Arbeitsanleitung zur Herstellung eines Ölschaftes
Verfasst: Fr 29. Jun 2012, 12:21
Da immer wieder die Frage nach der Herstellung von Ölschäften gestellt wird, möchte ich das Thema hier aus der fachlichen Sicht meines Berufes ausführlicher behandeln.
Der eigentliche Sinn eines Ölschaftes ist der Schutz des Holzes vor Feuchtigkeit. Von den Mauserschäften, die Anfang des 20. Jht's hergestellt wurden, ist überliefert, daß sie teilweise in Leinöl gekocht wurden um den möglichst großen Schutz zu erzielen.
Daß das Aussehen und das Gefühl beim Angreifen eines Ölschaftes durch keine, wie auch immer geartete Lackierung zu schlagen ist, sind nur angenehme Nebeneffekte.
Verheimlichen will ich nicht, daß der Zeitaufwand relativ groß ist und daher einige Geduld erfordert.
Da die Wenigsten von uns die Möglichkeit haben werden, einen Schaft zu kochen, bleibt nur die "händische" Lösung des Problems.
Gehen wir in die Praxis:
Falls eine Harzbettung des Systems vorgenommen werden soll, dann muß das zuerst gemacht werden, da bei mit Öl verseuchten Stellen keine Bindung zwischen Harz und Holz erfolgen kann.
Ab hier beginnt die "unendliche" Geschichte.
Erster Schritt ist das Scheifen des Schaftes. Die erste Schleifpapierkörnung richtet sich nach der Güte der Schaftoberfläche.
Ist sie sehr rauh, kann ohne Weiteres mit Körnung 40 begonnen werden, ist sie von Haus aus schon besser, fange ich mit Korn 100 an.
Zum Papier ist nicht viel zu sagen, kann im Prinzip jedes genommen werden. Sehr gute Standzeiten hat z.B. das weiße Schleifpapier von 3M, ist allerdings nicht gerade billig.
Hervorragend geeignet sind auch Schleifbänder, wie sie von gewerbsmäßigen Fußbodenschleifern verwendet werden. Einfach mal bei einem solchen Handwerker fragen.
Nach dem ersten Schliff wässern wir den Schaft mit einem Schwamm. Wobei wässern gut anfeuchten heißt und nicht "ertränken". Macht man das Holz zu naß, besteht immer die Gefahr eines Verzuges.
Bevor wir weiterschleifen, warten wir zuerst die völlige Trocknung ab. Das Holz wird sich anschließend sehr rauh anfühlen, da sich die Holzfasern bei der Trocknung aufstellen.
Die Papierkörnung beim zweiten Schliff wählen wir etwas feiner. Habe ich mit 40 begonnen, nehme ich jetzt also 80, beim Start mit 100 setze ich mit 120 fort.
Dann wieder wässern und mit noch feinerem Papier schleifen. Das ganze Spiel treiben wir mindestens bis zur Körnung 600.
Nach dem letzten Schliff geht's an Eingemachte, das Aufbringen des Öles.
Immer wieder geistert auf den diversen Internetseiten und in den verschiedensten Anleitungen der Begriff Leinöl herum. Das ist aber grundsätzlich falsch. Das richtige Material ist Leinölfirnis.
Reines Leinöl hat eine äußerst schlechte Eigenschaft: Es trocknet fast nie.
Leinölfirnis wird aus Leinöl hergestellt. Es wird unter Luftabschluß gekocht, dadurch vernetzen sich die Moleküle und die Trocknungseigenschaften sind zwar noch immer nicht so wie bei z. B. Kunstharzlacken, aber sie werden gegenüber dem reinen Leinöl gewaltig verbessert.
Wie oben schon erwähnt, wird ein guter Schutz nur erreicht, wenn die Imprägnierung möglichst tief in das Holz eindringt.
Reiner Leinölfirnis zieht aber in's Holz nur sehr wenig ein, da er einfach zu dick ist. Wir arbeiten daher bei den ersten Beschichtungen nicht mit reinem Firnis, sondern mischen drei Teilen Terpentin und einen Teil Leinölfirnis.
