Legaler Waffenbesitz: Ein Auslaufmodell?
Die Antworten der drei Regierungsparteien
Als Folge der tragischen schweren Straftat in einer Schule in Graz letzten Juni wurde seitens Politik und Medien umgehend der legale private Waffenbesitz als primär Verantwortlicher ausgemacht und wie zu erwarten als Lösung die Verschärfung des österreichischen Waffengesetzes erkannt. Aufgrund einer Wahnsinnstat, die bei rechtskonformem Vollzug der bestehenden Gesetze möglicherweise (zumindest mit einer legalen Schußwaffe) hätte verhindert werden können, will man nun jahrzehntelag bewährte Regelungen aufheben und tausende rechtschaffene Staatsbürger quasi über Nacht verantwortlich für eine Bluttat machen. Die IWÖ hat deshalb Ende Juli den Parteichefs der drei Regierungsparteien sowie dem Innenminister acht Fragen gestellt, um in dieser Causa Klarheit für die Legalwaffenbesitzer zu schaffen – wir berichteten darüber per Newsletter bzw. auf unserer Webseite
www.iwoe.at.
Die Antworten liegen nun vor, das Ergebnis ist aber – leider – genau so wie wir erwartet haben: Die ÖVP liefert ein allgemein gehaltenes Statement ab, ohne auf die gestellten Fragen einzugehen, die NEOS enthalten sich überhaupt der Stimme und verweisen auf das Innenministerium. Die SPÖ fordert deutlich verschärfte Gesetze.
Nachfolgend jetzt die erhaltenen Antworten in der Reihenfolge des Einlangens bei uns. Manche unserer Leser und Mitglieder haben sich an unserer Briefaktion beteiligt und den drei Regierungsparteien individuell ebenso die acht Fragen gestellt. Nachfolgend an die offiziell der IWÖ geschickten Beantwortungen bringen wir stellvertretend zwei Antwortmails von SPÖ und ÖVP an ein IWÖ-Mitglied (Name der Redaktion bekannt). Interessant hierbei ist vor allem die neu eingerichtete „Anti-Waffen-Webseite“ der SPÖ. Bei manchen Themen scheint der Sparkurs der Regierung nicht sehr ernst genommen zu werden….
Ihr DI Mag Andreas Rippel
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Namen von Bundesministerin Beate Meinl-Reisinger bedanke ich mich für Ihre Schreiben.
Aufgrund der laufenden Verhandlungen zur Novellierung des Waffengesetzes bitte ich um Verständnis, dass wir zu diesem Zeitpunkt keine Stellungnahme abgeben werden. Zudem ersuchen wir höflich, dass Sie Ihre Fragen betreffend die Aufarbeitung des Attentats in Graz an den zuständigen Bundesminister für Inneres richten.
Mit freundlichen Grüßen,
Hannah de Goederen
Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten
Kabinett der Bundesministerin
Hannah de Goederen, LL.B, M.A.I.S.
Referentin
(Mail 01.08.2025)
Sehr geehrter Herr RA Prof. Mag. Dipl.-Ing. Rippel,
vielen Dank für Ihre Nachricht an Vizekanzler Andreas Babler, der mich ersucht hat, Ihnen zu antworten.
Die tragischen Ereignisse des Amoklaufs in Graz haben in der Bevölkerung ein tiefes Bedürfnis nach mehr Sicherheit und Schutz geweckt. Diese schreckliche Tat zeigt eindrücklich, dass es notwendig ist, das Waffenrecht zu überdenken und anzupassen.
Wir sind der Überzeugung, dass eine Reformierung des Waffenrechts gerechtfertigt ist, um den Schutz aller Bürgerinnen und Bürger besser zu gewährleisten und künftige Tragödien zu verhindern. Dabei steht für uns im Vordergrund, verantwortungsbewussten Umgang mit Waffen sicherzustellen und Missbrauch zu erschweren.
Es ist uns wichtig zu betonen, dass diese Maßnahmen nicht darauf abzielen, legalen Waffenbesitz generell zu kriminalisieren, sondern vielmehr den berechtigten Wunsch der Bevölkerung nach Sicherheit ernst zu nehmen und umzusetzen.
