Für den Fall, dass sich jemand für die heutzutage fast schon als Exot geltende Heckler & Koch USP interessieren sollte, hier mein Erfahrungsbericht und einige vielleicht nützliche Infos. Dies wird ein eher trockenes Review und soll in erster Linie jenen eine Stütze sein, welche über die Anschaffung dieser Pistole nachdenken.
(Ergänzungen und teilweise Korrektur in Post #35)
Allgemeines:
Die USP ist als besonders robust und verlässlich bekannt, sowie hochgradig anpassbar. Genau das waren auch die Gründe, weshalb ich mich nach langwieriger Recherche für diese Pistole entschieden habe. Sie wurde für das Kaliber .40 S&W entwickelt. Abkömmlinge sind die Modelle in .45 ACP und 9mm. Die USP in .45 ACP ist ingesamt geringfügig größer ausgefallen als die technisch identen Modelle in .40 S&W und 9mm. Ich habe mich für die USP in 9mm entschieden. Da die USP also für .40 S&W gebaut wurde und mit 9mm betrieben wird, ist sie für dieses Kaliber überdimensioniert und die Abnutzung ist dadurch geringfügiger als sie eigentlich sein „sollte“. Die USP ist auch die einzig mir bekannte Pistole, deren Betriebsanleitung dezidiert beschreibt, dass auch 9mm +P Munition verträglich ist. Sie verfügt über einen Polygonlauf (kaltgehämmert), darum sollten reine Bleigeschosse weitgehend vermieden werden. USP steht für Universale- Selbstlade- Pistole. Das „Universale“ ist einigen möglichen Modifikationen geschuldet, s.u.
Verarbeitung:
Heckler & Koch- typisch sind die Spaltmaße gering gehalten, nichts klappert, nichts wackelt.
Die Schlittenführung besteht aus nur insgesamt vier kleinen Metallauflagen (zwei mittig und zwei hanz hinten), dies minimiert die Reibung am Rahmen. Die Lauflänge beträgt 4,25 Zoll, das Magazin sitzt mit nur minimalem Spiel fest im Griff. Der Gesamteindruck ist grundsolide.
Abzugsvarianten:
DAO:
Kontinuierlich schwerer Abzug (ca. 12 lbs), die Pistole ist auch bei Folgeschüssen gänzlich entspannt, der Hammer liegt vorne.
DA – SA:
Erster Schuss ca. 12 lbs, alle Folgeschüsse <5 lbs. Die DA ist anfangs stockend, nach ein paar hundert Schuss wird sie geschmeidiger, ist aber dennoch weit davon entfernt um dem Präzisionsschiessen dienlich zu sein. Die SA weist einen deutlichen Druckpunkt und einen relativ kurzen Reset auf, ein für mich sehr gutes Abzugsverhalten.
LEM:
Technisch gesehen im Grunde ein DAO- Abzug und nicht wie so oft beschrieben SAO. Die Hammerfeder ist intern ein Stück vorgespannt, demnach ist das gefühlte Abzugsverhalten vergleichbar mit einer Striker- Pistole. Der Hammer liegt, da sich die Pistole grundsätzlich in enstpanntem Zustand befindet, stets vorne, aufgefagen am Sicherungsstift, er kann also auch nicht mit Gewalt weiter nach vorne auf den Schlagbolzen gedrückt werden. Der Hammer muss den gesamten Weg hinweg bewegt werden, lediglich der Widerstand ist bis zum Druckpunkt geringer. Vom Sicherheitsaspekt her ist dieses System somit mit einem DAO- Abzug vegleichbar. Die Abzugsgewichte sind in 4 Stufen wählbar (zwischen ca. 4 und ca. 8 lbs) und werden durch unterschiedliche Kombinationen des gelieferten L(aw)E(nforcement)M(odification)- Kits mit den Werksfedern variiert. Die LEM ist bei der USP und USP Compact geschmeidig und weist einen deutlichen Druckpunkt mit kurzem Reset auf. Mithilfe der Kombinationsmöglichkeiten mit dem Matchabzug wird diese Qualität noch gesteigert.
Matchabzug:
Leichter und geschmeidiger als der normale Abzug. Das Abzugsgewicht der DA liegt bei ca. 10 lbs, der SA bei ca. 4 lbs. Am Abzugshebel befindet sich eine Einstellschraube mit deren Hilfe man den weiteren Abzugsweg nach erfolgtem Schuss reduzieren kann.
Der Matchabzug kann auch mit dem LEM- Kit kombiniert werden.
