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Zivildiener und das "Waffenverbot"

Was ist erlaubt, was ist verboten und wie kommt man eigentlich zu einer WBK?
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emanuel2408
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Zivildiener und das "Waffenverbot"

Beitrag von emanuel2408 » Sa 12. Mär 2016, 12:18

Zivildiener und das „Waffenverbot“


1. Allgemeines

„Jeder männliche Staatsbürger ist wehrpflichtig.“ Dies normiert Artikel 9a Abs 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG). Grundsätzlich würde das nun bedeuten, dass jeder männliche Staatsbürger Präsenzdienst zu leisten hat, würde es im selben Paragraphen nicht noch eine weitere Bestimmung geben, die folgendermaßen lautet: „Wer die Erfüllung der Wehrpflicht aus Gewissensgründen verweigert und hievon befreit wird, hat die Pflicht, einen Ersatzdienst (Zivildienst) zu leisten“ (Artikel 9a Abs 4 B-VG).

Das Zivildienstgesetz regelt einerseits die Erfüllung des Zivildienstes und normiert andererseits auch, dass Wehrpflichtige, welche es aus Gewissensgründen ablehnen, abgesehen von den Fällen der persönlichen Notwehr oder Nothilfe, Waffengewalt gegen Menschen anzuwenden und daher bei Leistung des Wehrdienstes in Gewissensnot geraten würden, eine Zivildiensterklärung abgegeben können. Diese Verfassungsbestimmung ist als Grundrecht zu qualifizieren und ist, wie die im Staatsgrundgesetz 1867 verankerten Rechte, ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht. Überdies steht § 1 ZDG im Stufenbau der österreichischen Rechtsordnung im gleichen Rang wie zB das Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955 über die Neutralität Österreichs. Die Meinungen über Zivildiener mögen zwar stark differieren, es sei aber durch diese Vergleiche hervorgehoben, dass dieses Recht jedem männlichen Staatsbürger zukommt und dies zu respektieren ist.

2. Unterliegen Zivildienstpflichtige einem Waffenverbot und wann werde ich überhaupt zivildienstpflichtig?

Die Zivildienstpflicht wird durch die Zivildienstserviceagentur nach Abgabe der Zivildiensterklärung mittels Bescheid festgestellt. Dieser Bescheid enthält das genaue Datum ab wann die Zivildienstplicht eingetreten ist. Für den Eintritt völlig irrelevant ist hingegen, wann der Zivildienst nun tatsächlich abgeleistet wird bzw wann dieser abgeleistet wurde. Die Klärung dieser Vorfrage spielt unter anderem mit dem häufig als Waffenverbot bezeichneten Verbot des Erwerbes, Besitzes und Führens genehmigungspflichtiger Waffen eine Rolle.

§ 5 Abs 5 des ZDG führt aus: „Zivildienstpflichtigen, für die nach dem 30. September 2005 eine Feststellung gemäß Abs. 4 getroffen wird, sind der Erwerb und der Besitz von verbotenen Waffen, Kriegsmaterial und genehmigungspflichtigen Schusswaffen sowie das Führen von Schusswaffen für die Dauer von 15 Jahren untersagt. Die Frist beginnt mit Eintritt der Zivildienstpflicht. Für Zwecke der Ausübung der Jagd, für Angehörige traditioneller Schützenvereinigungen sowie für Sportschützen können von der Landespolizeidirektion auf Antrag des Zivildienstpflichtigen in begründeten Fällen mit Bescheid Ausnahmen vom Verbot des Erwerbes und Besitzes genehmigungspflichtiger Waffen und vom Verbot des Führens von Schusswaffen erteilt werden.“

2.1. Genehmigungspflichtige Schusswaffen

Genehmigungspflichtige Schusswaffen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Schusswaffen der Kategorie A und B nach dem Waffengesetz. Kategorie C und D Waffen fallen nicht unter § 5 Abs 5 ZDG und können daher auch von Zivildienstpflichtigen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, erworben werden.

