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Präzisionsschießen mit Hinterschaftauflage

Verfasst: Mi 5. Feb 2025, 20:18
von bkitt
Hallo,

ich habe eine Frage an die Gewehr-Präzisionsschützen hier im Forum:

Ich stelle derzeit fest, dass sich der Streukreis mit verwendeter Hinterschaftauflage (auf z.B. 200m) deutlich vergrößert, im Vergleich dazu wenn ich ohne schieße. (Verwendete Waffe: AR-15 24“ mit Harris-Zweibein). Eigentlich sollte die Waffe mit der Hinterschaftauflage stabiler sein, oder?

Was kann der Grund dafür sein?

Danke für die Infos!

bkitt

Re: Präzisionsschießen mit Hinterschaftauflage

Verfasst: Mi 5. Feb 2025, 21:28
von titan
Grund kann sein, dass du dich nun in die Waffe hineinlehnst, wenn du sie vorne und hinten auflegst oder auch dass du sie nicht mehr gleichmäßig in die Schulter einziehst.

Re: Präzisionsschießen mit Hinterschaftauflage

Verfasst: Do 6. Feb 2025, 09:06
von McMonkey
@titan hat es schon sehr gut und kurz auf den Punkt gebracht.

Ich komme nicht umhin, ein wenig Philosophie einzustreuen...

Das Schießen mit Hinterschaftauflage macht das Treffen nicht leichter. Es bedarf gänzlich eines anderen/neuen Ablauf, vor/während und nach der Schußabgabe. Das ist zu berücksichtigen und in Erfahrung zu bringen. Einmal ohne Auflage und ein andermal mit Auflage, zieht all zu oft Frust mit sich und verunsichert im gleichen Maße.

Wer noch dazu mehrere "Geräte bedient" multipliziert die Fehlerquellen, denn jedes Gerät möchte auch anders bedient werden ... mit und natürlich auch ohne Auflage.

Trotz "Hilfsmittel" ist das Treffen Arbeit vor/während und nachdem sich das Geschoss in Bewegung gesetzt hat.

Re: Präzisionsschießen mit Hinterschaftauflage

Verfasst: Do 6. Feb 2025, 09:46
von Trijikon
Frage an diejenigen welche praktische Erfahrung mit Dreibeinsystemen (guten) haben:
Im Vergleich zu Zweibein mit und ohne hinterem Sandsack oder Erdsporn gibt es da einen Unterschied bei den
Trefferquoten?
Benchrest Auflagen dürften das Optimum sein aber eben auch etwas unpraktisch im Freien.

LG Wolfgang

Re: Präzisionsschießen mit Hinterschaftauflage

Verfasst: Do 6. Feb 2025, 15:56
von titan
Da kann ich McMonkey nur recht geben! Wie er schon geschrieben hat, sind das stark unterschiedliche Ansätze.

Ordonanzgewehre lagern das System und den Lauf im Schaft. Das ist teilweise auch für die Dämpfung der dünnen Läufe notwendig. Hier ist es wichtig, dass man das Gewehr nicht mit dem Pistolengriff in die Schulter einzieht (=leicht andrückt), da sonst das Schwingungsverhalten durch ein etwaiges Drehmoment stark verändert werden kann, sondern die freie Hand dafür benutzt, indem man den Hinterschaft umfasst. Auch macht sich der Auflagepunkt des Gewehrs auf der Zielscheibe bemerkbar. Deswegen sollte man auch keinen Druck in das Gesamtsystem einbringen, indem man sich auf das Gewehr "drauflegt", oder es als Kopfstütze benutzt.

Das ist auch bei modernen Gewehren nach wie vor so. Deswegen schießen Schweizer mit ihren STGWs hauptsächlich mit dem Zweibein, wobei die Waffe am Schaft in die Schulter eingezogen wird und der Pistolengriff nur leicht angefasst wird, sodass man den Abzug betätigen kann. Alternativ kann man auch von einer Rucksackauflage schießen.

Das Einziehen erfolgt, indem man den Hinterschaft von unten umfasst und möglichst gleichmäßig an die Schulter andrückt. Wenn man geschickt ist, kann man mit der Faust auch eine Auflage bilden, gleich einer Art gedämpfter Hinterauflage. Wichtig ist hier Gleichmäßigkeit.