Ergonomie:
Externe Sicherung & Entspannhebel:
Die Daumensicherung ist nur als solche, sowie nur als Enstpannhebel oder als Komibination von Sicherung und Enstpannhebel verfügbar. Sie kann links, rechts, beidseitig angebracht oder ganz weggelassen werden. Die Pistole kann also entspannt und ggf. gesichert oder „cocked & locked“ (analog zur 1911er Plattform) bereitsgehalten werden. Der Hebel ist bei allen Abzugsvarianten verfügbar, bei DAO und LEM nur als reine Sicherung, da es außer der teilgespannten Hammerfeder nichts zu entspannen gibt.
Schlittenfanghebel:
Der Schlittenfanghebel ist nur linksseitig vorhanden und kann nicht rechts oder beidseitig angebracht werden. Für mich ist er schwer erreichbar, zudem ist der Sicherungs- und Entspannhebel für die Nutzung des Schlittenfanghebels mMn ungünstig platziert. Das „Problem“ der P30, nämlich ein für viele Nutzer überdimensionierter Hebel bei dem mit dem Daumen versehentlich Kontakt besteht und der Schlitten beim letzten Schuss nicht hinten bleibt, konnte ich bei der USP demnach nicht provozieren. Im Gegensatz zu vielen Polymerpistolen jedoch schnellt der Schlitten nicht nach vorne, nur indem man ein voll geladenens Magazin mit Wucht einlegt. Das funktioniert auch nicht, wenn sich eine weitere Patrone im Lauf befindet. Ich muss entweder umgreifen (wie beim Magazinwechsel einer Pistole mit „normalem“ Magazinauslöseknopf) oder den Schlitten mit der zweiten Hand repetieren.
Magazinauslösehebel:
Der Magazinauslösehebel ist ab werk beidseitig installiert. Mit ein wenig Übung kann das Magazin ausgeworfen werden, ohne den Griff zu verändern. Das sehe ich persönlich als großes Plus an. Im Gegensatz zu vielen Internetberichten gibt es keinen alternativen, vergrößerten Hebel wie an der P30 oder HK45. Der Hebel der HK45 Compact kann allerdings mit geringfügigen Modifiaktionen auch an der USP Platz finden. Jedoch ist er nicht dafür gedacht und demnach liest man tatsächlich immer wieder von selbstauslösenden Magazinen. Der Magazinauslöser der USP ist klein geraten, es wurde bei der Entwicklung der USP auch an Handschuhträger gedacht, leider wurde genau das beim Magazinauslöser anscheinend wieder vergessen. Ich schaffe es schon, jedoch schwieriger sobald die Handsschuhe über einfache Schnittschutzhandschuhe hinausgehen.
Griff:
Der Griff der USP wird subjektiv oftmals als unangenehm groß empfunden. Dies ist allerdings ein Trugschluss, er ist nicht allzu groß, er ist „nur“ unergonomisch geformt. Das Anfassgefühl gleicht dem eines Holzklotzes. Mir hat ein einfacher Hogue- Grip Abhilfe verschafft. Jetzt ist der Griff zwar größer und gerade noch geeignet für meine bestenfalls mittelgrossen Hände, aber die Pistole liegt sicher, fest und angenehm in meiner Hand.
Montageschiene:
Die Schiene kommt aus einer Zeit, in der es nicht Standard war, Picantinny- Schienen auf den Pistolen zu verbauen. Sie ist mWn nur kompatibel mit einem extra hierfür gefertigtem Licht und Laser. Die üblichen Verdächtigen wie Stramlight, Surefire, etc passen ohne Adapterschiene nicht dran, auch wenn man Erfahrungsberichte zu lesen bekommt, welche etwas anderes aussagen. Es gibt einzelne Ausnahmen, diese sind jedoch „Glückstreffern“ bei den Fertigungstoleranzen geschuldet, auf welcher Seite auch immer.
Visierung:
Klassiche Dreipunktvisierung, kann nichts besser oder schlechter als jede andere.
Bei meiner USP war allerdings ein 7,2mm Korn verbaut, das führte zum Tiefschuss. Laut Recherche sollte ein 6,8mm Korn verbaut sein, dann schiesst sie Fleck. Leider sieht man das erst, wenn man ein anderes Korn installiert.
Schussverhalten:
Ich kann nur wenige andere Pistolen zum Vergleich heranziehen: 3x Glock 19 (Gen2, 3 und 4), 1x Beretta 92, 2x FN Highpower, 2x 1911er (einer in 9mm). Die USP schiesst sich auffällig weich, weicher als alle anderen. Geschuldet ist dies u.a. der massiven und doppelten Rüchstoßfeder. Diese sorgt auch für ein aktives Vorschieben des Schlittens und minimiert Zuführungsstörungen.
