Leute, jetzt wird es aber absurd hier. _Jack_ hat die Rechtslage bereits recht schön erklärt- und dann
kommt wieder ein völlig unkundiger Beitrag, bei dem Meinung, Bauchgefühl und Hörensagen dominieren.
Ich kann nur jedem, der eine "Existenzbedrohungsprüfung" im Notwehrrecht sieht, raten, den HESA Kurs
zu machen. Der ihn leitende langjährige Straflandesgericht-Richter bekommt bei solchen Aussagen vermutlich
Lach-Weinkrämpfe.
Prof. Fuchs schreibt jedenfalls in seinem Kommentar zum Notwehrparagraphen ( § 3 StGB ):
"In einer Notwehrsituation handelt rechtmäßig wer sich nur der Verteidigung bedient, die notwendig ist um
den Angriff abzuwehren. Notwendig ist das gelindeste Mittel das den Angriff verlässlich abwehrt.
Zu prüfen ist:
a) Welche Mittel und Abwehrhandlungen standen dem Angegriffenen zur Verfügung?
b) Welche davon sind mit hinreichender Wahrscheinlichkeit geeignet den Angriff sofort abzuwehren?
c) Welche dieser hinreichend wirksamen Maßnahmen schädigt den Angreifer am wenigsten?
Ein Verteidigungsmittel ist hinreichend wirksam, wenn es den Angriff verlässlich abwendet und die Gewissheit
einer sofortigen und endgültigen Beseitigung der Gefahr gewährleistet. Auf
Gegenmaßnahmen, deren Wirkung für die
Abwehr zweifelhaft ist, braucht sich der Angegriffene in einer Notwehrsituation nicht einzulassen. Er braucht kein
Risiko einzugehen, er darf vielmehr ein Mittel wählen, das ihn dem Angreifer gegenüber unbedingt überlegen macht.
Der Schaden der dem Angreifer durch die notwendige Verteidigung zugefügt wird, darf den aus dem Angriff
drohenden Nachteil weit übersteigen."
Detto auch hier:
http://www.styria-tkd.at/notwehr.html" onclick="window.open(this.href);return false;
Notwehr setzt zunächst eine Notwehrlage voraus, die eine durch einen Angriff bewirkte Gefahr für ein notwehrfähiges Gut. Notwehrfähige Güter sind Leben, Gesundheit, körperliche Unversehrtheit, Freiheit und Vermögen, nicht jedoch Ehre und ideelle staatliche Güter. Die Sexualsphäre wird überwiegend als zur Freiheit, z.T. auch als zur körperlichen Unversehrtheit gehörig einbezogen. Ein Angriff ist eine von einem Menschen herbeigeführte oder von ihm drohende Verletzungsgefahr. Im Notstand und nicht in Notwehr kann auch handeln, wer einem Angriff eines Menschen durch Abwehrhandlungen gegen einen anderen begegnet.
Der Angriff eines Menschen muss zwar rechtswidrig, aber nicht schuldhaft sein. Auch Angriffen von Strafunmündigen und Zurechnungsunfähigen (Volltrunkenen) darf man Notwehr entgegensetzen.
Der Angriff muss rechtswidrig, aber nicht unbedingt strafgesetzwidrig sein. Auch gegen Gebrauchsdiebstähle und fahrlässige Sachbeschädigungen kann man sich zur Wehr setzen. Der Angriff ist auch noch gegeben, wenn der Angriff bereits formell vollendet ist; so ist Notwehr gegen einen Dieb, der die Sache an sich genommen hat, so lange zulässig, bis der Dieb seine Beute in Sicherheit gebracht hat. Gegenüber einem, in jeder Hinsicht abgeschlossenen Angriff ist Notwehr nicht mehr zulässig. Ein Angriff kann schon dann drohen, wenn das im Angriff gelegene Delikt noch nicht versucht ist, sich also noch im Vorbereitungsstadium befindet. Freilich muss in der Situation bereits eine unmittelbare Drohung liegen. Vorbeugende Notwehr (Präventivnotwehr) ist nur zulässig, wenn, vielleicht nicht erkennbar, doch schon ein Angriff unmittelbar gedroht hat. Sie kann aber auch ihrerseits ein rechtswidriger Angriff sein, gegen den sich der Angegriffene zur Wehr setzen darf. "Initiative (offensive, aggressive) Notwehr" müsse das allein geeignete, letzte Mittel bilden, dem Angriff zuvorzukommen, und maßhaltend geübt werden. Zumindest die zweite Bedingung gilt für jede Notwehr.