Um die Trocknung weiter zu verbessern kommt in diese Mixtur noch 1% Mangan- oder Cobaltsikkativ dazu. Dieses Zusatzmittel ist in den diversen Baumärkten nicht zu erhalten.
Hier hilft nur ein Gang zum nächsten guten Malermeister, der kennt sicher die Bezugsquellen, oder ist sogar bereit eine geringfügige Menge abzugeben. Eine weitere Quelle wären auch noch Geschäfte, die Künstlerfarben verkaufen.
Diese Mischung tragen wir mit einem Pinsel in mehreren Arbeitsgängen, fünf- bis zehnmal naß in naß, im Abstand von ein paar Minuten, satt auf.
Mit diesem Trick (ohne eine Trocknung abzuwarten), "treibt" man die Imprägnierung regelrecht in das Holz ein.
Nach ein oder zwei Tagen Tochnungszeit schleifen wir den Schaft wieder mit feinstem Papier ab und wiederholen das Ganze.
Für die nächsten Aufträge mischen wir Leinölfirnis und Terpentin 1:1 und geben wieder 1% Sikkativ dazu. Ab jetzt nehmen wir aber nicht den Pinsel, sondern reiben den verdünnten Firnis mit dem Handballen ein. Das Holz muß dabei fühlbar warm werden. Dies machen wir (Trockung dazwischen abwarten und anschließendes Schleifen) solange, bis an der Oberfläche der Auftrag durch leichten Glanz sichtbar wird.
Die nächsten "Ölungen" erfolgen mit einem Gemisch von drei Teilen Leinölfirnis, einem Teil Terpentin und 1% Sikkativ. Dazu besorgen wir uns wasserfestes Ölsandpapier Körnung 600 bis 1000 und schleifen den Firnis regelrecht in die Poren ein.
Nach der Trocknung wird der Schaft gründlich ganz fein geschliffen, so daß der Leinölfirnis praktisch nur in den Holzporen liegen bleibt.
Sind keine Poren mehr zu sehen, sind wir fast am Ziel. Wir mischen in reinen Leinölfirnis (ohne mit Terpentin zu verdünnen) 1% Sikkativ und reiben mit dem Handballen einen wirklich hauchdünnen Film auf.
Als Endergebnis sollte die Oberfläche seidig glänzen. Sind matte Stellen zu sehen, dann liegt dort meist zuviel ÖL. Da hilft nur, diese Stellen mit Korn 800 bis 1000 oder Stahlwolle 0000 abzuschleifen und den hauchfeinen Endauftrag zu wiederholen bis eine gleichmäßig glänzende Oberfläche vorhanden ist.
Bevor wir die Waffe zusammenbauen warten wir bitte noch zwei bis drei Wochen ab.
Abschließen noch ein Hinweis für Leute, die den Leinölfirnis einfärben möchten. Die alten Büchsenmacher haben meist mit Rotwurzelöl gearbeitet. Das kann man, falls es nirgendwo aufzutreiben ist, selbst herstellen. Es ist die Wurzel einer Salbeiart (Alcana). Wir zerreiben die gewünschte Menge auf kleine Splitter, geben sie in den Leinölfirnis, kochen
das Gebräu auf einem Elektrokocher und seihen es anschließend ab.
Das Kochen sollte am Besten im Freien geschehen, dann der satte Geruch des Leinölfirnisses wird nicht von allen Ehefrauen vertragen.
Wegen der offenen Flamme auf keinen Fall einen Gaskocher verwenden!
Eine Alternative zum Einfärben bieten auch Abtönfarben. Am weitaus besten geeignet sind die unter dem Handelsnamen Pintasol bekannten Tönungspasten.
Sie besitzen eine ganz hervorragende Färbekraft, man benötigt daher nur geringste Mengen. Da sie sehr teuer sind, wird es allerdings nicht lohnen eine ganze Flasche zu kaufen, hier hilft ebenfalls meist nur der nächste Malermeister und eine kleine Spende an seine Kaffeekasse.
Achtet aber bitte darauf, daß die gewünschten Farben die Kurzbezeichnung WL aufweisen.
Also z. B. WL 2. L alleine steht für lichtecht, W steht für wetterfest. WL vereinigt beide Eigenschaften.
