizer Offizierstaschenmesser zählen nicht dazu und sind extra im Gesetz als ausgenommen benannt!
Riesengroßer Unterschied zwischen Ö und CH:
Die Schweiz kennt keine Waffenbesitzkarte. Es existiert stattdessen ein „Waffenerwerbsschein“ (Im Weiteren kurz WES). Dieser berechtigt bei bewilligungspflichtigen Waffen zum rechtmäßigen Erwerb. Er berechtigt nicht zum Besitz, denn dafür ist keine Berechtigung nötig. Es gilt (Art. 12): „Zum Besitz einer Waffe ist berechtigt, wer sie rechtmäßig erworben hat.“
Dieser Grundsatz hat große praktische Auswirkung. Wer in der Schweiz z.Bsp. eine .22lr Automatik-FFW zu einem Zeitpunkt erwarb, als dafür noch kein WES nötig war, also sie nicht bewilligungspflichtig war, darf sie weiterhin ohne jegliches waffenrechtliches Dokument besitzen. Er/sie hat sie ja rechtmäßig erworben. Weitere Auswirkung im Gegensatz zu Ö: Weil nur der Erwerb geregelt ist, ist Besitz zeitlich unbegrenzt legal. Also keine Befristung des Besitzes und keine erneute behördliche Überprüfung (Wie in Ö alle 5 Jahre.).
Da der WES nur Erwerb einer Waffe dient, ist er nur 6 Monate gültig, wobei allerdings eine einmalige Verlängerung um weitere 3 Monate bei einer Gebühr von 10 Franken möglich ist. Innerhalb dieses halben (bzw. dreiviertel) Jahres muß also die Waffe angekauft werden. Grundsätzlich wird der WES für eine Waffe ausgestellt. Wer eine weitere Waffe kaufen will, muß einen weiteren WES lösen. Es existiert allerdings keine zahlenmäßige Beschränkung. Man kann sich also z.Bsp. jedes Jahr neuerlich einen WES lösen und eine weitere Waffe der Sammlung dazufügen.
Der WES kann auch für bis zu 3 Waffen auf einmal ausgestellt werden, dann müssen diese aber zeitgleich und beim selben Händler gekauft werden.
Die Gebühr für den Zentralstrafregisterauszug beträgt 20 Franken. Die Gebühr für den WES beträgt 50 Franken (halbautomatische Kurzlangen/Waffen aller Art, Wechselsysteme und Läufe) mit Ausnahme des s.g. "kleinen WES"(z.Bsp. für einen Schlagstock).
Psychologisches Gutachten benötigt man zum Erwerb des WES ebensowenig, wie einen Waffenführerschein. Als Dokumente für die Beantragung des WES sind lediglich der Paß oder die ID-(Identitäts-)Karte und ein Strafregisterauszug nötig.
Allerdings ist der Erwerb von UHR/Lever-Action Büchsen und Schlagstöcken auch bewilligungspflichtig – man benötigt also den WES dafür. Bei uns verbotene Pump-Action Schrotflinten sind mit WES in der Schweiz erwerbbar.
Bei Beantragung des WES ist bereits „Sport-, Jagd- oder Sammelzwecke“ zum Ankreuzen vorgegeben. Nur wer angibt, nicht aus den genannten Gründen eine Waffe erwerben zu wollen, muß einen Erwerbsgrund angeben.
FF