aeris hat geschrieben: ↑Mi 1. Nov 2023, 09:38
Guten Tag,
ich wünschte, es wäre ein erfreulicher Anlaß gewesen, mich hier bei eurem Forum anzumelden. Ich lese ja schon viele Monate begeistert bei euren Diskussionen mit. Nun ist allerdings der Umstand eingetreten, wo ich nach einer aktiven Unterstützung suche.
Ich habe im Dezember 2022 meine erste WBK bekommen. In der Zwischenzeit bin ich ein leidenschaftlicher Schütze geworden und fahre jede Woche auf den Schiessstand. Mit meinen zwei wundervollen SAA Revolvern bin ich mehr als zufrieden. Da ich mich aber sehr für die amerikanische Geschichte im 18 und 19ten JHD interessiere erfüllte ich mir noch den Wunsch, einen Derringer zu besitzen. So - diesen habe ich bei meinem Schiessstand mit zusammenhängenden Waffengeschäft als Depot-Waffe dort deponiert und verwende diesen auch nur dort am Schiessstand.
Vorige Woche komme ich wieder einmal dort hin und der Händler sagt mir, ich muss mir sofort die Depotwaffe zurücknehmen. Die BH sei ihm dicht auf den Fersen und es müssen alle Depotwaffe weg.
Ohhh Gott wo soll ich nun die Waffe hingeben ??
Ich habe daraufhin den Verband kontaktiert und da wurde mir folgende E-Mail-Antwort gegeben:
Grundsätzlich könnte man das Depot aufrecht halten wenn man auch das Eigentum an der jeweiligen Waffe mit überträgt. Es gibt dazu in den folgenden Verband einen Artikel von RA R. Sie können gerne auch mit ihm Kontakt aufnehmen unter xx/xxx 83 70.
Mfg
H. W./Verband
Was ist da los in Österreich ??
das wird wohl mehrere monate dauern bis das geklaert ist
ein mitarbeiter des BMI hat ein hoechstgerichtsurteil aus 1989 (?) bei dem es um das verschleiern eines illegalen waffenbesitzes ging, und ein urteil aus 2006, bei dem es um einen waffenbesitz trotz waffenverbot ging so interpretiert, dass JEDER ZIVILRECHTLICHE ANSPRUCH der im zusammenhang mit dem verwahren einer waffe bei einem dritten besteht dazu fuehrt dass ein platz auf der WBK erforderlich ist. das wuerde bedeuten dass waffen grundsaetzlich nicht mehr an dritte ueberlassen werden duerfen.
in der praxis muessten bei folgende vorgaengen die platze auf der WBK des ueberlassers belastet werden/ bleiben:
- DEPOT
(denn es besteht ein zivilrechtliches rueckgaberecht wenn die bedingungen erfuellt werden)
- KOMMISSSIONSVERKAUF
(denn es besteht ein zivilrechtliches rueckgaberecht wenn der gewuenschte kaufpreis nicht erzielt werden kann)
- VERSTEIGERUNGEN
(denn es besteht ein zivilrechtliches rueckgaberecht wenn der mindestpreis nicht erreicht wird)
- BESTELLUNGEN
(denn es besteht eine zivilrechtliche vereinbarung auf ueberlassung sobald eine anzahlung geleistet wurde)
und andere
weiters waeren nach dieser these zum beispiel gegenseitige ueberlassungen von schusswaffen zwischen privaten nur mehr dann zulaessig, wenn beide die jeweils zusaetzliche platzanzahl frei haben, denn auch in der gegenseitigen ueberlassung ist ein zivilrechtliches rueckgaberecht der hintergrund, was nicht platzbefreiend waere
im sonstigen wuerde eine derartige rechtsauslegung
- zb die durchführung von reparaturen, gewaehrleistungsarbeiten oder tuning im ausland unmoeglich machen
(um eine ausfuhrgenehemigung zu erhalten muss die waffe im waffenbuch des antragstellers stehen. sobald sie da steht wird automatisch der platz beim kunden frei, was nicht sein darf, da es ja eine zivilrechtliche vereinbarung auf rückgabe gibt)
- anderen bestimmungen im WaffG widersprechen. der stufenrang der rechtsordnung macht es unvermeidlich, dass die "gefaehrlicheren" waffen der Kat A oder B auch dann wenn sie mehr als sechs wochen an eine andere person anders als zum kauf ueberlassen wurden DEFINITIV umgemeldet werden muessen, weil auch die "harmloseren" waffen der Kat C das per gesetz muessen.
- ebenso kollidiert die versendete BMI interpretation komplett mit dem WaffG 1996 § 6. (1)
Als Besitz von Waffen und Munition gilt auch deren Innehabung. Wenn nun der Händler die Komissions- oder Versteigerungswaffe innehabt dann ist er jetzt der Besitzer, und der Überlasser ist laut Waffengesetz §34 (6) verpflichtet, "...dies der Behörde binnen sechs Wochen zu melden...".