Dann noch viel Spaß und Geduld mit dem nächsten Ölschaft und bei Fragen bitte einfach posten.
heimwerker
Der eigentliche Sinn eines Ölschaftes ist der Schutz des Holzes vor Feuchtigkeit. Von den Mauserschäften, die Anfang des 20. Jht's hergestellt wurden, ist überliefert, daß sie teilweise in Leinöl gekocht wurden um den möglichst großen Schutz zu erzielen.
Daß das Aussehen und das Gefühl beim Angreifen eines Ölschaftes durch keine, wie auch immer geartete Lackierung zu schlagen ist, sind nur angenehme Nebeneffekte.
Verheimlichen will ich nicht, daß der Zeitaufwand relativ groß ist und daher einige Geduld erfordert.
Da die Wenigsten von uns die Möglichkeit haben werden, einen Schaft zu kochen, bleibt nur die "händische" Lösung des Problems.
Gehen wir in die Praxis:
Falls eine Harzbettung des Systems vorgenommen werden soll, dann muß das zuerst gemacht werden, da bei mit Öl verseuchten Stellen keine Bindung zwischen Harz und Holz erfolgen kann.
Ab hier beginnt die "unendliche" Geschichte.
Erster Schritt ist das Scheifen des Schaftes. Die erste Schleifpapierkörnung richtet sich nach der Güte der Schaftoberfläche.
Ist sie sehr rauh, kann ohne Weiteres mit Körnung 40 begonnen werden, ist sie von Haus aus schon besser, fange ich mit Korn 100 an.
Zum Papier ist nicht viel zu sagen, kann im Prinzip jedes genommen werden. Sehr gute Standzeiten hat z.B. das weiße Schleifpapier von 3M, ist allerdings nicht gerade billig.
Hervorragend geeignet sind auch Schleifbänder, wie sie von gewerbsmäßigen Fußbodenschleifern verwendet werden. Einfach mal bei einem solchen Handwerker fragen.
Nach dem ersten Schliff wässern wir den Schaft mit einem Schwamm. Wobei wässern gut anfeuchten heißt und nicht "ertränken". Macht man das Holz zu naß, besteht immer die Gefahr eines Verzuges.
Bevor wir weiterschleifen, warten wir zuerst die völlige Trocknung ab. Das Holz wird sich anschließend sehr rauh anfühlen, da sich die Holzfasern bei der Trocknung aufstellen.
Die Papierkörnung beim zweiten Schliff wählen wir etwas feiner. Habe ich mit 40 begonnen, nehme ich jetzt also 80, beim Start mit 100 setze ich mit 120 fort.
Dann wieder wässern und mit noch feinerem Papier schleifen. Das ganze Spiel treiben wir mindestens bis zur Körnung 600.
Nach dem letzten Schliff geht's an Eingemachte, das Aufbringen des Öles.
Immer wieder geistert auf den diversen Internetseiten und in den verschiedensten Anleitungen der Begriff Leinöl herum. Das ist aber grundsätzlich falsch. Das richtige Material ist Leinölfirnis.
Reines Leinöl hat eine äußerst schlechte Eigenschaft: Es trocknet fast nie.
Leinölfirnis wird aus Leinöl hergestellt. Es wird unter Luftabschluß gekocht, dadurch vernetzen sich die Moleküle und die Trocknungseigenschaften sind zwar noch immer nicht so wie bei z. B. Kunstharzlacken, aber sie werden gegenüber dem reinen Leinöl gewaltig verbessert.
Wie oben schon erwähnt, wird ein guter Schutz nur erreicht, wenn die Imprägnierung möglichst tief in das Holz eindringt.
Reiner Leinölfirnis zieht aber in's Holz nur sehr wenig ein, da er einfach zu dick ist. Wir arbeiten daher bei den ersten Beschichtungen nicht mit reinem Firnis, sondern mischen drei Teilen Terpentin und einen Teil Leinölfirnis.
Um die Trocknung weiter zu verbessern kommt in diese Mixtur noch 1% Mangan- oder Cobaltsikkativ dazu. Dieses Zusatzmittel ist in den diversen Baumärkten nicht zu erhalten.