Notwehr ist notwendige Gegenwehr (unvermeidbar), die Notwendigkeit ist nach objektiven Gesichtspunkten und aus der dem Angegriffenen möglichen Perspektiven zu beurteilen. Verteidigungsabsicht bzw. Verteidigungswille ist bei objektiv gegebener Notwehrlage nicht erforderlich. Auch das Ausmaß der Abwehr muss "notwendig" sein, d.h. der Täter darf sich nur des gelindeste zur Abwehr tauglichen Mittels bedienen und muß dieses auf die schonendste Weise einsetzen. Gerade diese Forderungen dürfen aber nicht überspitzt ausgelegt werden. So ist nach JBI 1981, 444 mit Glosse von Burgstaller, die Forderung lebensfremd, dass der Angegriffene ein an sich zulässiges Abwehrmittel unter detaillierter Berücksichtigung aller denkbaren Folgen graduell abgestuft einsetzt. Grundsätzlich bestimmt sich das zulässige Maß der Abwehr an Art, Wucht und Intensität des Angriffs, es ist auch die körperliche Unterlegenheit des Angegriffenen und die gewaltsame Veranlagung des Angreifers zu berücksichtigen. Es ist aber auch Notwehr eines Bewaffneten gegen einen Unbewaffneten und die eines besser gegen einen schlechter Bewaffneten (Schußwaffe gegen Schlagring) nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Notwehr ist nicht gerechtfertigt, wenn der Angegriffene zumutbarerweise ausweichen kann. Es gibt Fälle, in denen der Angegriffene den Angriff selbst veranlaßt ("provoziert") hat. Geschieht das um der Abwehr willen ("Absichtsprovokation"), so kann von Notwehr nicht die Rede sein. Diese Provokation kann gegebenenfalls selbst ein rechtswidriger Angriff sein, gegen den Notwehr zulässig ist. Wer sonst schuldhaft einen Angriff gegen sich provoziert, ist nach der zuletzt angeführten Erklärung zum Ausweichen vor dem Angriff verpflichtet; als "letztes Mittel" steht ihm aber doch Notwehr zu. Bei aktiver Beteiligung an einem Raufhandel besteht in der Regel kein Notwehrrecht, es sei denn, bei Eskalation durch inadäquate Waffen des Gegners oder bei bereits eingetretener Wehrlosigkeit des Täters.
IV.
Anders als beim entschuldigenden Notstand wird bei der Notwehr ein bestimmtes Verhältnis (Proportionalität) zwischen dem Wert des angegriffenen und des verteidigten Rechtsgutes nicht verlangt. Andererseits wird vom Gesetz eine "Totschlägermoral" (sog. Trutz - oder Unfugabwehr) nicht geduldet, die einen unbedeutenden Angriff auch dann abwehrt, wenn zur Abwehr ein sehr schwerwiegender Gegenangriff nötig ist. Eine Abwehrtat ist dann nicht gerechtfertigt, wenn es offensichtlich, d.h. für jedermann leicht erkennbar ist, dass das angegriffene Rechtsgut nur einen geringen Wert hat und die Verteidigung, insbesondere wegen der unvermeidbaren schweren Beeinträchtigung des Angreifers, offensichtlich unangemessen ist.
Gegen unbedeutende Angriffe kann man sich also nur mit "proportionalen" Mitteln zur Wehr setzen, d.s. solche, die über die Bedeutung des Angriffes höchstens unwesentlich hinausgehen und keine ernsthafte Beeinträchtigung des Gegners erwarten lassen. Mit dem Merkmal der Offensichtlichkeit trägt allerdings der Angreifer das Risiko, dass sein an sich unbedeutender Angriff vom Angegriffenen nicht als solcher erkannt wurde und auch nicht erkannt werden mußte.
Notwehrüberschreitung (Notwehrexzeß) liegt vor, wenn sich der Täter (der Angegriffene wird zum Täter) einer Verteidigung bedient, die nicht "notwendig" oder die "unangemessen" ist. Bei der Notwehrüberschreitung kommt der psychischen Beschaffenheit des Täters besondere Bedeutung zu. Notwehrüberschreitung aus sthenischen Affekten (z.B. Zorn) macht voll haftbar, Notwehrexzesse aus einem asthenischen Affekt (z.B. Bestürzung, Furcht oder Schrecken) machen strafbar, wenn die Überschreitung auf Fahrlässigkeit beruht, d.h. der Täter nach seiner geistigen und körperlichen Beschaffenheit einzusehen vermochte, dass er die Grenzen der Notwehr überschreite, ihm nach dieser Einsicht zu handeln zumutbar war und die fahrlässige Handlung mit Strafe bedroht ist. Putativnotwehr (bei irrtümlicher Annahme einer Notwehrlage) schließt die Zurechnung zum Vorsatz (nicht auch unter allen Umständen zur Fahrlässigkeit) aus: Bei Prüfung der Frage, ob eine schuldhafte Überschreitung der Putativnotwehr vorliegt, muß von jener Lage ausgegangen werden, die vom Täter irrtümlich angenommen wurde, und es ist zu prüfen, ob dem Notwehr Übenden die unrichtige Einschätzung der Situation vorgeworfen werden kann.