Willkommen "Pimpmydreirad"!
Ich versuch dich zu verstehen
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Nachdenken und Reden
Auszug aus dem Interview im Rahmen der Sendung "Von Tag zu Tag" (Ö1) vom 18. 8. 1999Eugen-Maria Schulak: Nicht selten ist es der Fall, daß Menschen philosophische Interessen bereits für sich selbst verfolgt haben, gewissen Themen schon seit geraumer Zeit auf eigene Faust nachgehen.
Rainer Rosenberg: Man kann aber auch in eine Buchhandlung gehen. Man muß ja nicht zu Ihnen gehen.
Eugen-Maria Schulak: Man könnte auch in eine Buchhandlung gehen. Das ist klar. Nur viele Leute scheuen diesen Weg. Philosophische Werke sind oft umfangreich, sind oft ein wenig kompliziert geschrieben. Das heißt, um ein Thema umfassend für sich selbst recherchieren zu können, müßte man quasi ein kleines Studium absolvieren, vielleicht überhaupt studieren. Dazu haben die Leute aber keine Zeit.
Rainer Rosenberg: Und wenn man an die Uni geht, zu einer Vorlesung, kommt man auch nicht zu dem, was Sie anbieten, nämlich zum Dialog.
Eugen-Maria Schulak: Das ist auf der Universität schon auch möglich, aber eher in den Seminaren.
Rainer Rosenberg: Ich weiß, da muß man richtig studieren ...
Eugen-Maria Schulak: ... müßte man quasi. Und es gibt ja auch viele, die dann tatsächlich Philosophie studieren, aber erst nach ihrer Berufstätigkeit. Es gibt auf der philosophischen Fakultät viele Seniorenstudenten. Der Berufstätige aber wird diese Zeit in der Regel nicht erübrigen können.
Rainer Rosenberg: Das heißt, zum Philosophieren braucht man Muße.
Eugen-Maria Schulak: In gewissem Sinne schon, ja. Einen Ansprechpartner, denke ich, braucht man aber ebenso, das heißt jemanden, mit dem man das Ganze ausführlich besprechen kann.
Rainer Rosenberg: In einem Artikel, den Sie geschrieben haben, sprechen Sie immer wieder die "Erfolgreichen, Vornehmen und Gebildeten" als mögliche Zielgruppe an. Wie soll ich das interpretieren?
Eugen-Maria Schulak: Philosophie hat natürlich einen gewissen elitären Touch. Und manche Leute lieben das auch, sich mit philosophischen Argumenten, mit philosophischen Namen zu schmücken. Das kann man natürlich ebenso befriedigen, das wäre ebenso eine Möglichkeit.
Rainer Rosenberg: In diesem Punkt sind Sie dann ganz einfach das bessere Zitatenlexikon.
Eugen-Maria Schulak: Das wäre jetzt ein bißchen verkürzt. Aber wenn jemand für einen gewissen Zweck Argumente brauchen würde, auch was sein Berufsleben betrifft - so etwas habe ich bereits des öfteren gemacht -, dann wäre ich durchaus bereit, dies zu tun; ganz nach der altgriechischen sophistischen Tradition.
Rainer Rosenberg: Wo schauen Sie am liebsten schnell nach?
Eugen-Maria Schulak: Wo ich am liebsten nachschaue? Weniger in Philosophiegeschichten, mehr in philosophischen Lexika. Wenn ich mich über etwas informieren will, über das ich wenig Ahnung habe, würde ich eher Lexika verwenden.
Rainer Rosenberg: Ich möchte noch einmal zurückkommen auf die "Erfolgreichen, Vornehmen und Gebildeten" und auf das Elitäre. Ist es das Schicksal der Philosophie in diesem Umfeld stattzufinden? Oder gibt es die Möglichkeit des Ausbruchs?
Eugen-Maria Schulak: Es ist so, daß viele Leute, was die Philosophie betrifft, Schwellenängste haben. Die meisten glauben, daß man eine ungeheure Vorbildung braucht, um philosophieren zu können. Ich will das eigentlich verneinen, weil ich habe mit 17, 18Jährigen wunderbare philosophische Diskurse geführt, und diese jungen Leute können auf Grund ihres Alters diese Vorbildung gar nicht haben. Und trotzdem ergaben sich lange und sinnvolle Diskussionen, die durchaus fruchtbar und interessant waren.
Rainer Rosenberg: Das heißt, die Abstraktion, die man in der philosophischen Literatur findet, muß nicht im Gespräch stattfinden.
Eugen-Maria Schulak: Sie muß nicht im Gespräch stattfinden. Wenn man Vorlesungen an der Universität besucht, kann man sehr oft bemerken, daß je etablierter ein Professor ist, desto einfacher seine Sprache wird. Ich denke, daß dieses Herumwerfen mit komplizierten Formulierungen und Fremdwörtern letztlich auf eine gewisse Unsicherheit schließen läßt. Alles, was sich sagen läßt, läßt sich auch klar und deutlich sagen.
Rainer Rosenberg: Die besten Killer-Argumente.
Eugen-Maria Schulak: Die besten Killer-Argumente, ja. Und Schopenhauer sagt in einem der letzten Paragraphen, daß, wenn alles nichts mehr hilft, man grob, gemein und beleidigend werden müsse. Im letzten Paragraphen sagt er allerdings, daß es wohl das Beste sei, sich seine Gesprächspartner wirklich gut auszusuchen, um eben diese Untergriffe nicht verwenden zu müssen. - Freilich, Sie haben recht, in der Praxis wird oft mit unfairen Mitteln gekämpft. Die Philosophie versucht, einen halbwegs geraden Weg zu gehen. Ohne Polemik wird man freilich nie wirklich auskommen. Es gibt jedoch Grenzen.
Rainer Rosenberg: Eugen Maria Schulak, eine letzte Frage. Ihre Klienten, die zu Ihnen in die Philosophische Praxis kommen, sollen die nachher mehr wissen oder soll es Ihnen besser gehen?
Eugen-Maria Schulak: Ich würde sagen, daß das Ganze eine Verbindung ist. Ich denke, es sollte beides stattfinden. Es sollte eine Vermehrung des Wissens stattfinden und es sollte ein persönliches Wohlbefinden, eine Befriedigung stattfinden. Ich denke, Philosophie ist immer etwas - wenn es gelingt, wenn der Dialog gelingt -, das persönliches Wohlbefinden produzieren kann. Das ist das Ziel.