Hier hilft nur ein Gang zum nächsten guten Malermeister, der kennt sicher die Bezugsquellen, oder ist sogar bereit eine geringfügige Menge abzugeben. Eine weitere Quelle wären auch noch Geschäfte, die Künstlerfarben verkaufen.
Diese Mischung tragen wir mit einem Pinsel in mehreren Arbeitsgängen, fünf- bis zehnmal naß in naß, im Abstand von ein paar Minuten, satt auf.
Mit diesem Trick (ohne eine Trocknung abzuwarten), "treibt" man die Imprägnierung regelrecht in das Holz ein.
Nach ein oder zwei Tagen Tochnungszeit schleifen wir den Schaft wieder mit feinstem Papier ab und wiederholen das Ganze.
Für die nächsten Aufträge mischen wir Leinölfirnis und Terpentin 1:1 und geben wieder 1% Sikkativ dazu. Ab jetzt nehmen wir aber nicht den Pinsel, sondern reiben den verdünnten Firnis mit dem Handballen ein. Das Holz muß dabei fühlbar warm werden. Dies machen wir (Trockung dazwischen abwarten und anschließendes Schleifen) solange, bis an der Oberfläche der Auftrag durch leichten Glanz sichtbar wird.
Die nächsten "Ölungen" erfolgen mit einem Gemisch von drei Teilen Leinölfirnis, einem Teil Terpentin und 1% Sikkativ. Dazu besorgen wir uns wasserfestes Ölsandpapier Körnung 600 bis 1000 und schleifen den Firnis regelrecht in die Poren ein.
Nach der Trocknung wird der Schaft gründlich ganz fein geschliffen, so daß der Leinölfirnis praktisch nur in den Holzporen liegen bleibt.
Sind keine Poren mehr zu sehen, sind wir fast am Ziel. Wir mischen in reinen Leinölfirnis (ohne mit Terpentin zu verdünnen) 1% Sikkativ und reiben mit dem Handballen einen wirklich hauchdünnen Film auf.
Als Endergebnis sollte die Oberfläche seidig glänzen. Sind matte Stellen zu sehen, dann liegt dort meist zuviel ÖL. Da hilft nur, diese Stellen mit Korn 800 bis 1000 oder Stahlwolle 0000 abzuschleifen und den hauchfeinen Endauftrag zu wiederholen bis eine gleichmäßig glänzende Oberfläche vorhanden ist.
Bevor wir die Waffe zusammenbauen warten wir bitte noch zwei bis drei Wochen ab.
Abschließen noch ein Hinweis für Leute, die den Leinölfirnis einfärben möchten. Die alten Büchsenmacher haben meist mit Rotwurzelöl gearbeitet. Das kann man, falls es nirgendwo aufzutreiben ist, selbst herstellen. Es ist die Wurzel einer Salbeiart (Alcana). Wir zerreiben die gewünschte Menge auf kleine Splitter, geben sie in den Leinölfirnis, kochen
das Gebräu auf einem Elektrokocher und seihen es anschließend ab.
Das Kochen sollte am Besten im Freien geschehen, dann der satte Geruch des Leinölfirnisses wird nicht von allen Ehefrauen vertragen.
Wegen der offenen Flamme auf keinen Fall einen Gaskocher verwenden!
Eine Alternative zum Einfärben bieten auch Abtönfarben. Am weitaus besten geeignet sind die unter dem Handelsnamen Pintasol bekannten Tönungspasten.
Sie besitzen eine ganz hervorragende Färbekraft, man benötigt daher nur geringste Mengen. Da sie sehr teuer sind, wird es allerdings nicht lohnen eine ganze Flasche zu kaufen, hier hilft ebenfalls meist nur der nächste Malermeister und eine kleine Spende an seine Kaffeekasse.
Achtet aber bitte darauf, daß die gewünschten Farben die Kurzbezeichnung WL aufweisen.
Also z. B. WL 2. L alleine steht für lichtecht, W steht für wetterfest. WL vereinigt beide Eigenschaften.
Dann noch viel Spaß und Geduld mit dem nächsten Ölschaft und bei Fragen bitte einfach posten.
heimwerker