Mit freundlichen Grüßen
i.A. Carolin Sieder
Bundesministerium für Wohnen,
Kunst, Kultur, Medien und Sport
Kabinett des Vizekanzlers und Bundesministers für
Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport
(Mail, 11.08.2025)
Bundesministerium für Inneres
Mag. Gerhard Karner
Bundesminister Wien, am 08. August 2025
Sehr geehrter Herr RA Prof. Mag. Dipl.-Ing. Rippel!
Vielen Dank für Ihr Schreiben und die darin aufgeworfenen Fragen, welche ich auch im Namen des Herrn Bundeskanzlers beantworten darf.
Die Bundesregierung nimmt die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger sehr ernst, insbesondere wenn es um die Balance zwischen Sicherheit und bewährten Rechtstraditionen geht.
Die nationale Tragödie von Graz hat uns als Gesellschaft erschüttert und verdeutlicht, dass wir alle Möglichkeiten prüfen müssen, um derartige Vorfälle in Zukunft zu verhindern. Dabei geht es nicht um eine Kriminalisierung legaler Waffenbesitzer, sondern um gezielte Maßnahmen, um Grenzen zu setzen und die Bevölkerung zu schützen.
Grundlage für die Novellierung des Waffengesetzes stellt der vor dem Sommer gefasste Regierungsbeschluss dar. Die darin aufgezählten Punkte werden nun Schritt für Schritt in Gesetzesform gegossen. Dazu zählen unter anderem eine deutliche Aufwertung des psychologischen Gutachtens, eine längere Abkühlphase beim Waffenersterwerb, sowie ein verbesserter Datenaustausch zwischen den einzelnen Behörden.
Der brutale Mord vom 10. Juni in Graz an zehn Menschen darf uns nicht einfach zur Tagesordnung übergehen lassen. Die Bundesregierung hat nicht nur ihre Trauer zum Ausdruck gebracht, sondern setzt auch Handlungen. Die Evaluierung bestehender Regelungen hat gezeigt, dass Anpassungen notwendig sind, um Herausforderungen – wie psychische Erkrankungen, überbordenden Datenschutz oder Radikalisierung im digitalen Raum – gerecht werden. Dabei handelt es sich um eine evidenzbasierte Weiterentwicklung, wie sie sich in allen Rechtsgebieten ergeben kann.
Die klare Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit ist, in unserem demokratischen Rechtsstaat, einer der wesentlichen Eckpfeiler der Gesetzgebung sowie auch des Handelns. Daher können Sie versichert sein, dass die geplanten Maßnahmen darauf abzielen, das Vertrauen in die Legalität des Waffenbesitzes zu stärken. Der Novellierung des Waffenrechts geht ein umfassender Prozess voraus, in welchem wir im laufenden Austausch mit Experten und wichtigen Stakeholdern zu praktikablen Lösungen kommen wollen. Sollten Ihrerseits konkrete Vorschläge vorliegen, sind Sie gerne eingeladen, diese an die Experten meines Ressorts zu übermitteln.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Karner
Sehr geehrter Herr ….!
Vielen Dank für Ihre kritische Nachricht zur Reform des Waffenrechts. Wir verstehen, dass die Thematik sehr emotional diskutiert wird.
Wir dürfen festhalten, dass die geplante Novellierung des Waffengesetzes kein Schnellschuss unter dem Druck der Medien ist. Der schreckliche Amoklauf von Graz hat den dringenden Handlungsbedarf in dieser Thematik unterstrichen, weshalb eine sorgfältige Prüfung der Materie hinsichtlich des Verbesserungsbedarfs erfolgte. Insbesondere jetzt gilt es mit Augenmaß das Richtige für Österreich zu tun. Daher setzen wir uns als Volkspartei für eine sachorientierte und vorausschauende Sicherheitspolitik ein, die uns auf langfristige Herausforderungen und Entwicklungen vorbereitet.