Auf Dauer ist das möglicherweise aber anstrengend und auch der Filzbelag mancher Stände ist auf der Haut nicht sehr angenehm in Verbindung mit Rückstoß (Ellbogen und Handgelenkknöchel). Man hat aber trotzdem manuell hier mehr Kontrolle als mit einer Hinterauflage (Sandsack) weil man es fühlen kann und weiters weniger dazu neigt, die Waffe folglich über den Griff einzuziehen. Nicht jeder Schaft ist aber dafür optimal (AR Schubschäfte, Schubschäfte a la HK).

Gewehre mit ausreichend stabilem Chassis, z.B. aus Aluminium, reagieren weniger empfindlich auf Auflagefehler und auch Einziehfehler, aber: Hecksporne können meiner Erfahrung nach Probleme bereiten, wenn das Gewehr darauf und auf einer harten Unterlage gelagert wird. Warum ist einfach erklärt.

Bsp: Das Gewicht des SSG69 mit ZF69 beträgt ungeladen ca. 4,7kg. Geschossgewicht sei 180Grain (1Gramm = 15,4grain) = 11,68Gramm = 0,01168kg. (Achtung! Milchmädchenrechnung ohne Berücksichtigung der sich zur Hälfte mit bewegenden Gasmasse von ca 22Grain bei 44Grain Pulverladung)

Das Verhältnis von Waffengewicht zu Geschossgewicht ist in diesem Fall 4700Gramm/11,68Gramm = 402,39. Bewegt sich das Geschoss jetzt aber 600mm durch den Lauf (LL650mm abzüglich Hülsenlänge 51 =in etwa der Geschossweg durch das Gewehr), so bewegt sich das Gewehr 1,49mm nach hinten (600mm/402,39 = 1,49mm -> Impulssatz m1*s1=m2*s2). Das ist nicht viel, wenn aber der Sporn eines steifen Systems nun über eine Unebenheit rumpelt, dann verursacht das Zielabweichungen.

Dieser Rücklauf des Gewehrs wird vom Körper aufgenommen, abgebremst oder auch bei seitlicher Sitzposition abgeleitet. Das gleichmäßige Einziehen der Waffe in die Schulter ist daher wichtig. Präzisionsfanatiker wissen, oder werden bemerkt haben, dass es einen Unterschied macht, ob man den Brustmuskel beim Schießen anspannt oder locker lässt, welche Kleidung man trägt, ob eine Schaftkappe hart oder weich ist usw.

Weiters kann sich durch eine harte Auflage am Heck das Schwingungsverhalten des im Schaft gebetteten Systems ändern, weil das System eben nicht mehr um seine Ruhelage schwingen kann, sondern durch die fehlende mögliche Auslenkung des Hinterschafts jetzt die Mündung zu einer Bewegung gezwungen wird.

Ein Sandsack macht eine Schwingung des Schaft-Lauf Systems grundsätzlich möglich, erleichtert aber nicht das Einziehen der Waffe und kann zu Anwendungsfehlern führen, wenn man sich des gleichmäßigen Einziehens nicht bewusst ist.

Re: Präzisionsschießen mit Hinterschaftauflage

Verfasst: Do 6. Feb 2025, 18:50
von bkitt
Vielen Dank an alle für den Input!

Dachte mir schon, dass es keine einfachen Lösungen gibt, kann damit aber schon mal experimentieren …

bkitt

Re: Präzisionsschießen mit Hinterschaftauflage

Verfasst: Do 6. Feb 2025, 20:14
von McMonkey
titan hat geschrieben:
Do 6. Feb 2025, 15:56
…stark unterschiedliche Ansätze…
Fundamental und besonders wertvolle Analyse!
@titan … vielen Dank dafür 👏

Du bist heute, mein „Held des Tages“.

Re: Präzisionsschießen mit Hinterschaftauflage

Verfasst: Do 6. Feb 2025, 20:52
von FdH22
@ titan: :clap: :clap: :clap:

Re: Präzisionsschießen mit Hinterschaftauflage

Verfasst: Do 6. Feb 2025, 21:31
von Steirer
@ titan :clap: :clap: :clap:
Perfekt erklärt!

Re: Präzisionsschießen mit Hinterschaftauflage

Verfasst: Sa 8. Feb 2025, 21:47
von Spiky
Trijikon hat geschrieben:
Do 6. Feb 2025, 09:46
Frage an diejenigen welche praktische Erfahrung mit Dreibeinsystemen (guten) haben:
Im Vergleich zu Zweibein mit und ohne hinterem Sandsack oder Erdsporn gibt es da einen Unterschied bei den
Trefferquoten?
Benchrest Auflagen dürften das Optimum sein aber eben auch etwas unpraktisch im Freien.
Ich habe ein Fortmeier und ein Caldwell Rock BR.
Manchmal passt die Höhenverstellung des 2Beins nicht zum Hinterschaftledersack.
Dieses Problem gibts beim Caldwell (stufenlos verstellbar) nicht.
Outdoormässig gibt's ein Brettl unters Caldwell und es passt.
Wenn dir die Schlepperei des Caldwell nicht zu viel ist, ist das die bessere Lösung.

