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von cas81 » Di 19. Mär 2019, 07:19
Ich jedenfalls ziehe fachlichen Input ohne den Beigeschmack der ein oder anderen Allüre vor, wenigstens solange, bis das Thema tot ist. Aber darum geht es hier ja nicht... zumindest nicht jedem.
Ich habe es so schlecht gemacht, wie man es machen hätte können:
Zuerst ewig recherchiert bezüglich zukünftiger Kandidaten. Mich dann irgendwann einmal festgelegt. Darauf fixiert und total geblendet habe ich mir die Waffe dann gekauft. Lag nicht wirklich toll in der Hand und das ist auch heute nicht anders. War aber nebensächlich, denn meine oberste Priorität war "keine Zicke". Und heute: es war die richtige Wahl, aber ich hatte die richtige Einstellung (s. u.) und vor allem richtig Glück.
Da das Glück aber nicht jedem und immer treu ist, würde mein Plan aus heutiger Sicht folgendermaßen lauten:
1) Zunächst umsehen und die absoluten NoGos ausschließen. Das geht zunächst nach Optik und Budget. Was nützt mir das Beste und Tollste, wenn ichs mir nicht leisten kann oder will und natürlich spielt das Äußere bei maximal zwei Waffen auch eine Rolle... auch wenn gleich noch ein paar arrogante Schuhvergleiche o. ä. kommen.
2) Bezüglich der in Frage kommenden Kandidaten recherchieren: Besonderheiten und deren (für mich) praktische Relevanz, wie bspw Verlässlichkeit, Ergonomie (linkshandtauglich), Material (Plastik, Alu, Stahl), etc. Ebenso typische Eigenschaften der konkreten Modelle (objektiv: regelmäßig Schlagbolzenbrüche zB) und erst dann das Subjektive ("die liegt so toll in der Hand").
3) Die nun engere Wahl jedenfalls anfassen und wenn möglich probeschiessen. Geht das nicht, dann "viel Glück". A pro pos Probeschiessen: Ich hatte meine Waffe mit ein paar Schuss "getestet". Aber die Qualität des Tests war im Nachhinein betrachtet natürlich wertlos. Woher soll ich denn auch wissen, was mir auf Dauer hilft und was mich ggf stört, ich war ja Anfänger. Was hingegen ein Anderer dazu sagt ist ebenso wertlos, da jeder bestimmte Must Haves und NoGos individuell für sich definiert. Sackgasse, aber die Punkte 1 und 2 sollten das einigermaßen wettmachen, ggf gibt die der Helfer einen Denkanstoß.
Aus heutiger Sicht:
Die Feinheiten bezüglich Ergonomie, Abzug, Material, etc sind mMn massiv überbewertet. Man kann sich auf jede gängige Waffe einstellen und wenn meine Cousine im damaligen Alter von 12 Jahren und mein Cousin mit 8 Jahren mit Glocks und Berettas schießen können, dann schafft das auch jeder Pulverdampfler (die haben übrigens nicht gejammert, wie klobig und riesengroß der Griff ist. Getroffen haben sie sogar ziemlich gut). Die Frage ist nur, wie steil die Lernkurve anfangs sein soll, wie schnell das danach stagnieren darf, welche Ziele man nun konkret ernsthaft anstrebt und wie wichtig diese Feinheiten, wie bspw das Anfassgefühl, letztendlich wirklich sind. Wenn dich die Kante einer Waffe bei jedem Schuss in die Hand beißt (bei mir bspw mit der Arex so) UND du die Waffe dabei nicht ganz falsch hältst, dann ist sie nichts für dich und wird nie etwas für dich werden. Wegen dem "nicht ganz falsch" Halten brauchst du aber ggf jemanden, der dich korrigiert, denn die gesunde Nervosität am Anfang der Schießsportkarriere hindert einen selbst idR daran und schon trainierst du es dir falsch an. Btw, auch Atmung, Stand, etc sind schlussendlich ebenfalls Feinheiten. Der Leistungs- (Präzi)Schütze mag das anders sehen, aber du alleine definierst dein Ziel und nicht ein Anderer. Zweck - Ziel - passendes Gerät, that's it von der Seite der Hardware her betrachtet, denn im Endeffekt sind die Basics: halbwegs richtig halten, Visierung benutzen und kontrolliert abziehen. Ggf noch Mucken überwinden. Ob nun Innenzehner oder Aussenzehner oder gar Neuner auf 10, 15, 25m, da bewegst du dich schon in Richtung (angestrebter) Perfektion und somit Feinheiten. Bis dahin dauert es aber noch und du brauchst mal eine Waffe, die dir halbwegs liegt.
Summary:
es ist keine Wissenschaft eine Waffe zu kaufen, die einem gefällt und den angestrebten Zweck erfüllt. Wenn du jemanden findest, der dir über die Schulter schaut und dich probierten lässt, dann ist das jedenfalls erstrebenswert. Wenn das nicht geht, dann kannst du dich sowieso nur auf Recherche und Anfassgefühl verlassen. Wirklich wichtig sind nur zwei Dinge: 4 Cooperregeln und nichts komplett falsch antrainieren. Ersteres geht idR ohne Hilfe, Zweiteres wird ggf schwierig.
Btw, heute sind viele Waffen für mich toll, iSv "so einen 629 in 44 Mag will ich auch!", wenn ich ihn mal geschossen habe. Die Liste wird bloß immer länger. Dank der Punkte 1 bis 3 jedoch, ist mir das eigentlich egal, weil fur mich (!) objektive Kriterien an erster Stelle stehen und der subjektive Aspekt zum größten Teil sowieso Gewöhnungssache ist. Wenn du natürlich das Schießen als Leistungssport betreiben möchtest, dann sieht das ggf ganz anders aus, aber bis dahin wird noch genug Zeit vergehen, sodass du bis dahin längst keine Beratung bezüglich solcher Basics mehr brauchst. Übrigens, am besten Treffe ich mit Glocks, die mir aber weder gut liegen weil schreckliche Handlage, noch gefallen, noch einen besonders tollen Abzug haben. Auch besser als mit Shadow oder PPQ, die ich genau wie die Glocks nur selten schieße. Komisch gell... vielleicht gibt es doch kein allgemein gültiges penibel einzuhaltendes Rezept...
Kauf dir also was dich glücklich macht und lass dir nix einreden. Zum Glück kannte ich das Forum damals nicht, sonst hätte ich mir zunächst eine Glock 17 und einen 686 in 6 Zoll gekauft, doch ich kann beide nicht wirklich ausstehen und ob nun 99% oder 95% gut auf der Scheibe landen, ist mir persönlich egal. Aber all das weiß man halt nicht, wenn man noch kein Gefühl für die Sache entwickelt hat. Ein Risiko ist besonders anfangs immer dabei.
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