Auch der McMonkey ist aus Fleisch und Blut und ähnelt bereits im Ansatz einem menschlichen Wesen, statt einer Maschine. Die ach so große Erfahrung ist nichts wert ohne Disziplin. Es gibt ja kaum mehr Schussbilder (von mir) die einen überraschenden Charakter besitzen oder mir die Tränen aus den Augen drücken. Heute war es dann doch so weit. Die Überraschung perfekt und meine sentimentale Seite atemberaubend.
Vor weg, selbstverständlich muss man meinen Angaben und Schussbildern Glauben schenken, sonst macht eine Herzensangelegenheit - die Weitergabe von Wissen - keinen Sinn. Zumindest für den Betrachter/Leser. Ich glaube mir und an mich und die „ganz wenigen“ die den McMonkey kennen tun dies im gleichen Maße. Nehme ich jetzt mal an.
Zur Sache:
Ich hatte heute Zeit zwischen zwei Terminen und die wollte ich für einen Kurzauftritt am Schießstand nutzen. Die Sig Sauer P210 Super Target (9mm) hat das Los gezogen. Sie hatte seit einigen Monaten nicht meine Aufmerksamkeit. Covid, viel Arbeit, Langwaffenprojekt etc.
Die Anzahl der abgegebenen Schüsse in den letzten beiden Jahren sind unter 300.
Mit 30Patronen war ich am Start. Fünfer Serien - 10Schuss pro Scheibe - Beobachtung jedes Treffers. Zeitfaktor max. eine Stunde. Erwartung … das geht schon.
Distanz 20m
Duell/Wende Scheibe
Erster Akt
Ein passabler Anfang mit einer Zehner Dublette auf 12Uhr hoch. Naja irgendwie passt das fast, aber es läuft unrund. Statt konzentriert meinen Ablauf abzuspulen, kommen mir Gedanken. Hab ich die Kimmenhöhe vom letzten mal wieder zurückgestellt? Da läuft der 3. Schuss Amok. Ein 9er hoch auf 2Uhr. Dieser Neuner war der Startschuss meines Leidens über die nächsten 22 Schüsse. Zwischen den restlichen Schüssen ein kleiner Hoffnungsschimmer der 10er in der Mouche. Keine Chance die Schüsse vor Beobachtung ansagen zu können. Abzug, Atmung etc. alles war mir zum Zeitpunkt der Schussabgabe zu viel. Die Beobachtung der Treffer in Natura war gelinde gesagt ernüchternd.
Zweiter Akt
Jetzt reiss ich mich zusammen. Ahh… ich hab vergessen ein Parkpickerl auszufüllen. Handy funktioniert nicht im Keller … Bum. Das hatte ich schon mal. Ich starte mit einem hohen 10er auf 12Uhr. Pass auf deine Atmung auf, denk ich mir. Eigentlich soll man beim Schiessen nicht denken. Keine Ahnung wo ich den zweiten abgegeben Schuss ansagen soll. Das Spektiv zeigt mir das was Sache ist. Ein 9er hoch auf 2Uhr.
„Geh schei… Was soll das jetzt.“
Ich kontrolliere das Kimmenblatt, Iris-Blende wird neu justiert. Probeanschlag .. Kopfhaltung. Ich hab den Lauf gereinigt, kommt mir in den Sinn. Das macht aber nicht so ein Schussbild. So hantelte ich mich von Treffer zu Treffer ohne je eine perfekte Linie finden. Die Doublette in der Mouche machte im Ganzen gesehen keinen nennenswerten Erfolg. Dem genauen Betrachter fällt die frappierende Ähnlichkeit des Schussbildes zur Scheibe 1 auf. Gleicher Anfang etwas engerer Streukreis, aber im Grunde der selbe Schaß. Kurz um, das Denken zwischen und während den Schüssen hörte nicht auf. Sichtlich - aus meiner Perspektive - schwer geschockt ab zum Scheibenwechsel.
Der letzte Akt
Statt meine Fehler „genauer unter die Lupe zu nehmen“ versuchte ich alle externen Möglichkeiten auszuschöpfen um die Schussbilder für „erklärfähig“ zu machen. Wir kennen das, alles ist Schuld und der Lauf hat sicher auch was. Aus dem Akt der Verzweiflung, beginne ich mir mein Schützengrab auszuheben. Keine Chance die Treffer 1-2-3 und 4 anzusagen. In Punkto Schießen bin ich ja sehr leidensfähig, aber das ging mir schon echt „ans Leder“. Ich seh die Scheibe zu scharf, Korrektur an der Iris-Blende. Ausblenden ist angesagt - dem Kopfkino trotzen. Ablauf, Timing und Schussabgabe Nr. 25. Es war wie eine Erleuchtung.
„Jo der kommt nicht ganz und wird einen Ticken zu weit rechts sein.
Der Blick durch das Spektiv ließ mich hoffen. Auf was? Der Tag ist eh schon gelaufen.
Der Vorhang fällt
Ich füttere das Magazin mit den letzten 5Patronen und setze mich erstmal.
„Du Oars…was machst du da“
Ich rede sehr oft und energisch mit mir. Ein paar Atmenübungen und der Versuch mein bisserl Gehirnpotential auf Gleiche Ebene bringen. Ich schließe Freundschaft mit mir, entschuldige mich und nehme die positive Welle mit zum Start für die letzte 5er Serie. Ein aller letztes Aufbäumen
„Lass das Auge auf dem g´sch….. Korn“
Hochkonzentriert, starte ich mit einem hohen 10er in der Mouche, setze eine Dublette mittig und wandere gefühlvoll nach rechts ab. Ein Kraftakt. Die Beobachtung der letzten 5Schuss war nur noch eine „bildliche Kontrolle“ meiner Ansage hierzu.
Was hier passiert ist betrifft jeden Schützen. Wenn nicht im gleichen Ausmaß, aber es passiert. Die Schussbilder und das Geschriebene zeigen sehr schön auf, dass einer unserer „größter Feinde“ das Denken ist. Diese Gehirnakrobatik vor, während und nach der Schussabgabe hemmt alle anderen perfekt angelernten Automatismen, bis diese gänzlich zum „Erliegen“ kommen. Ja klar kann man sagen „es war nicht mein Tag“. Nicht an jedem Tag ist man zu seiner Höchstleistung fähig. Er muss aber nicht in einem Desaster enden. Wer weiter kommen will, muss sich zwangsläufig mit der Disziplin auseinandersetzen.
Wenn man sich reinhängt und sich anstrengt, dann kann man auch aus so einem Tag einen Erfolg machen. Treffen ist nun mal Arbeit. Grund genug für mich, 2023 viel öfter wieder zur Arbeit zu gehen. Nicht, dass noch einer „faule Sau“ zu mir sagt.