Re: Präzisionsschießen mit Hinterschaftauflage

Verfasst: Mo 3. Mär 2025, 19:11
von sneipas omoh
Präzisionsschießen mit einer AR15 und Harris-Zweibein + Hinterschaftauflage das kann nicht wirklich funktionieren.
Präzisionsschießen wird deshalb mit einem Repetierer geschossen, weil die Waffe ruhiger ist (Gasdrucklader bewegen sich mehr).
Das ganze dann abgestützt auf den Gummifüsschen des Harris bringt das ganze System schon mal zum Springen (kannst du "durch den Schuss" sehen, so, dass du die Flugbahn des Geschosses siehst (Vapor-Trail) - bzw. bei einem Miss den Einschlag neben dem Ziel selbst siehst? - oder ist die Waffe so weit gesprungen, dass du nach jedem Schuss neu einrichten musst?) - wenn du diesen "Tanzbären" dann auch noch auf eine (Welche?) Hinterschaftauflage zwingst - verstärkst du das Springen = die Streukreise werden größer. Noch schlechter würde ein Erdsporn sein (bei den amerikanischen super ELR-Präzisionsschützen auch "wobblepod" genannt) - der wirkt wie ein Kipphebel... Das AR15 ist ein Sturmgewehr - ist für schnelle Feuerstöße gebaut, für das "Niedermähen" - wiederholte Präzision in Reihenfolge? - dafür gibt's geeigneteres Werkzeug....

LG
S.O.

Re: Präzisionsschießen mit Hinterschaftauflage

Verfasst: Di 4. Mär 2025, 18:04
von Spiky
sneipas omoh hat geschrieben:
Mo 3. Mär 2025, 19:11
[...]
wenn du diesen "Tanzbären" dann auch noch auf eine (Welche?) Hinterschaftauflage zwingst - verstärkst du das Springen = die Streukreise werden größer.
[...]
:shock:
bist du dir da sicher?

Re: Präzisionsschießen mit Hinterschaftauflage

Verfasst: Do 6. Mär 2025, 19:11
von sneipas omoh
Spiky hat geschrieben:
Di 4. Mär 2025, 18:04
sneipas omoh hat geschrieben:
Mo 3. Mär 2025, 19:11
[...]
wenn du diesen "Tanzbären" dann auch noch auf eine (Welche?) Hinterschaftauflage zwingst - verstärkst du das Springen = die Streukreise werden größer.
[...]
:shock:
bist du dir da sicher?
.... einfach probieren! ..... Wir haben sogar unterschiedlichen Unterlagen unter dem Zweibein getestet .... je einfacher und präziser du deine Löcher im Ziel stanzen willst, desto mehr mußt du auf dein Equipment achten.... wenn man sich gerne abmüht: Vorderschaft/Handschutz auf einen Rucksack, Hinterschaft in Schulter und auf die Faust - los geht's....

LG
S.O.

Re: Präzisionsschießen mit Hinterschaftauflage

Verfasst: Do 6. Mär 2025, 20:33
von Huck_Finn
Thema ist zwar Hinterschaftauflage, also Leder-, Sandsack, aber als Alternative ein Monopod, wenn möglich? Vielleicht gibt es dazu neue Empfehlungen. :think:

Re: Präzisionsschießen mit Hinterschaftauflage

Verfasst: Do 6. Mär 2025, 22:21
von Spiky
sneipas omoh hat geschrieben:
Do 6. Mär 2025, 19:11
Spiky hat geschrieben:
Di 4. Mär 2025, 18:04
sneipas omoh hat geschrieben:
Mo 3. Mär 2025, 19:11
[...]
wenn du diesen "Tanzbären" dann auch noch auf eine (Welche?) Hinterschaftauflage zwingst - verstärkst du das Springen = die Streukreise werden größer.
[...]
:shock:
bist du dir da sicher?
.... einfach probieren! .....
[...]
nicht notwendig
Das Springen überwindet die Massenträgheit
Bis die greift, ist das Geschoss schon längst aus dem Lauf (dauert in etwa 0,1x ms)