Es gilt dabei, den Schutz und die Freiheit des Einzelnen gleichermaßen zu gewährleisten und die Interessen aller Beteiligten im Reformprozess zu berücksichtigen. Ziel dieser Novellierung ist es, etwaigen Missbrauch zu verhindern und bestehende Sicherheitslücken zu schließen, ohne dabei die Rechte von gesetzestreuen Waffenbesitzern unverhältnismäßig einzuschränken.
Bezugnehmend auf Ihre Fragen zum Amoklauf in Graz können wir Ihnen versichern, dass die zuständigen Ermittlungsbehörden den Tathergang mit größter Sorgfalt untersucht haben. Im Zuge dessen wurden sämtliche relevante Aspekte umfassend geprüft. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden, soweit zulässig, veröffentlicht. Auf Grundlage der Erkenntnisse wurde ein Maßnahmenpaket beschlossen, das rasch Hilfe für die Betroffenen bietet. So wurden unter anderem diverse psychische Hilfsangebote, Präventionsmaßnahmen und ein Entschädigungsfonds für Hinterbliebene eingerichtet. Auch diese konkreten Schritte wurden der Öffentlichkeit transparent kommuniziert.
Abschließend gilt zu betonen, dass die derzeit in Verhandlung stehenden Maßnahmen dazu beitragen sollen, Waffengewaltakte so gut wie möglich zu verhindern und die Beschaffung von illegalen Waffen deutlich einzuschränken. Eine absolute Sicherheit kann niemals vollständig garantiert werden, dennoch sind die angedachten Maßnahmen ein wesentlicher Schritt hinsichtlich einer Prävention von zukünftigen Ergebnissen.
Wir hoffen, dass wir Klarheit in dieser Causa schaffen konnten und bedanken uns für Ihre offenen und kritischen Worte.
Mit freundlichen Grüßen
Gabriel, Team der Volkspartei
Lichtenfelsgasse 7, 1010 Wien
Lieber ….,
im Namen unseres Bundesparteivorsitzenden und Vizekanzlers Andreas Babler darf ich mich sehr herzlich bei Ihnen für Ihre Anfrage und die Kontaktaufnahme bedanken.
Der verantwortungsvolle Umgang mit Waffen erfordert eine Balance zwischen individueller Freiheit und dem Schutz aller Menschen in unserer Gesellschaft. Aus sozialdemokratischer Sicht steht fest, dass die überwältigende Mehrheit der Waffenbesitzer:innen umsichtig und gesetzestreu handelt und auch künftig ihrer Leidenschaft oder ihrem Beruf ohne unnötige Hürden nachgehen können soll. Wir müssen Risiken dort minimieren, wo sie entstehen, um zu verhindern, dass Waffen in die falschen Hände geraten. Eine Stellschraube ist das Waffenrecht, es geht aber auch weiterführend um Themen wie die Ausforschung illegaler Waffenzugänge, oder Gefährder:innenüberwachung.
Jeder und jede, der oder die gesetzestreu und verantwortungsvoll handelt, soll dies auch weiterhin tun können. Gleichzeitig trägt insbesondere die Politik die Verantwortung, Risiken so weit wie möglich zu minimieren. Strengere Regeln für den Erwerb und Besitz von Waffen sind deshalb nicht gegen unbescholtene Bürger:innen gerichtet, sondern dienen ihrem Schutz.
Wer verantwortungsvoll mit Waffen umgeht, profitiert von klaren und strengen Regeln. Sie verhindern, dass einzelne Missbrauchsfälle das Bild des legalen Waffenbesitzes beschädigen, und sie stärken das Vertrauen der Gesellschaft, dass der Zugang zu Schusswaffen in Österreich verantwortungsvoll geregelt ist. Auf diese Weise werden die Rechte gesetzestreuer Besitzer:innen langfristig gesichert, anstatt durch tragische Ereignisse insgesamt infrage gestellt zu werden.
