Zur von HS911 aufgeworfenen Frage der "Machbarkeit": Rein funktionale Betrachtungen sind selten fruchtbringend. Ehe man meist vordergründige Debatten über Umsetzungen und mögliche Ergebnisse führt, sollte man sich einmal gründlich mit den angestrebten
Zielen befassen. Wichtig dabei ist es, die Natur des Menschen (die sich prinzipiell in keiner Weise von der anderer Beutegreifer unterscheidet) nicht aus dem Blick zu lassen.
Unter der einzigen
apriorisch getroffenen Voraussetzung, daß menschliches Leben per se "gut" ist und daher Bewahrung verdient (radikale Ökofaschisten sind da durchaus anderer Ansicht), läßt sich ableiten, daß alle zur Erhaltung des Lebens erforderlichen und zweckmäßigen Handlungen "gut" sind und damit
rechtmäßig erfolgen. Es ist daher klar, dass jeder Mensch ein (nennen Sie es „göttliches“ oder „natürliches“) Recht hat, für seinen Unterhalt zu sorgen, solange er dabei nicht die Rechte Dritter verletzt. „Goldene Regel“:
Was du nicht willst dass man dir tu´, das füg auch keinem anderen zu!Ich denke, dass es nicht möglich ist, gegen das bisher gesagte logisch haltbare Einwände vorzubringen.
Wenn ein Mensch, um zu überleben, Nahrung braucht und außer Streit steht, dass er ein Recht zu leben hat, ist auch unbestreitbar, dass er Eigentum an den von ihm geschaffenen Früchten seiner Arbeit erwirbt. Im „Naturzustand“ einer menschenleeren Wildnis etwa durch Urbarmachung von Land und Bebauung eines Ackers. In einer entwickelten, arbeitsteilig organisierten Gesellschaft dagegen durch Kauf, Tausch, Produktion oder Schenkung. Ist der Eigentumserwerb auf rechtmäßige Weise erfolgt, ist kein Fall denkbar, der eine Enteignung gegen den Widerstand des rechtmäßigen Erwerbers rechtfertigt.
Nicht umsonst lautet eine in faktisch allen Gesellschaften anerkannte Grundregel (das hat noch lange nichts mit formalen Gesetzen zu tun) neben
„du sollst nicht morden“ auch
„du sollst nicht stehlen“. Das ist insofern auch absolut logisch, als in archaischen Zeiten der Diebstahl von Nahrung oder Bekleidung schlicht zum Tod des bestohlenen führte, weil eine kurzfristige Beschaffung von Ersatz unmöglich und Reserve vielfach keine vorhanden war.
Kurzum: Ohne zweifelsfrei außer Streit gestelltes
Privateigentum ist das Recht auf Leben (in Freiheit) nicht zu gewährleisten. Daher reiten „Radikalliberale“ auch so hartnäckig auf diesem Punkt herum und lehnen hier jeden Kompromiß ab.
Um die Sache abzukürzen: Es ist klar, dass es stets Menschen geben wird, die sich an fundamentale Regeln des sozialen Lebens (von den in ihrer weit überwiegenden Mehrzahl völllig unsinnigen Gesetzen ganz zu schweigen)
nicht halten werden. Der Umgang mit Asozialen ist eine zwar wichtige, aber eine von den oben dargestellten Grundsatzüberlegungen verschiedene und daher getrennt zu behandelnde Angelegenheit.
Es wird auch von „Radikalliberalen“ nicht bestritten, dass es Aufgaben gibt, die ohne kollektive Maßnahmen nicht zu bewältigen sind (etwa die Gewährleistung der Sicherheit der Gemeinschaft nach außen und innen). Die Form der Organisation und Finanzierung dieser Gemeinschaftsmaßnahmen jedoch erfordert eine andere Diskussion als jene über das Recht auf Privateigentum und Selbstbestimmung.
Es ist also keineswegs, wie von HS911 unterstellt, eine
Spinnerei von weltfremden Elfenbeinturmbewohnern, wenn die strikt auf die Einhaltung und Verteidigung von Grundrechten bestehen (z.B. auf den Besitz und das Tragen von Waffen). Vielmehr zeigt sich an den krisenhaften Verwerfungen der Gegenwart in geradezu lehrbuchhafter Weise, was die Missachtung dieser Grundrechte (der größte Teil davon in bester Absicht von durchaus wohlmeinenden Individuen umgesetzt!) am Ende bewirkt: Dekadenz (stärkster Indikator: Kinder werden nur noch von Sozialschmarotzern „produziert“, die auf Kosten der Leistungseliten durchgefüttert werden, die meinen, sich selbst keine Kinder mehr leisten zu können) und ein Niedergang der allgemeinen Moral, wie er als historisch
beispiellos bezeichnet werden darf (faktisch findet sich an den politischen Spitzen wohlfahrtsstaatlicher Gesellschaften nur noch der allerletzte Abschaum).
Daher richte ich am Ende – ausnahmsweise ganz
pragmatisch – an die Apologeten eines sozialistischen Gemeinwesens die Frage: Wie stellen Sie sich die Zukunft eines Kollektivs aus hoffnungslos verschuldeten, rapid vergreisenden Leistungsverweigerern vor – im Wettbewerb mit aufstrebenden und kulturell zumindest ebenbürtigen Gesellschaften in Fernost…?
P.S. Neben der liberalen Denkschule ist auch folgende Überlegung – die durch den Wohlfahrtsstaat auf den Kopf gestellt wird – nicht uninteressant:
http://de.wikipedia.org/wiki/Survival_of_the_Fittest Lesenwerter Autor dazu:
http://en.wikipedia.org/wiki/Herbert_Spencer - namentlich „The Man versus the State“
Gruß,
Armin