Ich habe die USP bisher mit folgenden Minitionssorten geschossen:
- Geco 124gr, 150gr, 154gr
- S&B 124gr, 150gr
- Magtech (irgendeine VM) 124gr
- Federal Guard Dog 105gr
- Federal HST 147gr
- Fiocci (wieder irgendeine VM) 124gr
- irgenwelche selbstgestopfte und ultraleichte HP Murmlen
Besonders die S&B 150gr scheinen sehr leicht geladen zu sein, diese Munition hat den spürbar geringsten Rückstoss und kaum Hochschlag. Auch damit keine Störung, bis auf eine „Kopfhülse“ (ein einziges mal kam es vor, dass mir eine Hülse an den Kopf flog anstatt nahezu im 90° Winkel zur Seite). Insgesamt habe ich grob geschätzt etwa 2.500 fehlerfreie Schuss durch. Ich habe auch versucht einen Fehler zu erzwingen indem ich einhändig und die Waffe schräg haltend Schüsse abgegeben hatte. Ohne „Erfolg“, die USP schoss immer.
Die Wermutstropfen mit der USP sind für mich folgende:
- Zubehör: Beschaffbar, aber es dauert und kostet.
- Montageschiene: Nicht mal ein Lichtmodul kann ohne weiteren Aufwand dran.
- Griff: Mit dem Hogue- Grip für mich ein Genuss, ohne Hogue hat er eine unangenheme und sehr aggressive Textur (Abschürfungen und Abdrücke Juchei)
- Magazine: Sehen aus und fühlen sich an wie billige Plastikteile, kosten mindestens das doppelte wie Glockmagazine, eher das dreifache. 2 Magazine machten aber für etwa 2.000 was sie sollten, danach kamen zwei Brüder dazu und alle Magazine befinden sich im städnigen Wechsel.
- Schlittenfanghebel: Ausser Reichweite ohne Umzugreifen
Glücksmomente beschert sie mir weil:
- Sehr sanft im Schussverhalten.
- Äusserst robust und sehr verlässlich.
- Modular in jeder bedienelementarischen Beziehung.
- Magazinauswurf ohne Umgreifen, dadurch sehr schnell.
- Angenehmer Griffwinkel, wie 1911er
- Abzug bei SA, bei DA übe ich noch fleissig. Vielleicht kommt für mich auch eine LEM in Frage. Kann jederzeit wieder zurückgebaut werden.
Zusammengefasst ist die USP eine verlässliche, robuste, akkurate, sichere und modulare Pistole mit exzellenter Reputation, abseits der hiesigen Glock- und CZ- Monotonie.
Werksseitig ist sie sicher keine Pistole für das Präzissionsschiessen, sie kann aber dazu getuned werden (Matchabzug und Visierung), eigene Versionen dafür gibt es auch (Elite und Expert).
Die USP ist eine Gebrauchspistole, auch wenn die diesbezügliche Perversion einen Matchabzug installieren zu können vielen Sportschützen entgegenkommt. Oft bemängelt wird die hohe Laufachse und die USP als Schaukelpferd dargestellt. Nun ja, diese Bemängelung kommt in erster Linie von Striker- Pistolenschützen. In meiner Hand schaukelt sie nicht mehr als eine Glock19, zumindest nicht merklich. Wer Sig Sauer, Beretta oder andere hochwertige Pistolen mit Hammer „beherrscht“, hat mit einer USP auch keine Probleme. Bei diesem Thema spielt wahrscheinlich die Blindheit für ein System mehr mit hinein, als die Tatsache, dass eine höhere Laufachse zwar den Hochschlag erhöhen kann, dann sollte man aber so fair sein und auch bedenken, dass sich die USP allgemein so sanft schiesst, dass dies womöglich wieder negiert wird. Diskussionen dieser Art spiegeln immer nur die persönlichen Präferenzen wieder. Wer sie nicht schiessen kann, hat sie auch nicht verdient

Die USP ist definitiv eine Pistole mit Bad- Ass- Charakter, die richtig Spaß macht und - wenn sie hält, was sie verspricht und wofür sie berühmt wurde – der Panzer unter den Knarren. Getoppt wird dies nur noch durch die MK23, die übrigens Fat Mama der USP ist.
Bei Fragen einfach... fragen.
Hier noch zwei Bilder meines treuen Schätzchens, bis auf die Visierung und den Hogue- Grip wurde (noch) nichts gemacht.