Das Reformpaket zielt genau darauf ab, bestehende Lücken zu schließen. Die Überprüfung der Zuverlässigkeit vor dem Erwerb einer Waffe wird gründlicher und bindet relevante Informationen aus medizinischen und behördlichen Stellen ein. Waffenpsychologische Gutachten werden unabhängig durchgeführt, um eine echte und objektive Einschätzung zu gewährleisten. Altersgrenzen für bestimmte Waffenkategorien werden angehoben, die Gültigkeit von Waffenbesitzkarten wird zeitlich befristet und an strengere Verlängerungskriterien geknüpft. Eine verpflichtende Wartefrist vor dem Ersterwerb soll verhindern, dass Waffen aus einem Impuls heraus angeschafft werden. Zudem werden bei auffälligem Verhalten oder schweren Straftaten konsequente und langjährige Waffenverbote möglich und private Verkäufe dürfen künftig nur noch über registrierte Händler abgewickelt werden, um Rückverfolgbarkeit und Sicherheit zu erhöhen.
Gleichzeitig ist uns bewusst, dass Sicherheit nicht allein durch strengere Waffengesetze erreicht wird. Deshalb setzen wir auf ein umfassendes Maßnahmenpaket, das Prävention, Bildung, psychologische Unterstützung und gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkt. Schulen werden als zentrale Orte der Prävention gezielt ausgebaut: Die Zahl der Schulpsycholog:innen wird in den kommenden drei Jahren verdoppelt, die Schulsozialarbeit an allen Bundesschulen etabliert und externe Präventions- und Gesundheitsangebote ausgeweitet. Notfall- und Sicherheitskonzepte werden überarbeitet, Lehrkräfte erhalten verpflichtende Sicherheitsschulungen und bei auffälligem Verhalten von Schüler:innen werden verbindliche Fallkonferenzen mit Polizei, Jugendamt und Familie eingeführt. So stellen wir sicher, dass Probleme früh erkannt und entschärft werden, bevor sie eskalieren. Auch außerschulische Angebote spielen eine zentrale Rolle: Wir investieren in den Ausbau der offenen und verbandlichen Jugendarbeit, fördern aufsuchende Online-Jugendarbeit und sichern Beratungsstellen sowie Kinderschutz- und Gewaltpräventionsprojekte dauerhaft ab. Jugendliche in schwierigen Lebenssituationen erhalten gezielte Unterstützung über Jugendcoaching, psychische Erste-Hilfe-Schulungen für Bezugspersonen und verpflichtende Deradikalisierungs-Workshops im Rahmen von AMS-Angeboten.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Verantwortung von Medien und sozialen Plattformen. Wir wollen medienethische Standards bei der Berichterstattung stärken, die Kriterien für Medienförderungen anpassen, illegale und hetzerische Inhalte schneller entfernen und Kinder sowie Jugendliche besser im Umgang mit sozialen Medien schulen. Ziel ist es, auch im digitalen Raum Radikalisierung und Gewaltverherrlichung vorzubeugen.
Diese ergänzenden Maßnahmen zeigen, dass wir Sicherheit nicht nur durch Verbote oder Beschränkungen denken, sondern vor allem durch den Aufbau starker sozialer Strukturen und präventiver Angebote. Je besser wir es schaffen, Konflikte, Isolation und Radikalisierung frühzeitig zu verhindern, desto seltener müssen individuelle Freiheiten eingeschränkt werden. Aus sozialdemokratischer Perspektive ist dieses umfassende Reformpaket deshalb eine Investition in ein sicheres, freies und solidarisches Österreich, das die Rechte der Verantwortungsbewussten schützt und zugleich alle vor vermeidbaren Gefahren bewahrt.
Hier nochmals alle Informationen kompakt und übersichtlich:
https://www.spoe.at/waffenrecht-verschaerft/
Für genauere Statistiken und Hintergrundinformation müssen Sie sich an das Zuständige Innenministerium wenden.
Wenn wir künftig etwas für Sie tun können, Fragen, Ideen oder auch kritische Einschätzungen aufkommen, sind wir gerne für Sie erreichbar und stets bemüht, ebenso zeitnah, wie gewissenhaft auf Sie einzugehen.
Freundliche Grüße
Daniel Trinko, SPÖ Bundesgeschäftsstelle