Smula hat geschrieben:
DAS ist ja grundsätzlich die Kernaussage des Artikels, dass es eben hauptsächlich auf die Platzierung der Schüsse ankommt.
Und eben nicht auf "Gelblockdurchdringungen" oder dergleichen.
Und genau DAS ist nur die halbe Wahrheit. Dass .22 tödlich sein können steht ausser Frage, dass die Platzierung des Schusses wichtig ist, ebenfalls. Allerdings kann ein .22 Projektil schon Schwierigkeiten haben durch einen massiveren Reissverschluss durchzudringen und nachher noch genügend Schaden anzureichten. Auch darum werden die Projektile barrieremäßig getestet. Da ist eine gute 9mm und aufwärts schon "verlässlicher".
Was der gute Mann auch ausser Acht lässt, sind weitere Faktoren, abseits der reinen Wundballistik. Projektile wie bspw die HST werden auch deshalb so gehyped, weil sie genau diese Anforderungen mit Bravour bestehen. Wenn wir beim Beispiel HST 147gr bleiben:
- Macht verlässlich auf, auch nach der Durchlagung von gängigen Barrieren. Reduziert die Hintergrundgefährdung.
- Die "Flügel" (wie nennt man die Dinger eigentlich wirklich?) machen sehr weit auf und werden nicht bereits nach ein paar Zoll im Zielmedium komplett nach hinten gebogen, sodass wieder nur ein kleinerer Querschnitt übrig bleibt, wenn das Projektil die gewünschten Strukturen erreicht. Gerade die beliebten 124gr +p GD und DPX machen aber genau das. Auch das reduziert die Hintergrundgefährdung.
- Da sie nicht super schnell und leicht sind, sinkt auch die Querschlägergefahr bei Zielverfehlungen.
- Sie durchschlagen gängige Barrieren, aber nur bis zu einer gewissen Grenze, Hohlziegel sind schon mal ein Problem. Und wieder wird die gefährdung Dritter reduziert.
- Mündungsblitz, Rückstoss, Hochschlag, usw sind nochmal Erleichterungen bei der Nutzung.
- Durch die Masse und die vergleichsweise reduzierte Geschwindigkeit sind sie auch schwieriger abzulenken und verfolgen auch im Ziel einigermaßen ihre Flugbahn.
All das sind übrigens auch Vorteile einer .45 ACP. Ein gutes, modernes 9mm- Projektil geht schon stark in diese Richtung, bei vermehrter Anzahl an Murmeln im Tank, leichteren Folgeschüssen, usw.
Klar, wenn es einzig und alleine um den Schaden des Aggressors geht, dann ist bspw eine lahme .38 spl mit 750 fps, 158gr, die gar nicht aufmacht, dafür aber möglichst schnell möglichst wild zu taumeln beginnt, besser als eine HST. Aber da spielen eben auch andere Faktoren rein, die ebenso wichtig sind. Und die Konstistenz, bzw die Neigung zu diesen Faktoren, können nur vergleicht werden, wenn standardisierte Methoden aufbereitet werden. Das macht man mit kalibrierten Gelatineblöcken und ein paar Barrieren. Anders bekommt man nur situationsabhängige Einzelfälle und damit eine Statistik, die weit weniger wert ist. Aber darüber redet dieser Doc nicht, er lässt all diese Faktoren ausser Acht und geht nur auf eine Situation ein, sehr überspitzt: Ein dünner nackter Kerl mit den Händen hoch wird frontal mit einer .22 erschossen. Und ja, dafür ist eine .22 sicherlich ideal. Aber sobald das Bürschchen doch nicht nackert ist, auch eine Waffe in der Hand hat, die Kugel erst durch diese Hand durchgehen muss, dann noch die Lederjacke mitsamt Knopf durchschlagen muss, um sich dann den Weg durch Knochen, viel Fett und Muskeln bahnen muss... also da ist mir eine .22 nur lieber als gar nichts. Ansonsten verlasse ich mich eher auf etwas wie HST, Ranger, GD, PDX, GS, etc. Ist das ein Garant für den "Erfolg"? Sicher nicht. Aber die Chancen steigen zumindest eine kleine Spur. Aber sowas kommt halt auf keine Autopsietisch und in keinen Schockraum, immer nur das Ergebnis, welches durch all diese und mehr Faktoren enstanden ist. Wäre das anders, dann würde jeder Polizist, Soldat, und auch sonst jeder aufgrund geringerer Kosten und maximierter Kontrollierbarkeit einer Waffe mit einer .22er rumlaufen.
Das ideale Geschoss für jede Situation gibt´s eh nicht, jedes Pro zieht ein Contra hinter sich her. Und du kannst auch jemanden mit dem Fahhrad totfahren, geht durchaus. Aber mit dem Auto hat der arme Kerl halt wesentlich schlechtere Karten. Das sagt einem schon der Verstand, dafür braucht wohl niemand Gelatinetests. Aber so ist es doch auch bei bspw .22 vs .9mm, auch wenn ein Doc Stellung zu einem einzigen dieser vielen Faktoren bezieht. Und dasselbe trifft auf Geschossdesign zu. "Egal" ist´s also - je nach Situation - sicher nicht. Und je mehr mögliche Situationen abgedeckt werden, desto besser.