- es also erforderlich machen im ZWR eine moeglichkeit zu schafffen dass eine waffe auf mehrere besitzer erfasst ist, denn in vielen geschaeftsfaellen haben auch MEHRERE personen ein zivilrechtliches ueberlassungsrecht. bei allen diesen personen muesste ein platz belastet werden
auch aus sicherheitspolizeilichen erwaegungen erscheint es grotesk, dass kat B waffen in grosser zahl laut ZWR nicht mehr bei jener person gemeldet sein sollen bei der die waffen sich physikalisch befinden, sondern bei jener person zu deren gunsten es eine zivilrechtliche vereinbarung des besitzes gibt.
Die WKO und die ARGE zivile Sicherheit (wozu gibts die eigentlich?) gehen in Deckung, sind - wie immer - nicht bereit und nicht in der Lage konkrete Auskünfte an die Mitgliedsbetriebe zu geben. In einem Rundschreiben wird in kurzen Sätzen vom zusaetzlichen Erforderniss eines Kaufvertrags gesprochen.
Was in keinster Weise hilfreich ist.
Denn der Kaufvertrag wird in allen oben genannten Fällen eine
zivilrechtliche Rückgabeoption enthalten müssen, damit der
Besitzstand des Kunden gewahrt bleibt.
Im ursprünglichen Schreiben des BMI wird aber auf ein Höchstgerichtsurteil verwiesen. Der Kernsatz in dem Urteil lautet "„…Vielmehr erfordert schon die Gefahr von Umgehungsmöglichkeiten, dass
jeder Besitz im zivilrechtlichen Sinn auch als waffenrechtlicher Besitz anzusehen ist. …“
Entweder können wir uns also drauf einigen, dass diese beiden alten HG Urteile (einmal illegaler Waffenbesitz beim Versteigerungsunternehmen "versteckt", und einmal Waffenverbot umgangen) auf die heute üblichen Verträge beim gewerblichen Verwahren von Waffen schlicht nicht anwendbar sind, weil ja keine Umgehungsmoeglichkeit vorhanden ist.
Oder JEDE ART der Überlassung bei der eine Rückgabe zivilrechtlich enthalten ist darf nur ohne Entlastung des Platzbedarfs durchgeführt werden. Jede Versteigerung und jeder Komissionsverkauf würde dann nicht mehr durch die Betriebe selbst im ZWR erfasst, sondern das waeren dann jaehrlich zehntausende Verkäufe von Privat an Privat welche von den Waffenämtern ins ZWR eingetragen werden müssten.
Leider kann man nach einem Rundschreiben eines Minsteriumsmitarbeiters nicht einfach die Schulter zucken und sich seinen Teil denken und einfach weitertun.
Die Sachlage muss mit einem Feststellungsbescheid und vermutlich der danach noetigen Beschwerde gegen diesen Bescheid von einem Gericht entschieden werden.
Das wird sicher mehrere Monate dauern (falls man sich im BMI ned dazu bequemt die freie Interpretierung aus dem Erstschreiben ordentlich klar zu stellen, wonach es dzt nicht aussieht).
Tatsache ist, es gibt zwei gleichlautenden Urteile (ab drei Urteilen "gilt es", ohne wenn und aber) und dazu ein BMI Rundschreiben mit einer freien Interpretation, deren Aufnahmen in den naechsten Runderlass angekuendigt wurde.
Jeder Wirtschaftsakteur der seine sieben Sinne beinand hat wird daher derzeit Waffen zur Kommission oder zur Versteigerung nur mehr in der Form annehmen dass die Plätze beim Kunden belastet bleiben und die Überlassung an Ende von Privat an Privat an die Behörde gemeldet wird. Selbst das schlichte Einmelden durch den Händler wäre ja jetzt schon ein Verstoss.
Auch Waffen die zum Depot ueberlassen werden muessen nun beim zivilrechtlichen Nutzniesser einer Rückgabe platztechnisch belastet bleiben, und Bestellungen mit Anzahlung muessen - wenn nicht eine auf das Problem abgestimmte Richtline in die AGBs aufgenommen wird - sofort zur platztechnischen Belastung des Bestellers führen.
PS:
als depotnutzer einen kaufvertrag OHNE zivilrechtliches rueckgaberecht abzuschliessen wuerde ich - gerade in diesen zeiten - niemandem empfehlen. Mir sind aus einer Bezirkshauptstadt im suedlichen Niederosterreich Faelle bekannt bei denen Depotwaffen in die Insolvenz eines Waffenhandelsbetriebs im Fruehjahr dieses Jahres gefallen sind in dem die Besitzer grad versuchen irgendwie an Ihr Geld (den versteigerungserloes) zu kommen. Und es ist auch kein Geheimnis dass die generelle wirtschaftslage auch auf die waffenbranche durchschlägt, es werden dzt mehrere Waffenhandelsbetriebe im Umfeld von Wien zum Verkauf angeboten. Ka Mensch verkauft wenn der Laden brummt ...