HS911 hat geschrieben:
Schnorrer
Registration/Equipment Check: "Geh, borgst ma schnell deinen Kuli?"
Safety Area: "Hat jemand a zweite Safety Flag mit?"
Stage 3: "Ma, dürft ich auch kurz mit deiner Magazinbürste die Mags auswischen?"
Stage 7: "Wer ist denn so lieb und würd mir kurz an 5er Inbus leihen?"
Stage 11: "Hat jemand zufällig einen extra Schlittenfanghebel mit?"
Vorbild: hat kein eigenes aber machts Dir was aus, wenn er einfach deins mitbenutzt?
Gesichtet: Überall wo geschossen wird.
Uuuuh.. von der Gattung kenn ich Artverwandte...
Der Hülsenschnorrer / SchützengoldgräberMan erkennt ihn oft nicht an seinem Äußeren. Verräterisch ist zumeist nur sein Verhalten. Erste Indizien sind oft nur die Waffe die mit offenem Verschluss neben einer Schachtel sauber markierter und sortierter Handladungen, an einem sonst unbesetztem Platz steht. Vom Schützen weit und breit keine Spur. Es gibt ihn in mehreren Leistungs und Frechheitsstufen.
Stufe 1 ist noch die harmloseste. Er macht nach deinen ersten fünf Schuss auf die Scheibe, mit einem freundlichen klopfen auf die Schulter, auf sich aufmerksam, und fragt, ob man Wiederlader sei oder die abgeschossenen Hülsen noch brauche. Falls man Widerlader ist akzeptiert er das mit einem freundlichen Lächeln, und wünscht noch viele Mouchen, wenn nicht bittet er darum die Hülsen einfach liegen zu lassen. Er kümmert sich später darum.
Wenn man so freundlich ist sie ihm auf einen Haufen zusammenzutragen, oder ihm gar beim aufklauben hilft lehnt er schon fast peinlich berührt dieses Übermaß an Hilfe dankend ab, und fürchtet fast dass man sich im Austausch zu den 25 Hülsen am Ende noch einen Kaffee in der Kantine erwarte. Der Messingkilopreis würde das leider nicht hergeben, und er müsste sich eine Ausrede einfallen lassen und auf die Hülsen verzichten. Aber er hat meistens Glück. Am Weg zurück zu seinem Stand, kratzt er noch 1 oder 2 ältere Hülsen unter einem Tisch- oder Sesselbein hervor. Die werden natürlich in ein getrenntes Sackerl gegeben. Man will ja möglichst sortenrein bleiben. Auch wenns nur 9mm ist.
Stufe 2 ist ähnlich den Baumarkt Mitarbeitern, in seinem natürlichen Lebensraum nur sehr schwer zu finden. Er zeigt sich nur, wenn er auch gesehen werden will. Und das will er eigentlich nicht. Zumindest nicht erkannt werden. Er ist ein Phantom. Ein Meister der Tarnung. Man kommt ihm nur auf die Schliche, wenn man Unregelmäßigkeiten im Aufprallgeräuschmuster der ausgeworfenen Hülsen erkennt. Dafür ist aber eine astrein laufene Waffe mit wiederholgenauer Auswurfrichtung und -Stärke, sowie ein aktiver Gehörschutz vonnöten. Ohne dieser technischen Hilfmittel ist das Aufspüren eines level 2 Hülsenschnorrers fast unmöglich.