2.2. Verbot des Erwerbes, Besitzes und Führens von genehmigungspflichtigen Waffen

Zivildienstpflichtigen ist der Erwerb, der Besitz und das Führen von genehmigungspflichtigen Waffen für die Dauer von 15 Jahren untersagt. Diese Frist beginnt mit Eintritt der Zivildienstpflicht (siehe oben). Dieses Verbot darf nicht mit dem Waffenverbot gem den §§ 12 und 13 des Waffengesetzes verwechselt werden. Der Hauptunterschied ist darin begründet, dass auf behördlich genehmigten Schießstätten gem § 14 WaffG die Bestimmungen über das Überlassen, den Besitz und das Führen von Schusswaffen sowie die Bestimmungen über das Überlassen und den Erwerb von Munition für Faustfeuerwaffen nicht anzuwenden sind. Waffenverbote (§§ 12 und 13) gelten auf diesen Schießstätten, das in § 5 Abs 5 ZDG normierte Verbot jedoch nicht. Im Klartext heißt das nun, dass Zivildienstpflichtige auf behördlich genehmigten Schießstätten ohne Weiters wie jede andere Person (ohne Waffenverbot) schießen können.

Anmerkung:

Als Besitz gilt gem § 6 WaffG auch die Innehabung. Im Unterschied zum Zivilrecht ist hier kein Eigenbesitzwille nötig, die Herrschaft über die Sache ist ausreichend. Daher darf auch selbst eine ungeladene Kat. B Waffe niemals an eine Person ohne waffenrechtliches Dokument ausgehändigt werden, selbst das kurzzeitige „in der Hand halten“ wäre als Besitz zu qualifizieren und damit verboten.

3. Ausnahmebewilligung vom Verbot nach § 5 Abs 5 ZDG

Es ist möglich, für Zwecke der Ausübung der Jagd, für Angehörige traditioneller Schützenvereinigungen sowie für Sportschützen in begründeten Fällen eine Ausnahme vom Verbot zu erlangen. Der Antrag für diese Ausnahme ist bei der zuständigen Landespolizeidirektion zu stellen. Die Zuständigkeit richtet sich nach dem Hauptwohnsitz des Zivildienstpflichtigen, mit Hauptwohnsitz in Wien wäre daher die LPD Wien zuständig (HWS Innsbruck à LPD Tirol).

3.1.1. Was sind begründete Fälle?

Diese Frage lässt sich leider nicht einheitlich beantworten, da von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Kriterien zur Beurteilung herangezogen werden. Es ist daher anzuraten, sich bei der jeweiligen LPD zu informieren. Es wird in den nächsten Wochen einen Leitfaden für Wien geben, es ist aber auch das Ziel in der Zukunft für die anderen Bundesländer einen solchen zur Verfügung zu stellen.

3.1.2. Meine Zivildienstpflicht wurde vor dem 30. September 2005 festgestellt, gilt für mich diese Ausnahme nun nicht?

Grundsätzlich ist die Erteilung einer Ausnahmebewilligung für diese Personen nicht zugänglich. Die ständige Rechtsprechung geht jedoch davon aus, dass auch in diesen Fällen eine Ausnahme erteilt werden kann, dies bestätigt auch die gängige Praxis in Wien.

3.1.3. Mir wurde eine Ausnahmebewilligung erteilt, was bedeutet das nun genau?

Der Bestand und die Dauer des Verbots gem § 5 Abs 5 ZDG wird durch die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nicht berührt und besteht daher fort. Die Bewilligung wird lediglich für die beantragte Ausübung (Jagd, Sport, Angehörige traditioneller Schützenvereine) erteilt.

4. Zusammenfassung/ Schlussbemerkung

Missverständnisse bei dieser Thematik sind leider keine Seltenheit, daher hoffe ich, dass diese Abhandlung dazu beiträgt eben jene zu beseitigen. Ob dieses Verbot zeitgemäß ist wage ich zu bezweifeln, es ist bezeichnend dass eine vormals Verfassungsbestimmung zu einem einfachen Gesetz „zurückgestuft“ wurde. Ob dieses Verbot auch in Zukunft Bestand hat wird sich zeigen, ein Gesetzprüfungsverfahren auf die Verfassungsmäßigkeit (ich denke hier insbesondere an den Gleichbehandlungsgrundsatz) durch den VfGH wäre jedenfalls erstrebenswert.

P.S. Vielleicht könnte ein Moderator das Thema anpinnen, für Zivildienstpflichtige sicher nicht uninteressant, Danke!
P.P.S. Falls wer von euch Informationen zur Ausnahmebewilligung in den Bundesländern hat, würde ich darum bitten, mir die Infos zukommen zu lassen. Danke!

bino71
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Re: Zivildiener und das "Waffenverbot"

Beitrag von bino71 » Sa 12. Mär 2016, 12:36


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