Beim ersten Schuss ist es meist noch ein "bumm (schuss) - klack (Trennwandkontakt) - ping (erster Bodenkontakt) - pang (zweiter Bodenkontakt) - ping (dritter Bodenkontakt) - klirrrrrrrr (davonrollen)", doch oft schon nach dem 2ten oder dritten Schuss, bleibt das Davonrollgeräusch aus. Bei sehr ungeduldigen Vertretern dieser Gattung kann es sogar nur zu einem bis maximal zwei Bodenkontakten der Hülse kommen, bis die Geräuschsignatur der noch warmen Hülse plötzlich verstummt. Dreht man sich um, ist niemand zu sehen. Weder ein Hülsenschnorrer, noch die Standaufsicht, noch ein interessierter Zuschauer sind zu sehen. Doch die Hülsen sind weg. Ungläubig lässt man seine Blicke zu seinen Standnachbaren schweifen, doch diese sind voll konzentriert mitten in einer Serie. Man fängt an an seiner eignen Wahrnehmung zu zweifeln und nimmt verwirrt die eigene Scheibe weiter unter Beschuss.
Die weniger gut getarnten Vertreter dieser Art kompensieren ihre leichtere Identifizierbarkeit dafür durch ihre Akrobatik und Reflexe. Diese sind in der Lage die noch fliegenden Hülsen direkt aus der Luft zu fischen. Die Restwärme selbst großkalibriger Hülsen stört sie kaum.
Wenn man einem solchen begegnet, applaudiert man ihm für seine Show, und erhält nach freundlicher Nachfrage seine Hülsen meist zurück.
Stufe 3 zeichnet sich durch ihre freche Arbeitsweise aus. Sind tauchen meist dort auf, wo man sie am wenigsten erwartet. Sie nutzen das Überraschungsmoment und sind meist schnell wieder weg. Sie verraten sich meist durch ungewollten Kontakt mit dem eigenen Bein, oder durch Klirrgeräusche zwischen den Füßen. Wendet man den Blick nun vom Ziel ab, findet man sie, zu seinen Füßen kriechend am Boden vor. Auf die Frage was sie da machen, antworten sie meist dass einer ihrer Hülsen wohl hierhergerollt sein muss, und dass man sich nicht ablenken lassen soll. Besonders gut ausgestattete level 3.2 Schützengoldgräber verwenden sogar Werkzeuge wie Rollkäfige, um ihre produktivität zu steigern. Ist erst eine der eigenen Hülsen dem Rollkäfig zum Opfer gefallen, gibt es meist trotz Diskussion, keine Rettung mehr für das arme Messinggeschöpf.
Während Level 1 und 2 Schützengoldgräber meist untereinander gut miteinander auskommen, so finden in Gegenwart von mehr als einem Level 3 Schnorrer meist schmutzige Revierkämpfe statt. Das Wohl der Schießenden Schützen wird zur Nebensache, und alles was zählt ist es mehr Hülsen als sein Kontrahent zu sammeln. Schützen werden angestoßen, Tische und Stühle verrückt, Rollkäfige klirren und leise Kampfschreie und mittelstarkes Fluchen zerstört die Idylle des Schießplatzes. Am besten ist es wenn man mit abgesetzer Waffe und Finger lang das Schauspiel abwartet, und das Produzieren weiterer frischer Hülsen tunlichst vermeidet. Es kann sich aber auszahlen ein paar Hülsen in der Tasche parat zu haben, um sie im Ernstfall in die entgegengesetzte Ecke des Raumes zu werfen um die tobenden Vertreter dieser Art wegzulocken. Je größer das Kaliber, desto höher die Lockwirkung. Von Hülsen ab dem Kaliber 44Mag ist aber abzuraten, da sonst die Eigengefährdung zwischen Herausholen und Werfen des Köders unverhältnismäßig hoch ist.
IPSC Matches meiden die meisten Vertreter dieser Art wie die Pest. Die mentale Belastung die dabei entsteht, sich auf einem so bodenschatzreichem Untergrund zu bewegen, ohne diesen abbauen zu dürfen, halten sie nicht stand. Vereinzelt wird von gewaltsam entfernten Level 3 Schützengoldgräber berichtet, die sich auch nach mehrfacher Verwarnung der ROs nicht an die Matchregeln zu halten imstande waren.
...ein bisschen darf ich mich selbst dazuzählen